Kopftuchverbot: Befreundete Feinde

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Die Debatte um ein Kopftuchverbot. Von Margarete Jäger. Erschienen in DISS-Journal 14 (2005) Seit langem wird in Deutschland über das Kopftuch geschrieben und gestritten. Als sichtbares Zeichen von Fremdheit wird es im Medien- und Alltagsdiskurs weitgehend mit negativen Zuschreibungen versehen und tendenziell abgelehnt. Seit Ende der 1990er Jahre spitzt sich diese Ablehnung zu und hat in Deutschland mittlerweile die parlamentarische Ebene erreicht. Nachdem die Klage der baden-württembergischen Lehrerin Fereshta Ludin vor dem Bundesverfassungsgericht ergab, dass die Regelung der Kleiderordnung für die Schule Landessache sei, werden in verschiedenen Bundesländern Kopftuch-Gesetze aufgelegt. Den meisten der Debattierenden ist klar, dass die Kopftuchdebatte eine Stellvertreterdebatte ist, bei der viele unterschiedliche Problematiken unserer Gesellschaft angesprochen werden. Es geht dabei sowohl um Anerkennung und Gestaltung von Einwanderungsprozessen, um den Umgang der Geschlechter miteinander, um das Für und Wider einer…

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kultuRRevolution – ein notwendiges Konzept

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Interview von Siegfried Jäger mit Jürgen Link, dem Gründer und Herausgeber der kultuRRevolution. Zeitschrift für angewandte Diskurstheorie. Erschienen in DISS-Journal 14 (2005) Siegfried Jäger: Die erste Ausgabe der kultuRRevolution erschien 1982. Würdest Du der Zeitschrift auch heute noch diesen Namen geben? Jürgen Link: Um 1980 war die mit dem Signifikanten „Revolution“ verbundene Euphorie vieler 68er aus Desillusion bereits in Reue über einen imaginären Vatermord umgeschlagen. Jedenfalls war auch dem letzten klar, dass nach den mehr oder weniger glatten „Transitionen“ in Portugal und Spanien so etwas wie „revolutionärer“ Sozialismus mindestens in der nördlichen Hemisphäre (heute würde ich sagen: in den oberen Normalitätsklassen) bis auf weiteres „abgehakt“ war. Bei vielen erfasste diese Reue sofort auch die Kombination mit dem Signifikanten „Kultur“ (wobei die Desaster in China als zusätzlicher Katalysator wirkten). In dieser Situation wollten wir…

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Überraschende Einsichten

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Eine Rezension von Siegfried Jäger. Erschienen in DISS-Journal 14 (2005) Eigentlich sind die vier dicken Bände der kleinen Schriften Foucaults wegen ihrer Fülle von Texten (Interviews, Besprechungen, Essays, Interventionen) kaum zu besprechen, und das soll hier auch gar nicht erst versucht werden. Soviel sei gesagt, dass sie selbst für Kenner des Foucaultschen Oeuvres eine Fülle von oft völlig überraschenden Einsichten enthalten, die das Denksystem des französischen Philosophen nicht nur abrunden, sondern in manchen Punkten auch zu erweitern geeignet sind. So dürfte manche(n) der folgende lapidare Satz aus dem vierten Band „Alle diejenigen, die sagen, dass es für mich die Wahrheit nicht gibt, sind Geister, die es sich zu einfach machen.“ (S. 825) nicht nur überraschen, sondern vielleicht auch entsetzen, denn er scheint die einleuchtende Einsicht Foucaults, dass es immer nur jeweils gültige Wahrheiten…

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„Diskurslinguistik“ ohne Diskurstheorie

