Helmut Kellershohn: Der Fall Hohmann und die Junge Freiheit (2004)

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Im rechten Grenzraum des Verfassungsbogens

Der Fall Hohmann und die Junge Freiheit

von Helmut Kellershohn

(Veröffentlicht in veränderter Form unter dem Titel: „Das Doppelspiel der Jungen Freiheit am Beispiel der Hohmann-Affäre“, in: Stephan Braun/Daniel Hörsch (Hg.): Rechte Netzwerke – eine Gefahr, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2004, S. 79-94)

1. Einleitung

Die „Junge Freiheit“ (JF) und ihre Macheri bewegen sich im Grenzraum des Verfassungsbogens. Man präsentiert sich einerseits als journalistisches Flagschiff einer – wie es einer der Vordenker der JF, Karlheinz Weißmann, genannt hat – „konstitutionellen Rechten in Deutschland“ (Weißmann 2000: 249) und ist von daher um ein demokratisches Outfit bemüht: „Die Rechte wird […] demokratisch sein, oder sie wird nicht sein“(ebd.: 251).ii Der Katalog der Positionen, die man zu besetzen gedenkt, erinnert zunächst an die üblichen Verlautbarungspapiere mit einer, insgesamt gesehen, moderat erscheinenden Mischung von wert- und nationalkonservativen sowie neoliberalen Elementen

Identitätspolitik, Ablehnung eines europäischen Bundesstaates, Beschneidung der Sozialgesetzgebung, Stärkung der inneren Sicherheit, Durchsetzung des Subsidiaritätsprinzips und ein pädagogisches roll – back“ (ebd.: 252),

Jedoch lässt sich der ideologische Horizont der JF keineswegs primär durch diese einzelnen Elemente definieren, vielmehr im Wesentlichen durch ihren Bezug auf die ‚Konservative Revolution’ der Zwanziger Jahre, die sich damals bekanntlich weitgehend gegen die Demokratisierung des politischen und gesellschaftlichen Lebens aussprach und darüber hinaus ideologische Vorarbeiten für den Faschismus leistete (vgl. Sontheimer 1962; Gerstenberger 1969; Greiffenhagen 1977; Pfahl-Traughber 1998 ) Die Kritik der JF an den gegenwärtigen Verhältnissen greift immer dann, wenn es um das Grundsätzliche geht, auf das Argumentationsarsenal dieser Konservativen Revolution zurück, dominant auf die Strömung des Jungkonservatismus (Carl Schmitt, Oswald Spengler, Wilhelm Stapel, Max Hildebert Böhm, Edgar J. Jung etc.).

Deutlich wird dies, wenn Weißmann in demselben Thesenpapier, aus dem soeben zitiert wurde, die Erfolgsbedingungen eines rechten Projekts an eine gesellschaftlich verbreitete „Wahrnehmung von innerer oder äußerer Bedrohung“ rückbindet: „Wenn ein Gemeinwesen Zerfallserscheinungen aufweist“, dann, so Weißmann,

kommt die Stunde der Rechten, der Staatspartei schlechthin, die die Quelle aller Ordnung kennt, die sich immer aus der Überlieferung legitimiert, eine Elite braucht, die ihre Herrschaft dann ausüben darf, wenn sie sich in der Pflicht gegenüber Gott oder Sittengesetz weiß“ (ebd.: 250; Hervorhebung d. Verf.).

Die umstandlose Identifizierung der Rechten mit dem Staat schlechthin, also unabhängig von der jeweiligen Verfassungsordnung dieses Staates; die vordemokratische und antipluralistische Definition einer zur Herrschaft berufenen Elite, zu der qua Selbstzuschreibung jeder gehört, der für sich in Anspruch zu nehmen gedenkt, Gott oder (?) dem (welchem?) Sittengesetz in ganz besonderer Weise verpflichtet zu sein; die Vorstellung einer gesellschaftlichen Ordnung, die dadurch legitimiert sei, dass sie der Tradition entstammt, als ob das Ancien régime beispielsweise schon deshalb legitimer sei als eine demokratische Ordnung, weil jenes auf eine tausendjährige Geschichte verweisen kann – all diese Bestimmungen verweisen auf die Sehnsucht des ‚konservativen Revolutionärs’ nach einem dem gesellschaftlichen Konsens und Konflikt enthobenen A priori der Gesellschaftsgestaltung, das es nur in die gegenwärtige Situation hinein autoritativ auszulegen und in die Sprache der Nicht-Eliten zu übersetzen gelte.

Das Doppelspiel der JF zieht seinen Sinn daraus, dass man realpolitisch auf eine Radikalisierung von relevanten politischen Strömungen in den bzw. im Umfeld der Unionsparteien und der FDP setzt und innerparteilichen Kritikern, Dissidenten und Abspaltungen eine Plattform bieten will, um ihre Positionen publik machen zu können. Andererseits eröffnet der Rückgriff auf die Konservative Revolution ein semantisches Feld, in dem der Horizont dessen, was gesagt werden darf, in Richtung einer fundamentaloppositionellen Position gegen die gesellschaftliche und politische Verfasstheit der Republik erweitert werden kann.

Im Folgenden soll das Doppelspiel der JF exemplarisch auf zwei Ebenen untersucht werden. Zum einen auf der Ebene der Netzwerke, in die die JF eingebunden ist; Netzwerke werden hier verstanden als eine Vielzahl relativ gefestigter und verstetigter Beziehungen zwischen Personen oder Organisationen, innerhalb derer bestimmte Personen oder Organisationen ‚Knotenpunkte’ bilden und eine für den Zusammenhalt der Netzwerke wichtige Funktion übernehmen. Die Hohmann-Affäre – Hohmann ist Förderer, Autor und Interviewpartner der JF – bietet die Möglichkeit, ein relevantes Segment des Beziehungsgeflechts, innerhalb dessen die JF angesiedelt ist, kennen zu lernen. Grundlage der Untersuchung ist die Solidaritätsanzeige für Hohmann vom 14.11.2003.

Zum zweiten geht es um die Ebene der Ideologie. Auch wenn die JF zum jungkonservativen Spektrum der sog. Neuen Rechteniii, so handelt es sich hier nicht um eine fest umrissene ideologische Position, eher um eine grobe strategische Orientierung. Wir müssen von einer Gemengelage ausgehen, in der sich jungkonservative, völkische, nationalrevolutionäre, rechtsliberale, national- und wertkonservative Ideologeme kreuzen, verbinden und auch wieder lösen können. Derartige Amalgamierungen lassen sich exemplarisch an der Unterstützerszene für Hohmann aufzeigen. Aber auch die Rede Hohmanns selbst, die abschließend untersucht werden soll, ist ja ein Versuch völkische, explizit nationalsozialistische, antisemitische und christlich-fundamentalistische Ideologeme miteinander zu verbinden. Die Rede zeigt deutlich die Erweiterung des Sagbarkeitshorizontes, wie sie im Umkreis der JF möglich wird.

