100 Jahre erster Weltkrieg

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 – 40 Jahre diskursive Kämpfe um Kriegsdenkmäler. Von Robin Heun.

Erschienen in DISS-Journal 27 (2014)

Dass Kunst im öffentlichen Raum in Form von Skulpturen und Denkmälern für hitzige Debatten sorgen kann, ist allgemein bekannt. So war zum Beispiel in Duisburg die berühmte Plastik „Die Kniende“ von Wilhelm Lehmbruck in den späten 1920er Jahren massiven publizistischen und vandalistischen Attacken ausgesetzt. Mit dem Ende der NS-Herrschaft erfolgte dann die Anerkennung von Lehmbrucks Werken und Wirken. Doch auch aktuell gibt es in Duisburg Streitigkeiten um Denkmäler. Eine Recherche zu den Deutungskämpfen um ein Kriegerdenkmal auf dem Duisburger Kaiserberg.

Erst vor kurzem wurde in Duisburg-Essenberg erneut die Germania-Statue beschädigt und in Duisburg-Duissern auf dem „Ehrenfriedhof“ (Kaiserberg) erneut die Siegfried-Statue mit Farbe beschmiert wurde. Des Weiteren berichteten die WAZ und anschließend auch die Bildzeitung im Januar und März 2014 über Kuscheltiere, die auf einem maroden Kriegsdenkmal in Nähe des „Ehrenfriedhofs“ platziert wurden.

Die WAZ fragte ratlos, ob der auf dem Denkmal friedlich sitzende Eisbär „aus dem benachbarten Zoo geflüchtet“ sei. ((„Ein friedlicher Eisbär auf einem Kriegsdenkmal“, WAZ-Artikel vom 09.01.2014.))  Die Bildzeitung schrieb über „ein(en) Friedhof der Kuscheltiere“ und deutete die „Teddys“ als einen „Jux“.  Beschäftigt man sich allerdings intensiver mit diesem Denkmal, dann wird deutlich, dass es sich hierbei keineswegs um einen „Jux“  ((BILD Ruhrgebiet vom 14.03.2014.)) handelt, sondern um eine persiflierende Kritik an dem Denkmal. Und es lässt sich belegen, dass dieses Denkmal seit mindestens 44 Jahren in der Kritik steht. ((Ich beziehe mich im Folgenden auf Zeitungsberichte aus der Zeitungsausschnittsammlung des Duisburger Stadtarchivs. Kaiserberg (64007), Ehrenfriedhof (6410), Plastiken, Denkmale (4041).))

Ein „Ehrenmahl“ für die 193er…

Bei dem Gedenkstein handelt es sich um ein „Ehrenmahl“, das an ein Infanterieregiment (193) des ersten Weltkriegs erinnern soll. Die Korrespondenzen der „Vereinigung ehemaliger 193er“ mit der Stadt Duisburg belegen, dass die konkreten Planungen des Denkmals im Dezember 1931 begannen. (( StA DU Bestand 600/120.))   Die „Denkmalsweihe“ erfolgte am 08. Oktober 1933. Die Einweihungsfeier konnte damit zu einer gemeinsamen Veranstaltung kaisertreuer Kriegervereine und nationalsozialistischer Organisationen werden. Aus dem Pressebericht der National-Zeitung, dem Propagandaorgan der NSDAP im Ruhrgebiet, lässt sich der Veranstaltungscharakter deutlich herauslesen:

„Neben den Alten Kämpfern marschierte SA und SS, Freiwillige Feuerwehr und zahlreiche Abordnungen von Kriegervereinen […] Dann gedenken wir des deutschen Reiches Kanzler und falten die Hände und rufen Dank und Lob zu Gott in das deutsche Land hinein. Im Augenblick, da die Hülle dieses Denkmals fällt, gedenken wir noch der braunen Kämpfer der nationalsozialistischen Freiheitsbewegung.“ ((National Zeitung vom 09.10.1933.))

„Der Stein des Anstoßes“

Im September 1970 übte die „Zentrale für Frieden und Hilfsbereitschaft“ aufgrund nationalistischer Inschriften Kritik an dem Kriegerdenkmal. Sie forderte vermutlich vor dem Hintergrund des Antikriegstags: „Weg mit dem unzeitgemäßen Monument“. Laut des Zeitungsberichts wehrte sich der mutmaßliche Eigentümer, der Verband deutscher Soldaten (NRW), erfolgreich gegen die Beseitigung. ((„Stein des Anstoßes wird nicht entfernt“, NRZ-Artikel vom 03.09.1970, Nr. 203, (4041).)) Das Denkmal steht bis heute, wobei die Kritik an dem Denkmal seitdem immer wieder artikuliert wurde. Die Kritik von Aktivist*innen aus dem Umfeld der Friedensbewegung blieb nicht unkommentiert. Günter von Roden, der damalige Leiter des Duisburger Stadtarchivs (1955 bis 1976), schrieb in seiner 1974 veröffentlichten zweibändigen „Geschichte der Stadt Duisburg“, dass man solche Denkmäler trotz der Kritik als „Zeichen vergangener Zeiten betrachten und erhalten“ sollte. ((Günter von Roden: Geschichte der Stadt Duisburg. Die Ortsteile von den Anfängen. Die Gesamtstadt seit 1905. Duisburg 1974, S. 630-631.))

