Nachruf auf Heinrich Strunk

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Erschienen in DISS-Journal 32 (2016) Als Anfang der 1990er Jahre in Deutschland rassistische Gewaltexzesse stattfanden, bei denen Einwander_innen und Flüchtlinge verletzt und traumatisiert wurden und zu Tode kamen, haben auch wir vom DISS versucht, eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen und zu stärken, in der Rassismus keinen Platz haben sollte. Daran hat sich auch unser Freund Heinrich Strunk beteiligt, in dem er mit künstlerischen Mitteln für Humanität und Gerechtigkeit eintrat. Während seiner Zeit als DISS-Mitarbeiter von 1991 bis 1993 entstanden so ein antirassistischer (immerwährender) Kalender und eine Ausstellung antirassistischer Plakate. Seine Intention war dabei, auf humorvolle Weise andere Sichtweisen in die diskursive Auseinandersetzung zu bringen. Mit Bestürzung mussten wir erfahren, dass Heinrich Strunk am 9. Oktober 2016 verstorben ist. Wir verlieren mit ihm einen zuverlässigen Weggefährten und langjährigen Freund. Mit dem Abdruck von Teilen der…

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Eure Armut kotzt uns an

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EU-Migration und Bettelei in Schweden Von Cordelia Heß. Erschienen in DISS-Journal 32 (2016) Die schwedische nationale Identität speist sich mehrheitlich nicht aus kulturellen Faktoren, sondern aus politischen: Stolz auf Demokratie, Wohlfahrtsstaat, Gleichberechtigung, Friedenseinsätze und, nicht zuletzt, humanitäre Hilfe. Die Schließung der Grenzen im Juni 2016 und die Reduktion der Asylgesetzgebung auf den europäischen Mindeststandard hätte ein Schock sein müssen – ein großer gesellschaftlicher Aufschrei aber blieb aus. Die Schließung der Grenzen durch eine rot-grüne Minderheitsregierung beendete abrupt die stetig steigenden Umfragewerte der rechtspopulistischen Sverigedemokraterna (SD) und muss als Anpassung an deren Forderungen gesehen werden: Das Land benötige eine „Atempause“ von den Geflüchteten. In einer anderen migrationspolitischen Debatte ist jedoch in der sozialdemokratischen Argumentation die Perspektive auf die Opfer deutlich präsenter, die Resultate aber ähneln ebenfalls den Forderungen der Rechtspopulisten: den Debatten um EU-Migrant*innen,…

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„Recht auf Stadt reloaded“

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Eine Rezension von Maren Wenzel. Erschienen in DISS-Journal 31 (2016) Wie beeinflussen und verändern Menschen, die nach Europa geflohen sind, die Räume, in denen sie ankommen? Die Studie Mobile Commons, Migrant Digitalies and the Right to the City wirft einen Blick auf soziale Bewegungen, die  im Dreieck der Ankunftsstädte Athen, Nikosia und Istanbul entstanden sind. Die Studie verbindet anschaulich das geteilte Gemeinwissen zwischen den Migrant*innen mit den Möglichkeiten der digitalen Medien und schließlich mit Lefebvres Konzept von Recht auf Stadt. Feldstudien, komparative Teile und theoretische Überlegungen wechseln sich ab und legen den Finger auf Potenziale, die laut der Studie die Forderung nach einem Recht auf Stadt, auch in Zeiten der Austeritätspolitik, erneuern und bestärken könnten. Die Studie beginnt mit zwei radikalen und richtigen Absagen an die Konzepte der Staatsbürger*innenschaft und der Integration. Staatsbürger*innenschaft…

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Flucht als Deutungsmuster linker Aktivist_innen