2. Die „Junge Freiheit“ und die Unterstützerszene des „Appells für Hohmann“

Am Tag des Ausschlusses Martin Hohmanns aus der CDU/CSU-Fraktion durften die Abgeordneten frühmorgens eine Solidaritätsanzeige für Hohmann („Kritische Solidarität mit Martin Hohmann“, „Appell für Hohmann“) in der FAZ bzw. der SZ zur Kenntnis nehmen. Vielleicht hat den einen oder anderen die Lektüre bestärkt, gegen den Ausschluss zu stimmen oder sich zu enthalten.

2.1. Für den Außenstehenden erscheint die Liste der 25 Unterzeichner zunächst relativ nichtssagend. Selbstverständlich: Man kennt den Initiator Fritz Schenk, den langjährigen Co-Moderator und Redaktionsleiter des ZDF-Magazins, der dann bis zu seiner Pensionierung 1993 Chef vom Dienst der Chefredaktion des ZDF war. Man kennt Dr. Herbert Fleissner als Chef eines Verlagsimperiums, der schon in den 90er Jahren versuchte, mit der Förderung bestimmter Autoren (Rainer Zitelmann, Ulrich Schacht, Heimo Schwilk, Karlheinz Weißmann) die Grenzen des Sagbaren in der Berliner Republik auszutesten (vgl. Zitelmann/Weißmann/Großheim [Hg.] 1993; Schwilk/Schacht [Hg.] 1994). Und man kennt den ehemaligen CDU-Bürgermeister und Rechtsaußen der Partei Heinrich Lummer, der heute als Ehrenvorsitzender des Vereins „Die Deutschen Konservativen“ [DK] fungiert. Ansonsten aber scheinen mehr oder weniger einfache Mitglieder der CDU/CSU bzw. ihrer Vereinigungen (JU, RCDS, Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung) die Liste zu dominieren, sieht man einmal von dem niedersächsischen Landtagsabgeordneten Thorsten Thümler ab. Bei vier Unterzeichnern fehlen Angaben zur Parteizugehörigkeit. Zu Fabio Marquardt kann man nachtragen, dass er Fraktionsgeschäftsführer der CDU in Eppstein, dem Wahlkreis des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, ist (vgl. Frankfurter Neue Presse v. 17.11.2003).

2.2. Dieser erste Blick, der vom Bekanntheitsgrad ausgeht, täuscht. Bei mindestens 16 Personen lassen sich Bezüge zur JF feststellen. Erst unlängst mobilisierte die JF u.a. ihren langjährigen Förderer, Autor und Interviewpartner Hohmann (vgl. JF 41/2003), um Stimmung gegen eine Tagung des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes zur Neuen Rechten (8.10.2003) zu machen. Heinrich Lummer selbst ist ständiger Mitarbeiter der JF (lt. Impressum) und wird sicherlich nichts dagegen haben, wenn „Die Deutschen Konservativen“ (Vorsitzender: Werner Joachim Siegeristiv) in der jüngsten Ausgabe der JF mit einer ganzseitigen Anzeige den verstorbenen Erzbischof Dyba um „Mut und Kraft“ für Hohmann bitten.v Dr. Fleissner unterstützt die Zeitung regelmäßig mit Anzeigen zu seinem reichhaltigen Bücherangebot, während die JF sich mit Rezensionen revanchiert. Fritz Schenk wiederum schrieb in den Jahren 2001/02 häufig Artikel. Langjährige Autoren in den 90er Jahren waren Frank Liebermann (CDU Weingarten), Mitautor bei der publizistischen Missgeburt der so genannten `89er-Generation (vgl. Bubik [Hg.]1995), und Michael Oelmann, seines Zeichens Herausgeber des „Wirtschaftsblatt[s]. Das Standortmagazin für den Kreis Mettmann“. Auf Oelmanns Adresse und Fax-Nummer verweist der Solidaritätsappell potenzielle Unterstützer zur Kontaktaufnahme, für eine Internet-Version des Appells gab sich Oelmann als Initiator aus (vgl. NRZ v. 15.11.2003).

2.3. Unter den übrigen Personen fallen besonders zwei Gruppierungen ins Auge. Das Christlich-konservative Deutschland-Forum (CKDF), gegründet 1992, das heute nur noch über einige wenige Landesforen verfügt, ist mit mindestens zwei Personen, darunter ihrem ehemaligen kommissarischen Vorsitzenden, Superintendent i.R.. Woronowicz (1998-2001), vertreten. Woronowicz kommt aus der kirchlichen Opposition in der DDR, war bis 1993 Superintendent des Kirchenkreises Havelberg-Bad Wilsnack/Brandenburg und Ende der 90er Jahre Leiter der „Konferenz Bekennender Gemeinschaften“, der Dachorganisation der evangelischen Bekenntnisbewegung. In dieser Eigenschaft kritisierte er 1999 den evangelischen Kirchentag wegen der „grundsätzlichen Infragestellung der Judenmission“ (Idea Nr. 23 v. 9.6.1999).

Mitglied des Bundesvorstandes des CKDF und Pressesprecher war 2001 Andreas Schneider, der auch als Herausgeber eines Online-Magazins „Ostrakismos.net“ fungiert. In einem Rückblick auf die Geschichte des CKDF berichtet er, dass der Aufbau der Landesforen, d.h. die „Rekrutierung von Interessenten (…) über monatliche Kleinanzeigen in der Jungen Freiheit“ gelaufen sei. Der CDU-MdB Claus Jäger, 1993 aus der CDU ausgeschieden, Mitglied des ersten Bundessprecherrats, habe „das Deutschland-Forum in einer Presseerklärung als ‚freie Initiativgruppe innerhalb der Union’ [definiert]. Vor allem junge Parteimitglieder aus der Jungen Union und den sog. Leserkreisen der Jungen Freiheit“ hätten „aktiv am Zustandekommen dieser Initiative mitgewirkt“. Landessprecher des baden-württembergischen Landesforums war denn auch der (ehemalige) JF-Redakteur Roland Bubik, während in Hessen JF-Autor Frank Bötzkes den Landesvorsitz übernahm. Auch Heinrich Lummer mischte mit. Im September 1996 wird er zeitweilig stellvertretender Bundessprecher.

In Hessen, so berichtet Schneider weiter, nannte sich das dortige Landesforum Arbeitskreis Konservativer Christen (AKC), in dem Herbert Gassen eine zentrale Rolle spielte. 1998 wird er Stellvertreter von Woronowicz. Die engen Beziehungen Hohmanns zum AKC sind bekannt. Zu der im Internet lange Zeit einsehbaren Programmatik des AKC schrieb er ein Grußwort. Mittelweile hat der AKC seine Website eingestellt.

Enge Kontakte hatte das CKDF zu den „Christdemokraten für das Leben“ (CDL). Diese Organisation widmet sich aus christlich-fundamentalistischer Sicht dem ‚Lebensschutz’. Die Unterzeichnerin der Solidaritätsadresse für Hohmann, Odila Carbanje, ist die Landesvorsitzende in NRW und Schatzmeisterin im Bundesvorstand.