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Die Rezeption Michel Foucaults in der Sprachwissenschaft. Von Siegfried Jäger. Erschienen in DISS-Journal 14 (2005) Bekanntlich orientiert sich das Duisburger Konzept von Diskursanalyse an den Schriften Michel Foucaults, der selbst zwar keine explizite Methode der Diskursanalyse entwickelt hat und sich zudem vornehmlich (aber nicht nur) mit Diskursen der Wissenschaften befasst hat, während wir im DISS versucht haben, ein Verfahren zu entwickeln, das sich für die Analyse von Diskursen auf allen diskursiven Ebenen eignet, also für Wissenschaft, Medien, Politik, Alltag und auch für fiktionale Diskurse. Dabei haben wir auch die Rezeption Foucaults in angrenzenden (Sozial-)Wissenschaften ((Vgl. dazu etwa Keller/Hirseland/Schneider/Viehöver (Hg.) 2001, 2003, 2005. Diese Bände, besonders der aus 2005, zeigen, wie vehement und kontrovers diskutiert wird, wobei die Überwindung einmal gelernter wissenschaftlicher „Sprachspiele“ der Einzeldisziplinen offensichtlich nicht immer leicht fällt oder gelungene Versuche dazu…

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Grüne Bürgermeisterin: Eine von 600…

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...im Griff der JUNGEN FREIHEIT. Von Alfred Schobert. Erschienen in DISS-Journal 14 (2005) Der Zeitpunkt war gut gewählt. Wenige Wochen zuvor hatten Neonazis in Duisburg-Hamborn gegen den Bau einer Moschee im benachbarten Stadtteil Marxloh demonstriert. Und der WDR strahlte zweimal eine Dokumentation über Nazis im Ruhrgebiet aus: Viel Duisburg und vor allem viel Selbstdarstellung der braunen Recken nebst Problematisierung verfehlter Integration in Stadtgebieten mit hohem Anteil von Menschen mit türkischem bzw. muslimischen Migrationshintergrund. In diesem Medienumfeld kann man sich der Aufmerksamkeit für das Thema sicher sein. Und man findet PolitikerInnen, die ihren inneren Äußerungszwang nicht mehr unterdrücken oder kanalisieren können. Erst recht, wenn sie – und das gehört wohl zur déformation professionelle – eh dazu neigen, in jedes Mikrophon zu beißen. Also sprach die stellvertretende Oberbürgermeisterin der Stadt Duisburg, Doris Janicki (B90/Grüne) „über…

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Die extreme Rechte und die Bundestagswahl 2005

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Von Martin Dietzsch. Erschienen in DISS-Journal 14 (2005) Nach dem spektakulären Wahlerfolg der NPD in Sachsen vom September 2004 waren die Erwartungen bei Mitgliedern und Funktionären hoch gesteckt. Die NPD schmiedete Bündnisse: eine sogenannte „Volksfront“ mit den militanten Neonazis und einen „Pakt“ mit dem ehemaligen Erzfeind Gerhard Frey von der „Deutschen Volksunion“ (DVU). Doch schon bald zeigte sich, dass die NPD-Strategie nicht aufging, durch gezielte Provokationen eine Welle von Schlagzeilen zu erzeugen, die die Partei ins Parlament spülen sollten. Die Medien waren zu sehr damit beschäftigt, die neue Linkspartei zu bekämpfen. Lafontaines fataler „Fremdarbeiter“-Ausspruch blieb ein Ausrutscher. Und auch die Union widerstand der Versuchung, die klassischen Angst- Themen Ausländer, Kriminalität und islamischer Terrorismus ins Zentrum ihres Wahlkampfes zu rücken. Als Kandidatentruppe präsentierte die NPD die Elite der Partei und ihrer Bündnispartner. Angesichts des…

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Das „tragende Bekenntnis“

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Globalisierung und Jugendmarketing. Von Jobst Paul. Erschienen in DISS-Journal 14 (2005) In einer Presseerklärung des Malteser-Hilfsdienstes charakterisierte dessen Präsident, Johannes Freiherr Heereman von Zuydtwyck, die Befindlichkeit der Teilnehmer des Weltjugendtages in Köln aus der nüchternen Sicht eines Fachmannes: „Die jugendlichen Pilger pflegen eine zivilisierte Eventkultur“. Das klang eher nach Ende, denn als Aufbruch. Als Chef der Ordensholding Deutsche Malteser gGmbH und verantwortlich für Kommunikation, Public Relations und Social Marketing ließ Heereman anklingen, dass die öffentliche Wahrnehmung des Treffens als ‚Event‘ nicht täuschte: Das „kraftvolle Zeugnis für den Glauben als Quelle echter Freude“, und wäre es auch nur das unbekannte Wesen, wurde bewusst mit den Strukturen der säkularen Massenevent- Kultur verwoben. Die fließenden Übergänge aber stellten es nicht nur den Teilnehmern, sondern auch der Öffentlichkeit frei, die allgemeine Begeisterung eher dem „Glauben“ oder dem…

