Resilienz im Krisenkapitalismus

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Eine Rezension von Wolfgang Kastrup. Erschienen in DISS-Journal (39) 2020 Stefanie Graefe, Privatdozentin der Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, hat im letzten Jahr im Transcript Verlag ihr Buch Resilienz im Krisenkapitalismus mit dem Untertitel Wider das Lob der Anpassungsfähigkeit veröffentlicht. Beide Formulierungen verweisen auf eine kritische Analyse der ‚Resilienz‘, ein Begriff, mit dem in der wissenschaftlichen Literatur und in der Ratgeberliteratur das neue Leitbild für den anpassungsfähigen, flexiblen und krisenfesten Menschen Konjunktur gefeiert wird. Graefe interessiert sich für den Zusammenhang von „Erschöpfung als soziales Phänomen“ und „Resilienz als einigermaßen neues Leitbild“, wobei Resilienz als Begriff noch wissenschaftlich diffus sei. (11) Es wäre verkürzt, Resilienz nur als „psychologisches Modell“ allein für Subjekte zu verstehen, denn es bezieht sich auch auf „Familien, Städte, Unternehmen, Ökosysteme, Regierungen, Finanzmärkte und Technologien.“ (Ebd.) In Corona-Zeiten, als in einem…

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„Was ist Emanzipation?“

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Zur Geschichte und Aktualität eines politischen Begriffs Eine Rezension von Wolfgang Kastrup. Erschienen in DISS-Journal 38 (2019) Diese Frage stellen sich die drei Herausgeber*innen Alex Demirović, Susanne Lettow und Andrea Maihofer in der Einleitung ihres neu erschienenen Sammelbandes „Emanzipation. Zur Geschichte und Aktualität eines politischen Begriffs“ (der Band entstand im Auftrag der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung, Kassel). Neugierig habe sie gemacht, dass der Begriff Emanzipation kaum Gegenstand der Reflexion und einer vertiefenden Theoriebildung geworden sei. Eine kritische Diskussion über diesen Begriff könne sich deshalb lohnen. Der relativ kurze Beitrag von Isabell Lorey „Emanzipation und Schulden“ eignet sich als Einstieg in den Sammelband deshalb, weil die Autorin historisch-politische und etymologische Verbindungen zu dem Begriff herleitet. Sie bestimmt Emanzipation als Befreiung aus Macht- und Herrschaftsverhältnissen und als Befreiung von einem oder mehreren dominierenden Subjekten hin…

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Neoliberalismus und rechtspopulistische Ideologie am Beispiel Alice Weidels

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Von Markus Gante. Erschienen in DISS-Journal 38 (2019) Spätestens mit dem Besuch Alice Weidels in Schnellroda bei Götz Kubitschek wurde klar, dass die nunmehr eingebürgerte Trennung zwischen liberalen Restbestän- den aus Gründertagen und rechtem „Flügel“ innerhalb der AfD nicht aufrecht zu halten ist. Weidel sprach dort über das denkbar langweilig klingende Thema ‚Politik in Berlin‘. Die Rede klingt wie ein Bewerbungsgespräch und ist inhaltlich ungefähr so aufschlussreich wie ihr Buch Widerworte – Gedanken über Deutschland, aus dem sie ganze Passagen wortgleich in ihre Rede übernimmt. Sie liest ab, ist sich bewusst darüber, dass gerade an diesem Ort jedes Wort auf die Goldwaage zu legen ist, um nicht in die in ihren Schluss- worten beschworene „Radikalisierungs- falle“ zu tapsen, „aus der heraus wir die wahlentscheidende Mitte der Gesellschaft nicht mehr erreichen können.“ Die Rede…

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Hegemoniekrise und autoritäre Entsprechungen