2.4. Die zweite wichtige Gruppierung ist der Bund der Selbständigen (BDS) in Nordrhein-Westfalen. Hohmann ist der stellvertretende Vorsitzende dieser mittelständischen Unternehmerorganisation in NRW und gewissermaßen ihr Lobbyist. Als Unterzeichner treten der Vorsitzende Hans-Peter Murmann und der Verleger Wolfgang Reschke (Aton-Verlag) in Erscheinung, letzterer in seiner Eigenschaft als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Freie Publizisten, Journalisten und Historiker im BDS. Diese Arbeitsgemeinschaft ist von besonderem Interesse in Hinblick auf die JF. Die sog. „Stimme der Mehrheit“ wurde im Mai 1997 ins Leben gerufen. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten neben Reschkevi, Herbert Fleissner (!) und Martin Hohmann die vormals ständigen JF-Mitarbeiter Prof. Klaus Hornung (CDU-Mitglied und bis vor kurzem Vorsitzender des Studienzentrums Weikersheim) und Prof. Hans-Helmuth Knütter (ebenfalls CDU-Mitglied und vermutlich wegen seiner bekannt gewordenen rechtsextremistischen Äußerungen ‚vorsichtshalber’ aus dem Impressum der JF genommen)vii sowie der langjährige JF-Autor Prof. Eberhard Hamer (Leiter des Mittelstandsinstituts Niedersachsen).

Weitere JF-Autoren aus dem Gründungskreis sind: Dr. Heiner Kappel (ehemals Vorsitzender des Bundes Freier Bürger, heute Deutsche Partei/Die Freiheitlichen), Uwe Greve (Landesvorsitzender der schleswig-holsteinischen Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung [OMV] in der CDU ), Hans-Jürgen Mahlitz (Chefredakteur Allgemeine Preußische Zeitung/Das Ostpreußenblatt), Prof. Erwin K. Scheuch, Alexander von Stahl (Generalbundesanwalt a.D. und Rechtsvertreter der JF im Streit mit dem NRW-Verfassungsschutz) und nicht zuletzt der eingangs erwähnte Historiker Karlheinz Weißmann, Leiter des „Instituts für Staatspolitik“ (IfS), das u.a. die neue Zeitschrift „Sezession“ herausgibt (vgl. Kellershohn 2003). Der Unterzeichner und JF-Autor Christian Vollradt, stellvertretender Vorsitzender der Paneuropa Jugend Niedersachsen/Bremen, schreibt in dieser Zeitschrift.

Als Interviewpartner der JF stellten sich aus dem Kreis der Gründungsmitglieder folgende Personen zur Verfügung: Herbert Fleissner, Dr. Heiner Kappel, Achim Rohde (FDP), Erwin K. Scheuch (griff in seinem letzten Interview den NRW-Verfassungsschutz an; vgl. JF 41/2003), Alexander v. Stahl, Erika Steinbach (Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, stellvertretende Vorsitzende der OMV) und Weißmann.

2.5. Von den weiteren Unterzeichnern sind noch erwähnenswert: der Burschenschaftler Dr. Eberhard Frohnecke, ehemals im Bundesvorstand des Bundes Freier Bürger; der Jurist F. Roland A. Richter, Autor in den Zeitschriften Criticón, Gegengift (eingestellt) und „eigentümlich frei“ (rechts-„libertäres“ Blättchen im Geiste des Mussolini-Verehrers Ludwig von Mises) und in den Sammelbänden Knütters (zusammen mit Stefan Winckler) „Handbuch des Linksextremismus“ (erschienen im Stocker-Verlag) und „Der Verfassungsschutz“ (erschienen bei Fleissner); der Verleger Dr. Ingo Resch, von dessen Verlag Publikationen z.B. von Christa Meves, Roland Baader und dem JF-Vorzeigegeneral Schultze-Rhondorfviii vertrieben werden; das Mitglied im Präsidium des Studienzentrums Weikersheim Lienhard Schmidt; der Geschäftsführer Heinrich F.J. Rathjen, Mitglied einer „Unabhängigen Bürgergemeinschaft“, die seit zwei Jahren in Achim Vortragsabende mit rechtsextremen Tönen (vgl. Achimer Kreisblatt v. 22.09.2003) veranstaltet. Der Rest ist wohl vor allem deswegen in die Liste der Unterzeichner aufgenommen worden, weil es sich zumeist um JU-Mitglieder handelt.

3. Symbiose von Unternehmertum und jungkonservativem „Geistkapital“

Geht man vom Gesamtbild der Solidaritätsadresse aus, wird deutlich, in welchem Ausmaß die JF mittlerweile kommunikativer Knotenpunkt von vielfältigen Bestrebungen geworden ist, das politische Koordinatensystem der Berliner Republik nach rechts zu verschieben. Karlheinz Weißmann hat beim ersten Sommerfest der JF (JF 28/2001) aus Anlass ihres 15jährigen Bestehens von einem ziemlich „bunten Haufen“ gesprochen, der da im Umkreis der JF agiere. An anderer Stelle (Weißmann 2000: 252) listet er auf: traditionelle Katholiken (s. Hohmann), Nationalprotestanten, konservative Ökologen, Rechtsliberale und Undogmatische, wobei sich unter diesem Titel offensichtlich die sog. Neue Rechte selbst verbirgt, hauptsächlich wohl die jungkonservativen Intellektuellen der JF und des Instituts für Staatspolitik einschließlich der dazu gehörenden Zeitschrift „Sezession“ und des dem Institut nahestehenden Verlages „Edition Antaios“.ix Wenn Weißmanns Kompagnon Götz Kubitschek neuerdings von einem „Binnenpluralismus“ redet (vgl. auch Institut für Staatspolitik 2003: 28), der in diesem ‚Lager’ herrsche, so scheint die gemeinsame Abgrenzung gegenüber der vielgescholtenen politischen Klasse zu einem identitätsstiftenden Moment geworden zu sein. Als positiver Bezugspunkt muss zumindest ein radikaler Nationalismus (‚Nationalisierung der Nation’) angesehen werden, der in seinen Grundzügen völkisch konturiert ist und andererseits auf einen autoritären Etatismus zielt. Die Rede Hohmanns vom 3. Oktober wirft darüber hinaus die Frage auf, inwieweit der traditionelle Antisemitismus bereits in die Selbstdefinition dieses ‚Lagers’ eingegangen ist.