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„Rasse“ und aktuelle Ersatzbegriffe in der deutschen Gegenwarts-Gesellschaft

Von Siegfried Jäger. Vortrag auf dem Workshop „Rasse“. Historische und diskursive Perspektiven im Zentrum für Literaturforschung der HU vom 4.-6.-11.2005. Das Wort „Rasse“ taucht in deutschen Diskursen zur Charakterisierung von Menschengruppen in der Gegenwart nicht mehr oder nur noch sehr selten auf. In einer Fülle von Projekten, die wir seit Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts durchgeführt haben, haben wir dieses Wort kaum einmal gefunden. Das gilt sowohl für den Politikerdiskurs wie für den Diskurs der Medien und des Alltags. Die französische Rassismusforscherin Collette Guillaumin konstatierte denn in ihrem Vortrag auf dem Hamburger Kongress „Rassismus und Migration in Europa“ im Jahre 1990 auch lakonisch: Rasse ist „ein Wort ..., mit dem es ganz offensichtlich zu Ende geht.“ (Guillaumin, S. 77) Dazu gibt es allerdings mindesten zwei hochinteressante Ausnahmen. Die erste ist der juristische Diskurs,…

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Kirche und Synagoge – Die Dresdner Frauenkirche sollte ein Mahnmal bleiben.

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Von Dr. Jobst Paul. Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung erinnert aus Anlass der Einweihung der Dresdner Frauenkirche mit einer Volltext-Präsentation im Internet an die Entstehung der jüdischen Gemeinde in Dresden und an die Jahre der Erbauung der Semper-Synagoge zwischen 1838 und 1840, eines Kleinods, das in der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 in Flammen aufging. Die Frage, warum es in Dresden nun wieder eine Frauenkirche geben kann, dagegen die Semper'sche Synagoge nie wieder, wird das wiedererstandene Bauwerk begleiten. Als 1938, genau hundert Jahre nach Baubeginn, die Dresdner Sempersynagoge in der Reichspogromnacht in Flammen aufging, verwendete man die Steine zum Straßenbau. Als im Februar 1945 die Frauenkirche zusammenstürzte, brachen die Deportationen Dresdner Juden in die Konzentrationslager ab – bis zum Beginn der Rekonstruktion vor 15 Jahren blieben die Steine unberührt.…

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Gefälschte Talmud-Zitate vor Gericht

Ein Beitrag des AK Rechts am Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung. Im Februar 2005 musste sich der stellvertretende Landesvorsitzende der NPD, Claus Cremer (26), beim Bochumer Landgericht wegen Volksverhetzung verantworten. U. a. hatte Cremer öffentlich behauptet, der jüdische Talmud befürworte den Kindesmissbrauch – er selbst, Cremer, habe dazu im Talmud „einmal nachgeschlagen“.  Die Geschichte gefälschter ‚Talmud-Zitate’ reicht vom ausgehenden 16. Jahrhundert bis zur NS-Propaganda. Wir erinnern im folgenden insbesondere an den Prozess Rohling/Bloch aus dem Jahr 1885, in dem sich der Wiener Rechtsanwalt Josef Kopp gegen die Fälscher stellte. Die umfangreichen Experten-Gutachten und Widerlegungen, die er zur Prozess-Vorbereitung zusammentrug und die er in einem Buch veröffentlichte, sind angesichts der bis heute reichenden, rechtsextremistischen Agitation von ganz aktuellem juristischen Interesse für Anwälte und Staatsanwaltschaften – nie wieder danach sind derart umfangreiche, gerichtsverwertbare Materialien gegen Fälschungen und…

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