Von Dr. Margarete Jäger. Vortrag, gehalten am 16.9.99 an der Universität Georg-August-Universität Göttingen beim Kolloquium „Wissenstransfer zwischen Experten und Laien. Umrisse einer Transferwissenschaft“. Untersuchungen zum Einwanderungsdiskurs in Deutschland haben sich immer wieder mit einer Argumentationsfigur auseinanderzusetzen, die ich im folgenden als Ethnisierung von Sexismus[1] bezeichne. Sie zeigt eine Diskursverschränkung an, die ganz besondere Wirkungen entfaltet. Kaum jemanden ist wohl die Auffassung noch nicht begegnet, daß türkische oder moslemische Männer besonders sexistisch seien, daß sie Frauen in besonderer Weise unterdrückten. Dieses Argument dient dann häufig als Begründung dafür, daß ein Zusammenleben mit Türken oder Moslems für ‚uns’ nur schwer oder gar nicht möglich ist. Sehr häufig wird dieser ethnisierte Sexismus auch mit dem Islam in Verbindung gebracht, wenn etwa angenommen wird, der Koran schreibe Männern die Herrschaft über Frauen geradezu vor. Ein Vergleich mit anderen Vorurteilen, die ansonsten gegenüber…
Von Martin Dietzsch und Anton Maegerle. Durch die Diskussion über Scientology und über die japanische Aum-Bewegung rückte das Thema Sekten wieder einmal in das öffentliche Interesse. Wir zeigen in unserem Beitrag auf, daß sich in der bundesdeutschen Sektenlandschaft auch eine Reihe von Organisationen tummeln, die dem rechtsextremen Lager angehören oder ihm zuarbeiten. Stand: Januar 1997 VPM Eine teure Niederlage hat der "Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis" (VPM) ([1]) im März 1996 in seinem Stammland Schweiz erlitten. In mehreren Presseartikeln wurde der VPM als Drogensekte bezeichnet, der seine Anhänger psychisch manipuliere. Dagegen hat sich der VPM durch alle Instanzen gewehrt und ist in letzter Instanz auch vor dem Bundesgericht abgeblitzt. Die Quittung: Der VPM muß rund 80.000 Franken an Gerichtsgebühren und Anwaltskosten bezahlen. Der VPM, der in der Bundesrepublik auch eine Studentenorganisation mit dem…
Von Martin Dietzsch und Anton Maegerle. Ein Überblick über die Entwicklung der parteipolitischen Rechten. Was ist zwei Jahre nach dem Wahldesaster im "Superwahljahr" aus der Parole von der Einheit der Rechten geworden? Welche Entwicklungen sind abzusehen? Stand: November 1996 Spätestens nach dem aus der Sicht der extremen Rechten katastrophalen Verlauf des "Superwahljahres" 1994 begann eine Phase der Neuorientierung. Diese Phase ist auch nach zwei Jahren noch nicht abgeschlossen. Obwohl viele Aktivitäten unter der Parole "Einheit der Rechten" standen, ist zunächst einmal eine größere Zersplitterung das Ergebnis. Es ist absehbar, daß dies nur ein vorübergehender Effekt ist - welche Konstellation am Ende des allgemeinen Gärungsprozesses stehen wird, läßt sich nicht exakt prognostizieren. Wir geben hier eine Bestandsaufnahme der Entwicklung der parteipolitischen Rechten. Dabei kann die Tatsache nur am Rande erwähnt werden, daß sich auch der…
Von Martin Dietzsch und Anton Maegerle. Der Begriff "Anti-Antifa" gewann in den letzten Jahren in der rechten Szene immer mehr an Bedeutung. Dies ist keineswegs nur auf den Bereich der gewalttätigen Neonazis beschränkt, sondern findet in etwas differenzierteren Varianten auch Anhänger im Bereich des intellektuellen Rechtsextremismus und bei Ultrakonservativen. Stand: September 1996 In der Rubrik "'Anti-Antifa'-Kampagne" legt der Bundesverfassungsschutzbericht 1995 (S. 114) dar, daß die von Neonazis betriebenen "Anti-Antifa"-Aktivitäten der Versuch seien, "unter Zurückstellung interner Differenzen im 'nationalen Lager' eine neue, organisationsunabhängige Sammlungsbewegung in Form von Aktionsgemeinschaften zu schaffen, in die möglichst alle Rechtsextremisten eingebunden werden sollen" (der Hamburger Verfassungsschutzbericht 1995, S. 76, spricht gar von einer "Volksfront von Rechts"). Diese Integration, so der Bundesverfassungsschutzbericht, wurde "teilweise erreicht". Hauptziel der "Anti-Antifa"-Aktivitäten sei die "Bekämpfung der politischen Gegner" (Sammlung und Veröffentlichung von Namen, Telefonnummern und…
Von Martin Dietzsch und Anton Maegerle. Unter dem Schlagwort "Political Correctness" findet in der Bundesrepublik eine Kampagne zur Rehabilitierung rechtsextremer Positionen statt. Dieser Beitrag gibt einen Überblick. Stand: Mai 1996. Otto Graf Lambsdorff, FDP-Ehrenvorsitzender, lamentierte im Sommer vergangenen Jahres in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) über "Deutschlands neue Denkverbote". Lauthals wurde von Lambsdorff beklagt, daß allem "was rechts ist, gleich die Ku-Klux-Klan-Kappe übergestülpt wird und bloße rechte Worte sehr voreilig zu Benzinkanistern in den Händen geistiger Brandstifter umdefiniert werden." Lambsdorff weiter: "Verstärkt durch die Diktatur der political correctness, tritt Ausgrenzung an die Stelle von Auseinandersetzung. Selbst moderat konservative Äußerungen werden an den Rand des Abgrunds der öffentlichen Akzeptanz gedrückt und haben Schwierigkeiten, überhaupt diskussionswürdig zu sein." ([1]) Der Freidemokrat ist der erste demokratische Politiker in der Bundesrepublik ([2]), der den heute von Rechtsaußen jeglicher Couleur…