Ein weiterer Aspekt ist bemerkenswert: Wenn die JF als kommunikativer Knotenpunkt betrachtet werden kann, in dem die von Weißmann aufgelisteten Strömungen sich in einem medialen Raum kreuzen, und während das Institut für Staatspolitik theoretisch an dem arbeitet, was Weißmann das „rechte Prinzip“ (Weißmann 2003) nennt, bietet der Bund der Selbständigen (NRW) eine gewichtige organisatorische Basis. Immerhin soll diese mittelständische Interessenorganisation an die 90.000 Mitglieder haben, auch wenn man davon ausgehen kann, dass viele einfache Mitglieder sich wenig um die Verbandspolitik kümmern werden, bzw. die ideologischen Feinheiten der von der Verbandsführung vertretenen Position nicht verstehen oder nicht verstehen wollen. Ein Blick auf die (mittlerweile ‚gesäuberte’) Website (www.bds-nrw.de) legt nämlich folgenden Gedankengang nahe:

Der BDS-NRW versteht sich als Lobby-Organisation für den selbständigen Mittelstand, dessen Interessen gegen „Gewerkschaften und Großindustrie“ sowie gegen „das Machtmonopol der Bürokraten“ zur Geltung gebracht werden sollen. Man fordert: „Abbau steuerlicher Diskriminierungen, Entlastung der Wirtschaft durch Deregulierung und Entbürokratisierung, Verstärkung der Fusionskontrolle; Privatisierung staatlicher Regiebetriebe, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, Verbesserung der Abschreibungsbedingungen, Bekämpfung des Sozialbetrugs“. Insgesamt ein marktradikales Programm, mit dem man sich aber – und das ist das Besondere – in die ‚Mitte’ zwischen die ‚feindlichen Brüder’ Gewerkschaften und Großkapital projiziert, um diesen den Staat als ‚Beute’ streitig zu machen: den Gewerkschaften, insofern sie am Staat als Sozialstaat festhalten wollen, und der Großindustrie, insofern diese in der Weltmarktkonkurrenz staatlicherseits unterstützt wird. Freilich: die Gemeinsamkeiten mit Forderungen des Großkapitals sind nicht zu übersehen; der Bezug auf die Gewerkschaften bzw. die Großindustrie ist daher nicht symmetrisch, sondern asymmetrisch. Anders ausgedrückt: der Hauptangriffspunkt sind die Gewerkschaften, das „Machtmonopol der Bürokraten“, soweit diese den Sozialstaat exekutieren, und das „Linkskartell innerhalb der ‚schreibenden Zunft’“, insofern dieses den gesellschaftlichen Status quo verteidigt.

Diese Denkfigur legt Mentalitätsbestände offen, die an ein in den Mittelklassen der Weimarer Republik weit verbreitetes Einstellungssyndrom erinnern: das Gefühl nämlich, von allen Seiten benachteiligt und bedroht zu sein, und die Sehnsucht nach einer Lösung jenseits des damaligen gesellschaftlichen und politischen Systems. War damals die Flucht in den Nationalen Sozialismus der ‚Lösungsweg’ (vgl. Winkler 1991: 38-51), so bedient man sich heute der neoliberalen Ideologie, um die Radikalkritik des Sozialstaats und das Ringen um neue ‚Beute’ zu legitimieren. Pure Interessenpolitik also, die genau für sich in Anspruch nimmt, was man dem ‚Gegner’ vorwirft.

Man könnte meinen: Eine ziemlich verquere ideologische Position! Denn wer Interessen artikuliert, ist in einem trotz aller Einschränkungen noch sozial- und rechtsstaatlich regulierten kapitalistischen System auf Konsenspolitik angewiesen, eine Konsenspolitik, von der der BDS allerdings behauptet, dass sie „zu Lasten des selbständigen Mittelstandes“ gehe. Das ist in der Tat ein Problem für Ideologen: Wie kann man Interessen vertreten und zugleich das demokratische Prozedere der Konsensfindung vom Ergebnis her in Frage stellen? Wie kann man der „klassischen Mittelstandpolitik“ eine größere gesellschaftliche Durchschlagskraft verleihen?

Hier kommt nun die „Stimme der Mehrheit“ ins Spiel. Auf der Website des BDS heißt es:

Um die Fähigkeiten des Unternehmertums mit denen des sog.‚Geistkapitals´ zu einer Symbiose zu vereinen, wurde unter dem organisatorischen Dach des BDS die Arbeitsgemeinschaft Stimme der Mehrheit ins Leben gerufen. In ihr sind wertkonservative und liberale Publizisten zusammen gefasst, die vor allem gesellschaftspolitische Anliegen des selbständigen Mittelstandes in die Öffentlichkeit transportieren.“

Um welche Publizisten es sich handelt, haben wir gesehen. Die „gesellschaftspolitischen Anliegen“ erläutert der Ehrenvorsitzende Willi Peter Sick an anderer Stelle. In seinem Vorwort zu der Gemeinschaftspublikation „Kurswechsel. Stimme der Mehrheit“ (Schäfer [Hg.] 1998: 7f.) wendet er sich gegen den Regierungswechsel und die Hinterhältigkeit der „Linkskräfte“. Diese würden „ihre Herrschaft neu […] installieren, ohne dabei die diskreditierten Begriffe wie Kommunismus und Sozialismus noch weiter zu strapazieren.“ Er kritisiert die angebliche Verwechslung von Gleichheit mit Gleichmacherei in Deutschland, die Umdeutung von sozialer Gerechtigkeit als „Umschreibung für die Gleichstellung der Faulen zu Lasten der Schaffenden“, die „ Zerstörung des Geistes durch einen Alibimoralismus“, i.e. die sog. Politische Korrektheit. Die Erinnerung an das nationalsozialistische Regime und seine Verbrechen werde von „Betroffenheitsapologeten“ dominiert. Historiker, die sich außerhalb des Mainstreams stellten, würden mit der „volle[n] Härte der Faschismuskeule“ bzw. mit dem „Kainsmal des Revanchisten und Aufrechners“ bedroht. Und er schließt:

Wenn wir nicht hellwach sind und dieser pervertierenden Ideologie entgegentreten, dann ist es nur eine Frage der Zeit, wann neben der Einschränkung der geistigen Freiheit auch die unternehmerische Freiheit zur Disposition gestellt wird.“

Anders ausgedrückt: Die Sicherung der „unternehmerischen Freiheit“ setzt den Kampf gegen den verschwiegenen Sozialismus des bundesrepublikanischen Sozialstaates voraus, der im Namen eines von den „Schatten der Vergangenheit“ befreiten Nationalbewusstseins geführt werden müsse. Das liberale und wertkonservative „Geistkapital“, die „Stimme der Mehrheit“ sei hier gefordert: Es stehe für „Tugenden wie Disziplin, Fleiß, Strebsamkeit, Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit und Patriotismus“.

4. „Gerechtigkeit für Deutschland“ – Die Hohmann-Rede

Diese Einschreibung von besonderen Interessen des selbständigen Mittelstandes in das nationale Interesse bzw. deren Überhöhung durch die Berufung auf die Nation muss bei den Machern der JF auf heiße Gegenliebe stoßen. Nation, nationale Identität, nationales Interesse sind heilige Worte, wenn sie aus ihrem Munde kommen, als ob sie von ihnen erfunden oder erstmals gedacht worden wären. Man begreift sich zweifellos als Experte in Sachen Nation und behält sich vor, wie Dieter Stein, „paradigmatisch“ (JF 47/2001) von Nation zu sprechen, wenn andere, z.B. die offizielle Regierungspolitik, noch „nationsvergessen“ Politik betrieben. Dass freilich über Nation nicht anders als von einem besonderen Standpunkt gesprochen werden kann, der sich in einem demokratischen System dem Prinzip der Mehrheitsbildung und des Konsens unterwerfen muss, stört nur das Verständnis von Nation, wie es in der JF gepflegt wird. Man redet weniger von den gesellschaftlichen Interessen, die man selber verfolgt, als vielmehr von solchen Abstraktionen wie „Volk“ und „Gemeinschaft“, die man gleichwohl als Entitäten begreift und in deren Namen man gegen die Parteiendemokratie polemisiert und die man gegen den demokratischen Staat und den Pluralismus der gesellschaftlichen Interessen in Stellung bringt.

