Genealogie als Kritik

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Eine Skizze für eine Erweiterung Kritischer Diskursanalyse Von Siegfried Jäger. Erschienen in DISS-Journal 32 (2016) Das Konzept der Genealogie stützt sich einmal auf Karl Marx und seinen Text „Der 28. Brumaire des Louis Napoleon“ (MEW 8, 115ff.). Dort heißt es gleich zu Beginn: „Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbst gewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen gegebenen und überlieferten Umständen. Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden.“ (115) (usw.) Zum anderen stützt sich das Konzept auf Nietzsche, der den Text „Zur Genealogie der Moral“ verfasst hat. Dieser Text ist eine Dekonstruktion der christlichen Moral seiner und weitgehend unserer Zeit. Sein Diktum „Gott ist tot“ war auch für Nietzsche selbst ein großes Problem, da für sein Selbstverständnis die…

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Diskurstheorie und Kritik

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Von Nietzsches zu Foucaults Genealogie und zu Martin Saars „Genealogie als Kritik“, mit einem Blick auf die Folgen dieser philosophischen Spur für die Kritische Diskursanalyse Von Siegfried Jäger. Erschienen in DISS-Journal 28 (2014) Dass die Wahrheit nur von dieser Welt ist, macht nicht nur Michel Foucault Sorgen. Schließlich handelt es sich um das Problem aller Philosophie und des Glaubens an Gott oder Götter. Foucault zieht angesichts der Vielfalt und Heterogenität der Antworten den Schluss, es gebe nur historisch (und regional) jeweils gültige Wahrheiten, aber eben keine objektiven oder absoluten Wahrheiten. Doch stimmt das wirklich? Meint doch Foucault auch, dass die Wahrheit das wichtigste Thema all seiner Werke sei. Aber welche Wahrheit? Und in welcher Beziehung steht sie zur Macht, zu den Mächten und zum Wissen? Und mehr noch: Gibt es neben den historisch…

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„Metamorphosen des Kapitals“

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Tino Heims grundlegende Arbeit zur Weiterentwicklung kritischer Gesellschaftstheorie. Eine Rezension von Wolfgang Kastrup und Helmut Kellershohn Erschienen in DISS-Journal 27 (2014) Tino Heims Dissertation (2011, TU Dresden) erschien 2013 unter dem Titel „Metamorphosen des Kapitals. Kapitalistische Vergesellschaftung und Perspektiven einer kritischen Sozialwissenschaft nach Marx, Foucault und Bourdieu“ im Transcript-Verlag. Es handelt sich um ein Mammutwerk (674 Seiten), dessen Programm, die Theorieentwürfe dreier Klassiker in Beziehung zu setzen, um die Analyse der Veränderungsprozesse des modernen Kapitalismus zu ermöglichen, hier nur knapp angedeutet werden kann. Es handelt sich mehr um eine Empfehlung an potenzielle LeserInnen, die gewaltige Leistung Tino Heims durch die Lektüre seines Werkes sich zu Nutze zu machen. Ausgehend von einer Kritik des oberflächlichen, zumeist moralisierenden Rekurses auf den Kapitalismusbegriff im Rahmen medialer und wissenschaftlicher Verarbeitungen der jüngsten Finanzkrisen stellt sich Heim die…

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Im Namen der Freiheit

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Ein kurzer Essay zu Albert Camus, Friedrich Nietzsche, Michel Foucault und Co., einige Bemerkungen zum orthodoxen Marxismus sowie ein Seitenblick zu den Grünen von 2014. Von Siegfried Jäger. Erschienen in DISS-Journal 27 (2014) Ich fange an bei Albert Camus. 2013 erschien bei Knaus ein knapp 600 Seiten dickes Buch des französischen Philosophen Michel Onfray zu Leben und Philosophie des Albert Camus. (Im Namen der Freiheit. Leben und Philosophie des Albert Camus, München: Knaus, 573 S., 29,99 €) Das Buch bietet eine liebevolle Darstellung von Camus‘ kurzem Leben, seiner Philosophie („Der Mensch in der Revolte“, „Der Mythos von Sisyphos. Ein Versuch über das Absurde“) und seiner interessanten Belletristik („Der Fremde“, Literatur-Nobelpreis 1957 für „Der Fall“, Dramen wie „Caligula“, „Die Gerechten“). Onfray zeigt auf, dass und inwiefern Camus Nietzscheaner ist, Sozialist jenseits der verschlafenen Sozialdemokratie,…

