Eine diskurstheoretische Erweiterung der bourdieuschen Distinktionstheorie. Rezension von Gudrun Quenzel. Erschienen in DISS-Journal 12 (2004)
Die Arbeit von Rainer Diaz-Bone kann als ein weiterer Versuch angesehen werden, den Ansatz der Diskursanalyse für soziologische Fragestellungen nutzbar zu machen. Ziel der Arbeit ist die Entwicklung einer diskurstheoretisch radikalisierten Distinktionstheorie, um das Feld der Kulturproduktion diskurstheoretisch erschließen zu können. Entsprechend ist die Arbeit in einen ersten theorieentwickelnden Teil und einen zweiten Teil, in dem die Ergebnisse am empirischen Material getestet werden, gegliedert. Gegenstand des empirischen Teils sind die Diskurse über Heavy Metal und Techno. Für die Theorieentwicklung bezieht sich Diaz- Bone auf die Diskurstheorie Michel Foucaults und den feldtheoretischen Ansatz Pierre Bourdieus, wobei letzterer in der Arbeit vorrangig als Distinktionstheoretiker ausgewiesen wird. Da der Autor davon ausgeht, dass kulturelle Wertigkeit (symbolisches Kapital) vorrangig diskursiv hergestellt wird, kritisiert er vor allem die repräsentative Funktion, die Bourdieu dem Diskurs zuweist. Dieses Manko versucht Diaz-Bone durch eine Integration der Diskurstheorie in die Distinktionstheorie zu beheben. Dies geschieht über eine Erweiterung des bourdieuschen Zwei- Raum-Modells um eine dritte Ebene. Als Ergebnis der Verbindung soll von drei Räumen ausgegangen werden: dem sozialen Raum, dem Raum der Lebensstile und dem Raum der Diskurse. Alle drei Räume sind relativ autonom, sie stehen jedoch in einem wechselseitigen Einflussverhältnis und weisen aus diesem Grund auch strukturelle Homologien auf.
Insgesamt kommt die Arbeit im empirischen Teil zu überzeugenden Ergebnissen. Der Anspruch der Anwendbarkeit des entwickelten Modells wird daher durchaus erfüllt. Relativ unverständlich bleibt allerdings, warum im empirischen Teil für die Codierung die Grounded Theory herangezogen wird. Der theoretische Teil widmet sich relativ ausführlich der Reproduktion der herangezogenen Theorien, um dann m. E. leider etwas zu zügig zu Ergebnissen zu kommen. Eine tiefere Ausführung und Begründung der erarbeiteten Verknüpfungsstellen wäre begrüßenswert gewesen. Alles in allem ein überzeugendes und spannendes Buch.
Rainer Diaz-Bone
Kulturwelt, Diskurs und Lebensstil
Eine diskurstheoretische Erweiterung der bourdieuschen Distinktionstheorie
2002 Opladen: Leske + Budrich
ISBN 3-8100-3526-2
456 Seiten, 39 €