Zeugnis eines derartigen völkischen Nationalismus ist die Rede des Förderers, Autors und Interviewpartners der JF, Martin Hohmann, vom 3. Oktober 2003.x Es soll hier abschließend nicht nur auf die antisemitische Argumentation als solche eingegangen werden, sondern auch auf den funktionalen Zusammenhang, in dem diese steht und der in den kritischen Kommentaren häufig nur am Rande erwähnt wird, weil der Schwerpunkt der Kritik auf Hohmanns Spiel mit dem Begriff „Tätervolk“ liegt. Die Frage ist freilich, warum sich Hohmann überhaupt in eine antisemitische Argumentation hinein begibt. Die Formel „Gerechtigkeit für Deutschland“ bezieht sich nämlich zunächst, unabhängig von der Intention Hohmann, die deutsche Nation von einem „negativen Mythos“ (JF 47/2003) zu befreien, auf das Verhältnis der Bürger zu Deutschland als „Gemeinschaft“ (analog: „unser Volk“, „unser Land“) bzw. des deutschen Staates zu seinen Bürgern. Während er im ersten Fall eine mangelnde „Gemeinschaftsbezogenheit“ festzustellen glaubt, beklagt er im zweiten Fall eine „Gerechtigkeitslücke“.

Der Mangel an „Wir-Denken“xi erläutert Hohmann eingangs an einigen spektakulären Fällen, „in denen der gewährende deutsche Sozialstaat oder der viele Rechtswege eröffnende Rechtsstaat gnadenlos ausgenutzt werden“. Hohmann, stellvertretender Vorsitzender des BDS-NRW, reproduziert hier die oben angesprochene Sozialstaatskritik, indem er das Zusammenwirken einer bestimmten institutionellen Verfasstheit des Sozial- und Rechtsstaats, „wohlmeinende[n] Sozialpolitiker[n] aller Couleur“ und individuellem Fehlverhalten betont. Dabei scheut er sich nicht, die – wie er sich ausdrückt – „früher“ gebräuchliche Charakterisierung der „Sozialbetrüger“ (BDS) als „Schmarotzer“ in seine Rede einzufügen, dessen antisemitische Verwendung in Hitlers „Mein Kampf“ (Hitler 1941: 334) auch Hohmann geläufig sein sollte. Ob die Verwendung dieses Schmähwortes auch heute noch angebracht sein könnte, lässt Hohmann offen.

Von der Registrierung individuellen Fehlverhaltens, wozu das Sozialstaatssystem gewissermaßen anleitet, gelangt Hohmann zu einem Generalverdacht: In Deutschland würden allgemein das „individuelle Anspruchsdenken“ und die „Rechte des Einzelnen groß heraus-, die Pflichten des Einzelnen aber hintangestellt.“ Und mit einer anschließenden rhetorischen Frage lässt er seine Skepsis durchblicken, inwieweit „viele Menschen in Deutschland […] nicht nur eigennützig, sondern auch gemeinschaftsnützig“ (Hervorhebung d. Verf.) zu handeln beabsichtigten, inwieweit „sie der Gemeinschaft nützen, […] unser Land voranbringen“ wollten. Die Wortschöpfung „gemeinschaftsnützig“ substituiert den im NSDAP-Parteiprogramm von 1920 gebrauchten Begriff „Gemeinnutz“ (Feder 1932: 22) und vermeidet durch die scheinbar ausgewogene Gegenüberstellung von Eigennützigkeit und ‚Gemeinschaftsnützigkeit’ die NS-Hierarchisierung von Gemeinnutz und Eigennutz („Gemeinnutz vor Eigennutz“). Dennoch ist die Funktion dieselbe.

Hohmanns „Wir-Denken“ implementiert nämlich, seine zuvor geäußerte Skepsis fallen lassend, eine binäre Gegenüberstellung von ‚deutsch’ und ‚undeutsch’, die für den völkischen Nationalismus und speziell auch für das NSDAP-Parteiprogramm strukturierend wirkt: Auf der Positivseite stehen „wir“ Deutsche, die „normale[n] Deutsche[n]“, die ihre „staatsbürgerlichen Pflichten“ erfüllen, „hart“ und „fleißig“ arbeiten und Kinder großziehen; auf der anderen, der negativen Seite die Sozialhilfe empfangenden„Schmarotzer“, die „erfolglose[n] Manager“, die „sich Abfindungen in zweistelligem Millionenbereich auszahlen lassen“ und die selbstverschuldet Arbeitslosen, um diejenigen ‚undeutschen’ Feindgruppen zu benennen, die in der Rede eingangs auftauchen.

Ist solchermaßen das homogene Kollektiv der Deutschen, das keine Interessengegensätze mehr kennt, konstruiert, kann sich Hohmann nunmehr der erwähnten „Gerechtigkeitslücke“ zuwenden. Es geht darum, wie der „eigene[] Staat“ seine Staatsbürger behandelt. Dieses Thema wird im Kontext des derzeitigen „Sparkurs[es]“ unter dem Aspekt ‚soziale Gerechtigkeit’ thematisiert. Nicht so bei Hohmann. Er verschiebt das Problem des sozialen Interessenausgleichs auf die Ebene des Gegensatzes von Deutschen und Nicht-Deutschen. Er habe nämlich den Verdacht, „daß man als Deutscher in Deutschland keine Vorzugsbehandlung“, nämlich gegenüber Ausländern, genieße. Eine absurde Formulierung, die eine „Vorzugsbehandlung“ nicht mehr mit dem sozialen Status in Verbindung bringen will, sondern mit einer angeblichen Bevorzugung von Ausländern durch die derzeitige Regierung. Folglich braucht er das Thema „Vorzugsbehandlung“ und soziale Gerechtigkeit auch nicht an den programmatischen Forderungen des BDS zu überprüfen.