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Von Sina Kaiser. Erschienen in DISS-Journal 31 (2016) Die Forschungsfrage der im Sommersemester 2014 fertiggestellten MA-Arbeit lautete: Wie gestalten sich objektive und subjektive Motive für politisches Engagement oder Protest im Flüchtlingsbereich von linken Aktivist_innen? Um zu verstehen, warum Menschen aktiv – also selbstverwaltet und selbstorganisiert – politisch partizipieren, bedarf es einer Verknüpfung der Soziologie und Politikwissenschaft mit der (Motivations-)Psychologie. Deutungsmuster bestimmen individuelle Motive in erheblichem Umfang. Auf dieser Grundlage wurden elf linke Aktivist_innen im Rahmen eines explorativen Forschungsdesigns interviewt. Die Datenauswertung erfolgte gemäß der Grounded Theory. Ungeachtet der angesprochenen Motive wurden verschiedene Leitgedanken zum Thema Flucht vergleichend skizziert. Grundvoraussetzung für ein Interview war zum einen, dass sie sich bezogen auf den Flüchtlingsbereich selbst als politisch aktiv beschreiben. Zum anderen war es erforderlich, dass sie sich dem linken Spektrum zuordnen und nicht an das…

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Wenn das feministische Potenzial wegzubrechen droht

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Die Debatten um die Silvester-Ereignisse im Kontext von Postfeminismus Von Isolde Aigner. Erschienen im DISS-Journal 31 (2016) Die Debatten um die Silvester-Ereignisse haben nur wenig emanzipatorisches Potential freigesetzt. Eine sich daran anschließende mögliche und notwendige Auseinandersetzung mit dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung für Frauen gab es kaum. Stattdessen wurde der sich artikulierende Sexismus und die sexualisierte Gewalt rassistisch instrumentalisiert und ins „Außen“ verlagert, in dem sie vor allem Einwanderern und Geflüchteten, also den „Anderen“ zugeschrieben wurde. Die These dieses Artikels ist, dass die Debatten und ihre Auslassungen im Kontext einer von Postfeminismus geprägten Gesellschaft stattfinden. Im Folgenden soll dieser These nachgegangen werden. Dazu soll in einem ersten Schritt kurz skizziert werden, was unter Postfeminismus zu verstehen ist. Postfeminismus und die Abwicklung des Feminismus Die Soziologin Angela McRobbie legte 2010 eine Studie über die…

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SOS MEDITERRANÉE

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- eine zivilgesellschaftliche Institution nachhaltiger Menschlichkeit Von Heiko Kauffmann, erschienen in DISS-Journal 30 (2015) Seit 1990 sind über 25.000 Menschen im Mittelmeer bei dem Versuch ertrunken, nach Europa zu gelangen („Fortress Europe“ und Fabrizio Gatti). Nach Schätzungen der französischen Geheimdienste ist die Zahl noch viel höher: Sie gehen bei einer hohen Dunkelziffer von einer Überlebenschance von 75 Prozent aus. Nach dieser Rechnung verliert jeder vierte Flüchtling beim Versuch, nach Europa zu gelangen, sein Leben. Danach käme man seit 2008 auf eine Zahl von über 40.000 Toten. Allein seit Anfang 2015 haben jetzt mehr als 100.000 Menschen ihr Leben bei dem Versuch riskiert, Europa von Libyen aus über das Mittelmeer zu erreichen. Dabei kamen fast 3.000 Menschen ums Leben. All diese Toten waren und sind Opfer eines martialischen Grenzregimes, Opfer einer staatlich organisierten und…

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“… all you need is a mobile phone!”

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Feldforschung in den mobile Commons ((Nikos Trimikliniots, Dimitris Parsanoglou, Vassilis S. Tsianos 2015: Mobile Commons, Digital Materialities and the Right to the City, London: Palgrave-Pivot Series Mobility and Politics (MPP).)) Von Vassilis S. Tsianos, erschienen in DISS-Journal 30 (2015) Transnationale Räume sind derzeit der Schauplatz von Kämpfen um Mobilität, d.h. um gelebte ‚Heterotopien‘ (Foucault), die sich der Regulierung widersetzen. Indem an einzelnen Orten mehrere untereinander bisher inkompatible Räume und Plätze miteinander in Beziehung gesetzt werden, wächst diesen ‚Gegenräumen‘ Macht zu. Ihnen entspricht die Transmedialität, d.h. das Ineinandergreifen unterschiedlicher Medien wie Facebook, Handy, Satellitenfernsehen, Skype usw., mit deren Hilfe eine Politik der Zeugenschaft in den Transiträumen ermöglicht wird. Transmedialität eröffnet unter den asymmetrischen Bedingungen der Flucht aber nicht nur die Möglichkeit zur Mobilität – sie ist vielmehr lebensrettend. Im Folgenden soll anhand von zwei…

