Zuwanderung, demografischer Wandel und Nationalbewusstsein. Eine Rezension von Gabriele Cleve. Erschienen in DISS-Journal 10 (2002).
Christoph Butterwegge u.a. legen gehen von der Fragestellung aus, aus welchen gesellschaftlichen Bereichen (Ökonomie, Politik und Soziales) sich rechte Ideologien speisen, die dann in die Mitte der Gesellschaft eindringen. Dazu wurde umfangreiches Material zu Argumentations- und Propagandastrategien der extremen Rechten untersucht. Dabei behaupten die Autoren eine immer größer werdende Affinität rechter Themen zu denen der Mitte.
Die Innenpolitik der Bundesregierung wird hinsichtlich der Debatte um die GreenCard sowie den so genannten nützlichen Zuwanderer diskutiert. Caroline Reißhardt konstatiert, dass die Diskussion um das „Zuwanderungsgesetz“ zwar durchaus positiv zu bewerten sei, andere Integrationskonzepte jedoch vernachlässigt würden.
In einer Analyse der Arbeitgeber- und Gewerkschaftspresse wird festgestellt, dass dort Einwanderung hauptsächlich unter Nützlichkeitskriterien (Stichwort: Wirtschaftsfaktor) gesehen wird.
Medien der extremen Rechten (z.B. Junge Freiheit, Deutsche Stimme, National-Zeitung) übernehmen vorgegebene Themen aus den so genannten Medien der Mitte und bereiten sie mit den Ideologemen des Völkischen Nationalismus als Argumentationen für rechte Propaganda auf.
Gudrun Hentges betrachtet die Aussagen Bassam Tibis zur „Leitkultur“-Debatte unter dem Aspekt, dass dessen Position zur Integration dahin führen kann, eine rigorosere Asylpolitik zu verfolgen. Seine Aussagen zu „unkontrollierter Zuwanderung“ lassen sich an Ideologien der extremen Rechten ankoppeln.
Alexander Häusler befasst sich mit Schlagworten wie „selbstbewusste Nation“, „deutscher Stolz“ u.ä. und ihren Adaptionen durch rechte Bands, die diese Ideologeme für Jugendliche offenbar attraktiv in Musik umsetzen und so an die Politik der Rechten zu binden versuchen. Aber eben nicht nur rechte Szenen werden bedient, sondern auch wiederum die Mitte der Gesellschaft.
Um die Arbeit der Vertriebenenverbände geht es in einem Beitrag von Samuel Salzborn, der in dieser eine Enthistorisierung und Entkontextualisierung von Geschichte sieht.
Christoph Butterwegge erläutert den Einfluss moderner Bevölkerungswissenschaft auf rechte, völkische Positionen. Vor allem Themen wie Familie, Ehe, das Bild der Frau als Mutter enthalten biologistisch-sozialdarwinistische Positionen, die die Rechten als „normal“ zu lancieren versuchen. Die Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Untersuchungen oder die Verflechtungen von Ökonomie und Politik in diesem Kontext unterstützen die These von der Existenz rechter Ideologiebestandteile in der gesamten deutschen Bevölkerung.
Die Auseinandersetzung der hegemonialen Medien mit dem Thema Rechtsextremismus verlagert diesen immer noch in einen Bereich, der ihn als außenstehendes nicht immanentes Problem begreift. Gesellschaftliche Probleme, so zeigt der Band insgesamt, werden von der Rechten dazu benutzt, ihre Positionen in die „Mitte“ der Gesellschaft zu bringen und somit selber „hoffähig“ zu werden. Deshalb ist er für die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Nationalismus durchaus lesenswert.
Christoph Butterwegge u.a.
Themen der Rechten –Themen der Mitte.
Zuwanderung,demografischer Wandel und Nationalbewusstsein.
2002 Opladen: Leske & Budrich
ISBN 3-8100-3419-3
288 Seiten, 18 €