Hohmann versucht im Weiteren die „Gerechtigkeitslücke“ anhand seiner Anfragen an die Bundesregierung zu verdeutlichen. Es mache ihn „nachdenklich“, dass die Bundesregierung nicht seinem Vorschlag folgen wolle, „angesichts der Wirtschaftsentwicklung und des Rückgangs der Steuereinnahmen […] ihre Zahlungen an die Europäische Union zu verringern“, auch für deutsche Zwangsarbeiter eine monetäre „Genugtuung“ einzufordern und die Entschädigungszahlungen „an – vor allem jüdische – Opfer des Nationalsozialismus“ nach unten zu korrigieren. Er sieht darob seinen Verdacht, von dem er unterstellt, dass er von vielen geteilt werde, bestätigt:

Erst kommen die anderen, dann wir. Überspitzt gesagt: Hauptsache, die deutschen Zahlungen gehen auf Auslandskonten pünktlich und ungeschmälert ein. Dafür müssen die Deutschen den Gürtel noch ein wenig enger schnallen.“

Um diese Ungerechtigkeit, nicht die, die mit dem derzeitigen „Sparkurs“ verbunden sein könnte, zu beseitigen, verlangt Hohmann nach einem neuen Konsens, der angeblich „in vielen anderen Ländern der Welt“ akzeptiert sei: „Der eigene Staat muß in erster Linie für die eigenen Staatsbürger da sein.“ Ein Satz, der den Geist und fast den Wortlaut des NSDAP-Parteiprogramms wiedergibt. In Punkt 7 des Programms wird gefordert, „daß sich der Staat verpflichtet, in erster Linie für die Erwerbs- und Lebensmöglichkeiten der Staatsbürger zu sorgen.“ Und Gottfried Feder schreibt im parteioffiziellen Kommentar: „Die Rechte und Interessen der Deutschen gehen vor denen der Angehörigen fremder Völker“ (Feder 1932: 45). Darüber hinaus knüpft Hohmann hier an die Parole des Front National von der préférence nationale und die Parole Eigen volk eerts des neorassistischen und separatistischen Vlaams Blok an. Und auf der Website der baden-württembergischen Republikaner heißt es ganz im Geiste Hohmanns:

Die Aussagen ‚Deutsche Interessen zuerst!’ oder ‚Kriminelle Ausländer raus!’ werden von den etablierten Parteien als ausländerfeindlich hingestellt. Diese Forderungen sind aber in jedem anderen Land auf dieser Erde selbstverständlich – nur in Deutschland nicht!!“

Man sieht hier deutlich, in welchem gedanklichen Kontext sich Hohmann bewegt. Seine Frage, die dann zu dem im engeren Sinne antisemitischen Teil der Rede überleitet, geht dahin, warum das „Deutschland zuerst“ nicht Maßstab deutscher Politik sei. Die Antwort sucht Hohmann in der „negativen Vergangenheitsbezogenheit“ der Deutschen zu ihrer Geschichte, eine Wortwahl, die deutlich macht, dass hier der Schlüssel zu suchen sei, um die mangelnde „Gemeinschaftsbezogenheit“ erklären zu können. „Schwere Sorgen“ mache „eine allgegenwärtige Mutzerstörung im nationalen Selbstbewusstsein, die durch Hitlers Nachwirkungen ausgelöst“xii worden sei: „Das durch ihn ausgelöste Verbrechen der industrialisierten Vernichtung von Menschen, besonders der europäischen Juden, lastet auf der deutschen Geschichte.“ Von dieser Last, die bezeichnenderweise personalisierend auf das „Phänomen Hitler“ zurückgeführt wird, behauptet Hohmann, dass sie „fast zu einer neuen Selbstdefinition der Deutschen“ geführt habe, indem man den Fremdvorwurf, die Deutschen seien das „Tätervolk“ schlechthin, in das nationale Selbstverständnis aufgenommen habe. Schuld an diesem, aus der Sicht Hohmanns pathologischen Vorgang hätten „die zur Zeit in Deutschland dominierende politische Klasse“, also doch wohl auch die Unionsparteien, und die Wissenschaft, die sich geradezu mit „neurotischem Eifer“ den „winzigsten Verästelungen der NS-Zeit“ forschend zuwende, und nicht zuletzt die „Entlarver“-Generation der 68er.

Der Destruktion des Verdikts vom „Tätervolk“ widmet Hohmann seine weiteren Ausführungen. Er verfährt zunächst ganz im Sinne eines sekundären Antisemitismus (vgl. dazu Rensmann 1998: 231ff.). Dieser leugnet nicht den Holocaust, sondern versucht seine moralisch verpflichtende Bedeutung für die politische Kultur der Bundesrepublik Deutschland zu relativieren.xiii So heißt es in der Rede z.B.

  • auch Deutsche seien im letzten Jahrhundert Opfer fremder Gewalt geworden“ (Täter-Opfer-Umkehr)

  • andere Nationen, wie z.B. Frankreich, würden doch auch „die dunklen Seiten ihrer Geschichte“, etwa die Französische Revolution, einer „gnädige[n] Neubetrachtung und Umdeutung“ unterwerfen (Schuldabwehr durch Normalisierung)

  • Der Rest der Welt hat sich […] in der Rolle der Unschuldslämmer – jedenfalls der relativen Unschuldslämmer – bestens eingerichtet“ (Vorwurf der Heuchelei)

Als Hauptargument jedoch, ausführlichst entwickelt, dient Hohmann die hypothetische Umkehr des „Tätervolk“-Vorwurfs gegen „die“ Juden selbst. Ausgehend von Henry Fords klassischem antisemitischem Werk „The International Jew“xiv fragt Hohmann nach der Stichhaltigkeit der von Ford behaupteten „’Wesensgleichheit’ von Judentum und Kommunismus bzw. Bolschewismus“. Eine These, so Hohmann, „die für unsere Ohren der NS-Propaganda vom ‚jüdischen Bolschewismus’ ähneln“ würde. Obwohl er von vornherein ein „angeblich“ hinter der von Ford unterstellten „Wesensgleichheit“ referiert Hohmann in einem längeren Exkurs zahlreiche ‚Fakten’, deren Eigengewicht zweifellos dem Hörer nahe legen sollen, dass Fords These doch einen reellen Kern hat. Aufgelistet werden: Die personelle Zusammensetzung der bolschewistischen Führungsorgane (Politbüro, Zentralkomitee), die „jüdischen Anteile“ bei der sowjetischen Geheimpolizei (Tscheka), die jüdischen Verantwortlichen für die Ermordung des Zaren, die Niederschlagung des ukrainischen Wiederstandes „unter maßgeblicher Beteiligung jüdischer Tschekisten“. Hohmann präsentiert Opferzahlen, die weit über denen liegen, die mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht werden. Er kommt insgesamt zu dem Schluss: „Daher könnte man Juden mit einiger Berechtigung als ‚Tätervolk’ bezeichnen. Das mag erschreckend klingen. Es würde aber der gleichen Logik folgen, mit der man Deutsche als Tätervolk bezeichnet.“

Selbstverständlich muss Hohmann hier den Konjunktiv gebrauchen: zum einen, um den Antisemitismus-Vorwurf gegen seine Rede zu unterlaufen; zum anderen will er ja den „Tätervolk“-Vorwurf gegen „die“ Deutschen destruieren. Nachdem er ihn gegenüber dem jüdischen Bolschewismus als nicht ganz abwegig („mit einiger Berechtigung“) bewertet hat, so dass Fords These und die NS-Propaganda nachträglich den Status der Diskussionswürdigkeit erhalten, eröffnet der Gebrauch des Konjunktiv („könnte“) den Wechsel der Perspektive durch die Einführung einer Differenzierung. Die jüdischen Bolschewisten seien zwar „nach Herkunft und Erziehung“ Juden gewesen, „von ihrer Weltanschauung her aber meist glühende Hasser jeglicher Religion.“ Religiöse Juden seien dagegen durch den Bolschewismus verfolgt worden. Diese Differenzierung produziert in der Rede mehrere Effekte:

Erstens: Der Vorwurf des „Tätervolks“ kann, so Hohmann, auf die Juden nicht angewandt werden, umgekehrt aber auch nicht auf die Deutschen; denn das Differenzkriterium Religiosität bzw. Gottlosigkeit trifft auch auf das Dritte Reich zu: auch die Nationalsozialisten seien gottlos gewesen, genauso wie die Bolschewisten. Folglich kann über die Binäropposition religiös/gottlos die totalitarismustheoretische Gleichsetzung von Nationalsozialismus und Bolschewismus vollzogen und in eine neue Täterkonstruktion einbezogen werden: „Die Gottlosen mit ihren gottlosen Ideologien, sie waren das Tätervolk des letzten, blutigen Jahrhunderts.“

Zweitens: Die These Hohmanns errichtet eine „Sichtschutzblende“ gegenüber früheren blutigen Jahrhunderten, in denen Kreuzzüge, Inquisition, Hexenverfolgung usw. im Namen Gottes betrieben wurden. Und sie deckt über den christlichen Antisemitismus als Motiv für die Identifikation von Christen mit dem Nationalsozialismus (vgl. z.B. Meier 2001; Gross 2000) und die Transformation christlicher Symbolik in die ‚politische Religion’ des Nationalsozialismus (vgl. Bärsch 2002) den Mantel des Schweigens. Die klare Trennung von Frommen und Gottlosen entspricht christlich-fundamentalistischem Denken und zeugt von einem apokalyptischen Grundton. Darüber hinaus bewahrt sie zentrale Elemente des christlichen Antisemitismus (Gottesmord-Vorwurf) auf. Und nicht unerwähnt bleiben sollte, dass in der völkischen Ideologie „den“ Juden generell echte Religiosität schlichtweg abgesprochen wird (vgl. Hitler 1941: 165, 334).

Drittens: Hohmann plädiert für eine „Rückbesinnung auf unsere religiösen Wurzeln und Bindungen“; die Abgrenzung gegen die Gottlosen geht damit selbstverständlich in das völkische „Wir-Denken“ ein. Völkisches und christlich-fundamentalistisches Denken vermischen sich. Übertragen auf Europa wird denn auch mit antiislamischen Zungenschlag gefordert, „daß wir den Gottesbezug in die europäische Verfassung aufnehmen“ sollten.

Viertens: Wenn Hohmann den „Tätervolk“-Vorwurf destruieren will, so gilt das keineswegs, wie schon angedeutet, für das Zentralstück der NS-Propaganda, die Formel vom „Jüdischen Bolschewismus“. Die bewusst mit zahlreichen Fakten bestückte Darstellung will ja gerade nachweisen, „wie stark und nachhaltig Juden die revolutionäre Bewegung in Russland“ geprägt hätten. Hohmann weitet sogar das Untersuchungsfeld aus, indem er generell die Vordenker und Leitfiguren des Sozialismus wie Karl Marx und Rosa Luxemburg usw. auf ihre jüdischen ‚Wurzeln’ befragt. Die Führungspersönlichkeiten der Münchner Räterepublik wie „Kurt Eisner, Eugen Leviné, Tobias Achselrod“ werden nach demselben Muster beäugt.xv Die Schlussfolgerung überlässt Hohmann dem „Jude[n] Felix Teilhaber (…): ‚Der Sozialismus ist eine jüdische Idee […] Jahrtausende predigten unsere Weisen den Sozialismus’.“ Damit werde „auch ausgedrückt, daß an der Wiege des Kommunismus und Sozialismus jüdische Denker“ gestanden hätten. Auf das Diffamierungspotential, das in der wechselseitigen Verstärkung von Antisemitismus und Antisozialismus/-kommunismus liegt, möchte Hohmann offensichtlich nicht verzichten.

5. Zusammenfassung

Die JF hat sich in ihrer Berichterstattung und Kommentaren an die Seite Hohmanns gestellt. Doris Neujahr (i.e. Thorsten Hinz) schrieb: „Der ‚Fall Hohmann’ zeigt, wie weit wir von der Normalität entfernt sind“ (JF 46/2003). Man darf gespannt sein, welche erstrebenswerte „Normalität“ ihr bzw. der JF vorschwebt. Geht man jedenfalls von Hohmanns Rede aus, so kann man zusammenfassend folgende Gedankenkette als Substrat seiner Argumentation ausmachen: Die derzeitige Krise des Sozial- und Rechtsstaates ist Ausdruck der mangelnden „Gemeinschaftsbezogenheit“ der Bürger, die staatlicherseits durch die politische Klasse gefördert wird. Ein „Wir-Denken“ sollte an die Stelle „individuellen Anspruchsdenkens“ treten. Der radikale Abbau des Sozialstaates im neoliberalen Sinne (siehe die Forderungen des BDS) sollte einhergehen mit dem Aufbau einer Volksgemeinschaft, für die das „Deutschland zuerst“ und damit die Abgrenzung gegen alles „Un- und Nichtdeutsche“ aller erste Priorität hat. Leider scheitert der Aufbau einer Volksgemeinschaft bis dato an der „negativen Vergangenheitsbezogenheit“ der Deutschen. Die pathologische Fixierung auf die Rolle als „Tätervolk“ muss überwunden werden, und zwar durch die Externalisierung dieses Vorwurfs auf die sog. „Gottlosen“, verkörpert durch den irreligiösen Nationalsozialismus und Bolschewismus. Deutschland und Europa sollten sich in Zukunft auf ihre „religiösen Wurzeln und Bindungen“ besinnen, um weitere „Katastrophen“ zu verhindern. „Die“ Juden seien zwar kein „Tätervolk“, aber der Anteil der „gottlosen“ Juden an den Verbrechen des Bolschewismus und der unheilvollen Idee des Sozialismus/Kommunismus sollte zu denken geben und Gegenstand weiterer Erörterungen werden. Denn, so Doris Neujahr: „Wir alle haben Lücken im Geschichtsbild. Solche Lücken lassen sich füllen. Aber nicht durch Geschrei und Prozesse, sondern in offener, streitbarer Rede.“

Hohmann kombiniert neoliberale, völkisch-nationalistische, antisemitische, nationalsozialistische und christlich-fundamentalistische Ideologeme. Er arbeitet, wenn man so will, an einem ideologischen Block, der in der Lage ist, die vorhandenen Netzwerkstrukturen, die im ersten Teil ausschnittweise vorgestellt wurde, ideologisch zu stabilisieren und die Konsensbildung im Pluralismus der Rechten zu fördern. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Debatte um den Ausschluss Hohmanns aus der CDU von Vorteil, weil sie mit Solidarisierungseffekten einhergeht. Dieter Stein, Chefredakteur der JF, hat die Stoßrichtung der mit der Solidaritätsanzeige eingeleiteten Kampagne gegen die Parteiführung so umschrieben (JF 47/2003). Er kritisiert, dass es der CDU bisher

nicht gelungen [sei], eine anhaltende Auseinandersetzung in einer kontroversen Grundsatzfrage gegen die Medien, gegen den politischen Gegner durchzustehen, wenn der Vorwurf ‚rechtsradikaler Tendenzen’ im Raum stand.