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Schlechte Parrhesia

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Der rechte Philosoph und die Wahrheit Ein kurze Betrachtung von Siegfried Jäger, veröffentlicht im DISS-Journal 26 (2013) Wagt es dagegen einer von den ‚Bürgern‘, also einer von denen, die ‚drin‘ sind, sich gegen die ‚Versammlung‘ zu stellen, indem er sie mit anderen Wahrheiten konfrontiert, endet er wie Eva Hermann oder Thilo Sarrazin.“ (Sezession 35, S. 16) So der rechte ‚Philosoph‘, der vorgibt, Foucault gelesen und verstanden zu haben. Foucault aber war da etwas vorsichtiger und meinte, dass „ein philosophischer Diskurs […] niemals die Frage nach der Wahrheit stellt, ohne zugleich  nach den Bedingungen dieses Wahrsprechens zu fragen und zwar entweder (im Hinblick auf) die ethische Differenzierung, die dem Individuum den Zugang zu dieser Wahrheit eröffnet, (oder im Hinblick auf) die politischen Strukturen, innerhalb deren dieses Wahrsprechen das Recht, die Freiheit und die Pflicht…

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„Eine Theorie des kapitalistischen Staates muss die Metamorphosen ihres Gegenstandes kennen.“

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Helmut Kellershohn erklärt, warum es sich lohnt, Poulantzas zu lesen. Erschienen in DISS-Journal 23 (2012), 33-34 Selten stoßen wir auf Bücher, deren Titel als diskrete Aufforderung verstanden werden soll, Autoren zu lesen oder, besser gesagt, neu zu lesen, die bereits tot sind. Bei längst verstorbenen Klassikern erscheint dies angebracht. Lire le Capital, 1968 von Louis Althusser, Etienne Balibar und anderen verfasst, war ein solches Werk. Es fehlte nur das Ausrufezeichen. Unlängst veröffentlichten Lars Bretthauer, Alexander Gallas, John Kannankulam und Ingo Stützle einen Sammelband (Hamburg 2006), der einen Autor zu den ‚Altären’ der Klassiker erhob, der erst ein paar Jahre zuvor gestorben war: Nicos Poulantzas schied 43-jährig im Oktober 1979 durch Freitod aus dem Leben. Der Titel des Buches lautet: Poulantzas lesen. Nicos Poulantzas, 1936 in Athen geboren, lehrte vor allem in Frankreich, nach…

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Gezeichneter Geist

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Eine Rezension von Torsten Bewernitz. Erschienen in DISS-Journal 23 (2012), 59-60 Wie zeichnet man eigentlich einen Foucaultschen Diskurs? Diese Frage hat sich dem Rezensenten unmittelbar gestellt, als er von dem Projekt einer „Philosophie für Einsteiger“ über das Werk Michel Foucaults hörte. Einen Diskurs zu malen, das sei vorweggeschickt, haben auch Ruffing und Lorenz sich dann nicht getraut. Allerdings ist der „Diskurs“ zwar der bekannteste, bei weitem aber nicht der einzige, und vielleicht nicht mal der relevanteste Begriff in den Theorien Michel Foucaults. Die von Foucault als „archäologisch“ bezeichnete Diskursanalyse wurde später von ihm durch die eher als „genealogisch“ zu bezeichnende Dispositivanalyse erweitert. Das Dispositiv erläutert Reiner Ruffing als „Zusammenspiel von Macht und Wissen“ (45), neben der reinen „Rede“, dem Text, der im Diskurs analysiert wird, treten hier „Institutionen, Sitzordnungen, Lehrsätze, Redeordnungen [...]“ (77).…