Von Martin Dietzsch und Anton Maegerl. In letzter Zeit wird das Thema "Schutz der deutschen Sprache" vermehrt von ultrakonservativer und rechtsextremer Seite thematisiert. Wir geben einen Überblick. Stand: September 1995. Bei der Deutschen Bundesbahn (DB) heißt die Jahreskarte der 1. Klasse "BahnCard first", nächtliche Städtebummler zwischen Berlin und München sowie Berlin und Bonn reisen im "Intercity Night", der Fernmeldedienst der Post heißt "Telekom-Service" ...- beklagt die rechtsintellektuelle Wochenzeitung "Junge Freiheit" (JF vom 9. September 1994). Ganzseitig wird über die "Überfremdung des Deutschen" und den "Verlust der Sprache" lamentiert: "Eine Sprache, die ganze Lebensbereiche fast widerstandslos einer fremden Sprache überläßt, gibt sich auf". Bereitwillig druckte die JF deshalb auch die Anzeige zur Gründung einer "deutschen Sprachgemeinschaft" ab, um im "Kampf gegen die künstliche Amerikanisierung der deutschen Sprache" ein Zeichen zu setzen. Beachtung fand die angekündigte…
Von Martin Dietzsch und Anton Maegerle. Über den Versuch, in der Bundesrepublik Deutschland einen Ableger von Haiders FPÖ zu etablieren. Stand: Mai 1995. "In diesen Tagen gedenkt der Bund freier Bürger - Die Freiheitlichen der Opfer des 2. Weltkrieges. Vor allem jener Opfer, über die in Deutschland kaum gesprochen wird: der Deutschen. Wir erinnern mit Trauer an die 2,5 Millionen Todesopfer von Flucht und Vertreibung aus den deutschen Ostgebieten und dem Sudetenland vor 50 Jahren, des Verlustes von mehr als einem Viertel deutschen Staatsgebietes mit 12 Millionen Bewohnern. Es war die größte Vertreibungsaktion der Geschichte. Wir gedenken der unschuldigen Opfer des sinnlosen allierten Bombenterrors gegen die Zivilbevölkerung und der Millionen gefallener und in Kriegsgefangenschaft umgekommener Soldaten, die ihr Leben für ihre Heimat und ihre Angehörigen ließen. Durch ihren Einsatz ermöglichten sie in aussichtsloser Lage…
Von Siegfried Jäger. Paper presented to the conference "Fifty years later. The Resurgence of the Radical Right in Eastern and in Western Europe", held by the Hebrew University of Jerusalem, April 24.th to 27.th 1995, short version. Germany is drifting - to the right! This was admitted even by Friedbert Pflüger, conservative member of BRD-Parliament, in his recent book with the same title, and he detailed that there is a well established black-brown network, the speakers of which are propagating the ideas of that Conservative Revolution of the twenties, which then had prepared the so-called "Third Reich". Pflüger suspects: "If now right-wing tyranny is being put aside, normalised and minimalized, whereas left-wing tyranny is being demonized - right radical and Conservative Revolutionaries will become presentable again. They will then claim a place inside the…
Siegfried Jäger analysiert ein Hitler-Portrait, das Rudolf Augstein am 23.1.1995 im SPIEGEL veröffentlichte. Daß der Spiegel spätestens seit Mitte der 80er Jahre aufgehört hat, ein links-liberales Magazin zu sein, das mutig rechte und reaktionäre Machenschaften auf die Hörner nimmt - daß sein Herausgeber Rudolf Augstein einen Hang zum Nationalen entwickelt hat, das hat sich allmählich herumgesprochen. Es ist inständig zu hoffen, daß diese Entwicklung mit dazu beigetragen hat, die Auflagenhöhe sinken zu lassen und daß dies nicht allein dem dumpfen Konkurrenten FOCUS zugute zu halten ist. Wer aber hätte geglaubt, daß der Herausgeber des SPIEGEL im Jahre 1995 ein Porträt Adolf Hitlers entwirft, das man noch vor wenigen Jahren allenfalls in ultra-konservativen oder gar rechtsextremen Postillen vorgefunden hätte, die das Ziel verfolgten, Deutschland und die Deutschen vom Holocaust freizusprechen oder zumindest doch abzukoppeln,…
Siegfried Jäger untersucht, wieweit die Medienberichterstattung zur Welle rassistischer Gewalt beigetragen hat. Vortragsmanuskript aus dem Jahr 1994. Vorbemerkung Brandanschläge auf Einwanderer und Flüchtlinge und andere von der sogenannten deutschen Normalität abweichende Menschen häufen sich seit Mitte der 80er Jahre. Sie bilden eine seit Jahren ununterbrochene Kette, der sich erst in den letzten Wochen die Anschläge von Bielefeld, Zaithain (Sachsen) und Eberswalde sowie die Vorfälle in Magdeburg und Halle hinzugefügt haben. Die Frage danach, wo die Ursachen für diese viel zu spät wahrgenommene Eskalation der Gewalt liegen, beschäftigt erst seit den Anschlägen von Hünxe, Hoyerswerda, Rostock, Mölln und Solingen die Republik - und leider erst, seitdem es Tote und Schwerverletzte in großer Zahl und in immer dichter werdender Folge gegeben hat. Dabei war schon 1988 ein schwerer Anschlag mit drei toten Türken und einem toten…