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Erschienen in DISS-Journal 37 (2019) Der Neoliberalismus als Regulationsform des Kapitalismus befindet sich im Krisenmodus. Rechtspopulistische und nationalistische Parteien und Bewegungen fordern als Konsequenz autoritäre Antworten, nicht nur in der Flüchtlingspolitik. Die Wahlen zum Europaparlament haben gezeigt, dass ihre chauvinistischen Erklärungen der Krise bei vielen Menschen auf fruchtbaren Boden gefallen sind. Gleichzeitig ist zu sehen, dass traditionelle Volksparteien große Teile ihrer Wählerbasis verloren, sie ihre Glaubwürdigkeit bei vielen Menschen eingebüßt haben. Der rechte und nationalistische Diskurs hat in den letzten Jahren immer mehr an Stärke gewonnen und Eingang in nationale wie europäische Institutionen gefunden. Krisen werden zunehmend autoritär bearbeitet, was sich u.a. gegenüber der griechischen Syriza-Regierung und der Bevölkerung gezeigt hat. Im Kampf gegen eine zunehmende Anzahl von Flüchtlingen in Europa, im Kampf gegen einen islamistischen Terror und gegen eine Weltsituation, die zunehmend…

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Eliten gefährden Demokratie

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„Die Abgehobenen“ – ein neues Buch des Elitenforschers Michael Hartmann Eine Rezension von Wolfgang Kastrup. Erschienen in DISS-Journal 36 (2018) „Die Eliten sind in ihrer großen Mehrheit inzwischen so weit von der breiten Bevölkerung entfernt, dass sie zunehmend Schwierigkeiten haben, deren Probleme zu erkennen und die Folgen ihrer Entscheidungen für die Bevölkerung zu verstehen“: Dies ist keine Eliten­kritik, wie sie neuerdings besonders von rechten Parteien und Bewegungen erfolgt, um sich selbst als das wahre Volk darzustellen. Vielmehr analysiert hier Michael Hartmann, renommierter empirischer Soziologe und bis 2014 Professor an der Technischen Uni­versität Darmstadt, sehr genau und anhand vieler Beispiele aus Deutschland, den USA, Großbritannien und Frankreich, inwieweit die Eliten aus Wirtschaft, Politik, Justiz, Verwal­tung und Medien in ihrer großen Mehrheit immer mehr zu einer geschlossenen Gruppe werden und so die Demokratie gefährden. Der…

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Anmerkungen zur Kulturpolitik der AfD

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Von Sandra Schaffarczik. Erschienen in DISS-Journal 36 (2018) Das Grundsatzprogramm der AfD sowie die Wahlprogramme aus NRW und Sachsen beinhalten kulturpolitische Absichten, die große negative Folgen für das deutsche Bildungssystem sowie den Bereich der Kunst haben könnten. Eine Analyse der Wahl­programme soll diese Absichten offenlegen und veranschau­lichen, was uns mit der AfD erwartet. Zuerst erscheint es aber unabdingbar, Begriffe wie „Kultur“ und „deutsche Leitkultur“ knapp zu umreißen, um diesbezügliche Einstellungen besser reflektieren zu können. Was bedeutet „Kultur“? Bis zum 18. Jahrhundert wurde der Begriff der Kul­tur noch nah am lateinischen Wort „cultura“ definiert, das die Pflege des Ackerbaus bezeichnet. Erst ab dem 18. Jahrhundert bezieht sich Kultur auf die Bildung des Menschen. Diese Defini­tion weitet sich dann ab dem 19. Jahr­hundert allmählich aus: Kultur wird zur geistigen Gesinnung und bezieht sich auf das…

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Nationaler Wettbewerbsstaat auf völkischer Basis

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Das AfD-Grundsatzprogramm Von Helmut Kellershohn. Erschienen in DISS-Journal 31 (2016) Parteiprogramme sind Momentaufnahmen in der Entwicklung von Parteien. Auch im Falle der AfD könnte das neue Programm durch die weitere Entwicklung der Partei schon bald überholt sein. Die Positionskämpfe in der Partei gehen weiter, so dass das Gesicht der Partei demnächst sehr viel stärker durch den völkischen Flügel geprägt sein könnte, als das Programm mit seiner derzeitigen Kompromissstruktur anzeigt. Allerdings lässt sich das Urteil Oskar Lafontaines, die AfD sei ein Bestandteil des neoliberalen Blocks, auch schon am jetzigen Parteiprogramm nur bedingt verifizieren. Die ideologischen Elemente, die in die Richtung einer deutschnationalen und völkischen Bewegungspartei weisen, sind bereits im Programm enthalten und bräuchten nur weiter ausgebaut werden. Schon jetzt steht das Programm unter einem ‚nationalen Imperativ’, der sich wie ein roter Faden durchzieht. Er…