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Eine diskurspraktische Initiative

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Für eine faire Berichterstattung über demokratische Entscheidungen in Griechenland Von Jürgen Link. Erschienen in DISS-Journal 29 (2015) Als die Wahlen vom 25. Januar 2015 in Griechenland angekündigt wurden und die Mehrheit der deutschen Main­stream­medien sofort auf Kalten-Kriegs-Modus gegen den befürchteten Sieg von Syriza schaltete, veröffentlichte die Zeitschrift kultuRRevolution den hier dokumentierten Appell. Dieser bereits vor der Wahl von über hundert Erstunterzeichnenden aus allen deutschgriechischen und philhellenischen Milieus getragene Appell erhielt nach der Wahl in Deutschland und Griechenland und erhielt bis Mitte Mai circa 1600 Unterschriften. Alle zehn Punkte des Appells waren absichtlich prognostisch so formuliert, dass sie im weiteren Verlauf erst ihre ganze Relevanz erweisen würden. Das bestätigte sich in einem teilweise erschreckenden, so nicht für möglich gehalteten Ausmaß. Mit welcher erpresserischen Energie etwa Minister Schäuble seine Euro-Kollegen gleichschaltete, um die neue griechische…

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Ausnahmezustand

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Diskursanalyse des G8-Gipfels in Heiligendamm ((Dieser Artikel stellt komprimiert die Ergebnisse einer längeren Forschungsarbeit vor, die im Sommer 2015 im Universi Verlag unter dem Titel „Ausnahmezustand im Sicherheits- und Krisendiskurs“ erscheinen wird.)) Von Anna-Lena Dießelmann. Erschienen in DISS-Journal 29 (2014) Gegenwärtige Katastrophen und Krisen lassen vermuten, dass das Verhältnis zwischen dem Normalverlauf und dem Ausnahmezustand immer häufiger ins Wanken gerät. Es gibt keine ausgewogenen langen Phasen eines planmäßigen Systemverlaufs mit seltenen, je kurzen Unterbrechungen (mehr). Ausdrücke wie Notstand ((Kursivierungen markieren im Folgenden Ausdrücke, die als Topoi im Analysekorpus vorkommen, GROSSBUCHSTABEN dahingegen die analytisch gewonnenen, übergeordneten Kategorien LAGE und FEIND.)) und Krise gewinnen deshalb eine charakteristische Ambivalenz: Einerseits stehen sie für den Inbegriff „außerdiskursiver“ Ereignisse (Balke et al. 1992), andererseits müssen sie per definitionem „ausgerufen“, also diskursiv zirkuliert werden. Darin besteht ihre linguistische oder…

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Zu viele Köche verderben den braunen Brei

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Ein Blick auf die nordrhein-westfälischen Pegida-Ableger Von Maren Wenzel, erschienen im DISS-Journal 29 (2015) Dügida, Kögida, Mögida, Bogida, Pegida NRW – Die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ treten im Westen Deutschlands mit den unterschiedlichsten Namen auf. Genauso breit gefächert sind die extrem rechten Organisationen und Strömungen, die die „Abendspaziergänge“ in NRW für ihre Zwecke nutzen wollten. Pro NRW, die militante Neonazi-Partei Die Rechte, die rechtspopulistische AfD, die Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa), die German Defence League: Die Kundgebungen von Pegida und Co. in Nordrhein-Westfalen sind ein Sammelbecken extrem rechter Ideologien. Stärker als etwa in Leipzig oder Dresden fühlten sich Teilnehmer*innen, die sich selbst in der sogenannten Mitte der Gesellschaft verorten, vereinnahmt und blieben den Demonstrationen fern. Das Ergebnis sind stetig sinkende Teilnehmer*innenzahlen. Das liegt unter anderem an der Zersplitterung in konkurrierende Veranstaltungen…

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