Die Union ist überhaupt für geschichtspolitische und geistige Auseinandersetzungen nicht gewappnet. Sie überlässt dieses Feld dem Gegner, einer ‚kritischen Öffentlichkeit’ in den Medien. Sie verfügt über keine Historische Kommission, sie setzt sich nicht mit Begriffsdefinitionen auseinander, sie unterwirft sich im Zweifel, bevor es zum Konflikt kommt – kurz, sie ist ein Abgrund des Opportunismus.“

Literatur

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i Zu Geschichte, Personal und Ideologie der JF vgl. Kellershohn (Hg.) 1994; Junge/Naumann/Stark 1997; Frey 1999; Krebs 1999; Ruoff 2001; Brauner-Orthen 2001; Dietzsch/Jäger/Kellershohn/Jäger/Schobert 2003. In den letzten Jahren wurde die JF von zwei Verfassungsschutzämtern (NRW, Baden-Württemberg) beobachtet und in deren Verfassungsschutzberichten erwähnt: vgl. Innenministerium des Landes NRW (Hg.) 2003.

ii Diese Formulierung Weißmanns verweist auf Rainer Zitelmanns stilbildende Konzeption einer „Neuen Demokratischen Rechten“, mit der Zitelmann in den 90er Jahren versuchte, das politische Koordinatensystem der Berliner Republik nach rechts zu verschieben (vgl. Zitelmann 1994: 183-203).

iii Zur näheren Begründung vgl. Kellershohn 1994; zur Diskussion um die Neue Rechte vgl. Gessenharter/Fröchling (Hg.) 1998; im Umfeld der JF wird neuerdings die JF als „volkskonservative Strömung“ der Neuen Rechten qualifiziert, in Erinnerung an die in der Weimarer Republik von der DNVP abgespaltenen Volkskonservativen („Volkskonservative Reichsvereinigung“, „Konservative Volkspartei“). Die Etikettierung dient ua. Dem Versuch, den elitären Anspruch, der mit dem Jungkonservatismus in Verbindung gebracht wird, zu mildern und stärker völkische Elemente zu betonen (Institut f. Staatspolitik 20003: 14ff. und Anm. 36)

iv Zu Siegerist vgl. Grumke/Wagner (Hg.) 2002: „Wegen Volksverhetzung wurde er 1997 vom Hamburger Landgericht zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten sowie einem Bußgeld in Höhe von 24.000 DM verurteilt.“ (S. 332)

v „Darum sollten wir Erzbischof Dyba im Gebet bitten: (1) Gib Martin Hohmann Kraft in diesen schweren Stumden; (2) Gib M.H. Mut und Standfestigkeit; (3) Schütze M.H.’s Familie; (4) Laß M.H. nicht verzweifeln; (5) Gib M.H. die Fackel, mit der er einem von Verwirrung bedrohten Volk den richtigen Weg weisen kann, auch der CDU/CSU – zur Not auch gegen sie.“ (Hervorh. d. Verf.) Diesem blasphemischen ‚Gebet’ entsprechend heißt es dann auf der Website der DK: „Frau Merkel ist ein Unglück für die gesamte CDU/CSU“ (vgl. Treitschkes „Die Juden sind unser Unglück“).

vi In Reschkes Aton-Verlag wurden, wie auch in Fleissners Universitas-Verlag, mehrere Gemeinschaftspublikationen der „Stimme der Mehrheit“ veröffentlicht, in denen mehrere Unterzeichner Aufsätze veröffentlichten, darunter Andreas Schneider, Lienhard Schmidt und Dr. Ingo Resch. Auch Martin Hohmann publizierte in diesem Verlag.

vii Zu Knütters und Hornungs Kontakte in die rechtsextreme Szene vgl. Dietzsch/Jäger/Kellershohn/Schobert 2003: 47, 205

viii Zu Schultze-Rhondorfs revisionistischem Machwerk „1939. Der Krieg, der viele Väter hatte“, München 2003 vgl. die Rezension von Christian Hartmann in: FAZ v. 26.11.2003.

ix Zu diesem Zusammenhang vgl. Kellershohn 2003: 75-94; Martin Hohmann nahm an der 2. Sommerakademie des Instituts für Staatspolitik (Sept. 2001) teil.

x Im Folgenden zitiert nach der Fassung, die Anfang November auf der Hompage der Neuhofer CDU zu finden war. Die JF hat die Rede, um einige sprachliche Patzer Hohmanns bereinigt, dokumentiert (vgl. JF 46/2003).

xi Der Begriff wird des öfteren von Götz Kubitschek gebraucht, so in: Sezession, H. 3/2003, S. 44; ähnlich in JF 17/2003: „Die Nation als Schicksalsgemeinschaft zu verstehen, setzt voraus, daß ein ‚Wir’ im Bewußtsein jedes einzelnen verankert ist. Die Bundesrepublik hat es insgesamt versäumt, dieses ‚ Wir’ zu bestimmen und vom ‚Nicht-Wir’. Die deutsche Nation weist deshalb alle pathologischen Merkmale einer Person mit gespaltenem Bewußtsein auf.“

xii Anspielung an den Titel des Sammelbandes von Schwilk/Schacht 1994: „Die selbstbewusste Nation“.

xiii Alexander Ruoff hat in einer ausführlichen Untersuchung die Relativierungstechniken, derer sich die JF bedient, vorgestellt (Ruoff 2001: 103ff.)

xiv Das Buch von Ford erschien zuerst 1920. Ein Jahr später brachte der antisemitische Hammer-Verlag die erste deutsche Übersetzung heraus. Eine ausführliche Untersuchung der Literatur, aus der Hohmann seine Kenntnisse zieht, findet sich bei Schobert 2003. Eine Hauptquelle Hohmanns stellt das Buch von Johannes Rogalla von Bieberstein über den „Jüdischen Bolschewismus“ dar, das – nicht verwunderlich – in der „Edition Antaios“ (Verleger: Götz Kubitschek) erschienen ist (vgl. Rogalla von Bieberstein 2003)

xv Hohmann erwähnt zwar in diesem Zusammenhang „die Ende April 1919 von Rotgardisten durchgeführte Erschießung von sieben Mitgliedern der ‚Thule-Gesellschaft’, die in enger Verbindung zur späteren NSDAP stand“, über den „weißen“ Terror schweigt er sich dagegen aus. Kurt Eisner hatte im übrigen weder mit der ersten noch mit der zweiten Räterepublik in München etwas zu tun. Er wurde als Ministerpräsident des republikanischen „Freistaats Bayerns“ von Graf Arco-Valley ermordet. Der Graf, „bayerischer Aristokrat, Student und Mitglied der katholischen Studentenverbindung Rhaetia“ war kurz zuvor aus der Thule-Gesellschaft ausgeschlossen worden: wegen „nicht rein arischer Abstammung“! (Wilhelm 1989, S. 62)