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Wenn das feministische Potenzial wegzubrechen droht

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Die Debatten um die Silvester-Ereignisse im Kontext von Postfeminismus Von Isolde Aigner. Erschienen im DISS-Journal 31 (2016) Die Debatten um die Silvester-Ereignisse haben nur wenig emanzipatorisches Potential freigesetzt. Eine sich daran anschließende mögliche und notwendige Auseinandersetzung mit dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung für Frauen gab es kaum. Stattdessen wurde der sich artikulierende Sexismus und die sexualisierte Gewalt rassistisch instrumentalisiert und ins „Außen“ verlagert, in dem sie vor allem Einwanderern und Geflüchteten, also den „Anderen“ zugeschrieben wurde. Die These dieses Artikels ist, dass die Debatten und ihre Auslassungen im Kontext einer von Postfeminismus geprägten Gesellschaft stattfinden. Im Folgenden soll dieser These nachgegangen werden. Dazu soll in einem ersten Schritt kurz skizziert werden, was unter Postfeminismus zu verstehen ist. Postfeminismus und die Abwicklung des Feminismus Die Soziologin Angela McRobbie legte 2010 eine Studie über die…

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Wider die Ökonomisierung des Bildungssystems

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Eine Rezension von Niels Brockmeyer. Erschienen in DISS-Journal 28 (2014) In seiner Untersuchung wendet sich Niels Spilker den drastischen Veränderungen des Bildungsbereiches der letzten Jahre zu und attestiert diesem berechtigterweise eine zunehmende Kolonialisierung durch ein ökonomisches bzw. neoliberales Denken. Insofern versteht der Autor seine Arbeit auch als eine Zeitdiagnose. Zentral für Spilkers Untersuchung, mit der er sich von anderen zeitdiagnostischen Untersuchungen zu Veränderungen des Bildungssystems ((Hier sind unter anderem eher populärwissenschaftliche Bücher zu nennen wie beispielsweise: Konrad Paul Liessmann 2006: Theorie der Unbildung: Die Irrtümer der Wissensgesellschaft und Konrad Paul Liessmann 2014: Geisterstunde. Die Praxis der Unbildung. Eine Streitschrift. (Beide erschienen im Wiener Paul Zsolnay Verlag).)) abgrenzt, ist die machttheoretische Perspektive, die die Grundlage für seine empirische Untersuchung darstellt. Hinsichtlich der machttheoretischen Fundierung der Arbeit orientiert sich Spilker dabei an Foucaults Abhandlung zum…

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„Metamorphosen des Kapitals“

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Tino Heims grundlegende Arbeit zur Weiterentwicklung kritischer Gesellschaftstheorie. Eine Rezension von Wolfgang Kastrup und Helmut Kellershohn Erschienen in DISS-Journal 27 (2014) Tino Heims Dissertation (2011, TU Dresden) erschien 2013 unter dem Titel „Metamorphosen des Kapitals. Kapitalistische Vergesellschaftung und Perspektiven einer kritischen Sozialwissenschaft nach Marx, Foucault und Bourdieu“ im Transcript-Verlag. Es handelt sich um ein Mammutwerk (674 Seiten), dessen Programm, die Theorieentwürfe dreier Klassiker in Beziehung zu setzen, um die Analyse der Veränderungsprozesse des modernen Kapitalismus zu ermöglichen, hier nur knapp angedeutet werden kann. Es handelt sich mehr um eine Empfehlung an potenzielle LeserInnen, die gewaltige Leistung Tino Heims durch die Lektüre seines Werkes sich zu Nutze zu machen. Ausgehend von einer Kritik des oberflächlichen, zumeist moralisierenden Rekurses auf den Kapitalismusbegriff im Rahmen medialer und wissenschaftlicher Verarbeitungen der jüngsten Finanzkrisen stellt sich Heim die…

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