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Einblicke

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Foucaultsche und sprachwissenschaftliche Diskursanalyse . Von Siegfried Jäger. Erschienen in DISS-Journal 19 (2010) Rainer Diaz-Bone, Sozialwissenschaftler und (auch) Anhänger einer sich auf Michel Foucault beziehenden Diskursanalyse, hat im Forum Qualitative Sozialforschung Band 11, No. 2, Art. 19 (2010) einen wunderbaren, hoch interessanten Review-Artikel zweier Sammelbande vorgelegt, in dem er sich mit der Frage befasst „Was ist der Beitrag der Diskurslinguistik für die Foucaultsche Diskursanalyse?“ ((Diese beiden Sammelbände sind: Ingo Warnke (Hg.): Diskurslinguistik nach Foucault, Theorie und Gegenstände, Berlin: de Gruyter 2007, und Ingo Warnke und Jürgen Spitzmüller (Hg.): Methoden der Diskurslinguistik. Sprachwissenschaftliche Zugange zur transtextuellen Ebene, Berlin: de Gruyter 2008)) Er konstatiert abschließend, nachdem er, wie zu erwarten war, eine sozialwissenschaftliche Perspektive auf die Diskurslinguistik eingenommen hatte, durchaus versöhnlich: „Derzeit besteht die Aussicht, dass sich ein besserer wechselseitiger Einblick in die je andere…

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Diskurs und Kriminalität

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Außergesetzliche Anwendungsregeln als diskursive Praktiken im Wechselverhältnis zwischen Kriminalisierungsdiskursen und Strafrechtsanwendung. Eine Rezension von Rolf van Raden. Erschienen in DISS-Journal 19 (2010) Wer über Kriminalität spricht, sollte über Prozesse der Kriminalisierung sprechen – diese konstruktivistische Perspektive machen kritische Kriminologinnen seit dem Ende der 1960er Jahre stark. Dabei stoßen sie nicht immer auf Gegenliebe. Gleichwohl ist die Vorstellung, dass Kriminalität nicht etwa per se existiert, sondern durch ein komplexes Netz von gesellschaftlichen Zuschreibungs- und Aushandlungsprozessen erst entsteht, heute in weiten Teilen der Kriminologie akzeptiert. In Folge dessen sind Forschungsprogramme entstanden, die nicht primär den kriminellen Täter, sondern die Institutionen der Justiz und Strafverfolgungsbehörden im Blick haben. Die Methoden sind dabei vielfältig, mitunter wird der Kriminologie gar theoretischer Eklektizismus vorgeworfen. In seiner Dissertation „Diskurs und Kriminalität“ schickt sich Tobias Singelnstein nun an, den Methodenkanon der…

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Das Wahrheitsregime prekärer Verhältnisse

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Von Niels Spilker. Erschienen in DISS-Journal 19 (2010) Ein viel diskutierter und aus meiner Sicht sinnvoller theoretischer Anknüpfungspunkt für die Analyse und die Kritik der gegenwärtigen Gesellschaft ist der Begriff der Gouvernementalität, wie ihn Foucault in seinen Arbeiten Ende der 1970er Jahre skizziert. (Vgl. Foucault 2004a+b) Foucault untersucht hier Machtbeziehungen unter dem Blickwinkel der Führung, als eine Art und Weise, das Handlungsfeld von Subjekten zu strukturieren und zu beeinflussen. Der Begriff der Regierung ist ein umfassender, er bezieht sich auf Institutionen und Praktiken, mittels derer Menschen ‚gelenkt‘ werden. Eine Regierungsweise umfasst als diskursives Feld, auf dem die Ausübung von Macht „rationalisiert wird“ (Thomas Lemke), Wissensformen, Machttechnologien und Subjektivierungsmodi gleichermaßen. Die Machtanalyse von Foucault in Überwachen und Strafen befasste sich mit Institutionen des Zwangs, mit Diskursen und Apparaten, die auf die Unterwerfung des Subjekts…

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