Die Umgestaltungsdebatte 1984/1985

Bis heute wird immer mal wieder über das Denkmal und/oder den „Ehrenfriedhof“ berichtet. Während es in den 1970er Jahren ruhiger wurde, ((In der Zeitungsausschnittsammlung des Duisburger Stadtarchivs befindet sich lediglich ein NRZ-Artikel von 1977, in dem berichtet wird, dass auf dem Ehrenfriedhof 60 Grabsteine umgeworfen wurden und die Schäden anschließend von Bundeswehr Reservisten ausgebessert wurden. „Reservisten bessern Schäden aus“, NRZ-Artikel vom 17.1.1977, Nr. 13, (6410).)) lässt sich in den Jahren 1984/85 ein absoluter Höhepunkt der Debatte um das Denkmal und den Ehrenfriedhof ausmachen. So hieß es in einem Zeitungsartikel im März 1985: „Der Ehrenfriedhof am Kaiserberg ist inzwischen zum politischen Dauerthema aufgestiegen“.  ((Wollen die Grünen auch den Kaiserberg umbenennen?“, RP-Artikel (Christoph Rind) vom 21.3.1985, Nr. 68, (6410).)) In der Lokalpresse erschienen weit über 25 Artikel zur Causa Ehrenfriedhof. Anlass der zweijährig andauernden Debatte war 1984 ein Beschluss der SPD den Ehrenfriedhof umzugestalten. Konkret forderte die Partei unter anderem die Entfernung des als  „Gedenkklotz“ bezeichneten Denkmals sowie die Wiederaufstellung des „Sitzenden Jünglings“ von Wilhelm Lehmbruck. Obwohl ein Foto dieser Plastik 1937 auf der berüchtigten Ausstellung „Entartete Kunst“ in München gezeigt worden war, blieb sie vermutlich bis Kriegsende auf dem Vorplatz des Ehrenfriedhofs stehen und wurde erst nach 1945 in ein Museum überführt. ((Zum Verbleib der Skulptur kursieren allerdings verschiedene Gerüchte. Oftmals wird behauptet die Plastik wäre 1937 als „entartet“ entfernt worden. Dann heißt es wieder, die Plastik sei bei einem Luftangriff kurz vor Kriegsende beschädigt und deshalb entfernt worden.))  Die Idee der Wiederaufstellung des „Sitzenden Jünglings“ geistert mittlerweile seit mindestens 53 Jahren durch die Lokalpresse. ((Schon 1961 wurde dieses Vorhaben artikuliert. Siehe: „Symbolik in Eisen und Stein. Eingangspforte zum Ehrenfriedhof in der Mauerruine“, RP-Artikel vom 26.10.1961, 6410.)) Anstoß der Umgestaltungsüberlegungen war für die SPD laut eines Zeitungsberichts der Volkstrauertag 1983, „an dem hier eine üble militaristische Demonstration stattfand“. ((„SPD: Friedhof kein Ort für Militarismus. Mahnung statt Kriegsverherrlichung“, NRZ-Artikel vom 31.5.1984, Nr. 127, (6410).)) Gemeint war hiermit, dass bei der Volkstrauertagveranstaltung auf dem Ehrenfriedhof auch Mitglieder neonazistischer Organisationen teilnahmen und Kränze an der Siegfried-Statue niederlegten.

Neonazis suchen den Ehrenfriedhof seit Jahrzehnten auf, um dort oftmals im November ein so genanntes „Heldengedenken“ durchzuführen. Auch im vergangenen Jahr war das der Fall. Damit steht die exteme Rechte in der direkten Tradition der Nationalsozialist*innen, die ihre „Totengedenkfeiern“ und „Heldengedenktage“ (z.B. Horst-Wessel Gedenktag) an gleicher Stelle abhielten.

Intervention der Duisburger Friedensinitiativen

Dem Beschluss der SPD war im Dezember 1983 ein offener Brief des Organisationsausschusses der Duisburger Friedensinitiativen an den damaligen Oberbürgermeister Joseph Krings vorausgegangen. In ihm thematisierte der Ausschuss die Teilnahme von Mitgliedern neonazistischer Organisationen am Volkstrauertag und bezeichnte die Gestaltung des Friedhofs als „Schande für Duisburg“. Verbunden mit dieser Kritik forderte der Organisationsausschuss die Entfernung der „kriegsverherrlichenden Teile des Ehrenfriedhofs“. ((DISS-Archiv: Bestand Duisburger Friedensinitiativen; Offener Brief des Organisatiosausschuß der Duisburger Friedensinitiativen vom 05.12.1983, S. 2-6.)) Dem offenen Brief folgte 1984 ein Bürgerantrag, der die Umgestaltung des Ehrenfriedhofs und die Entfernung des „Gedenkklotzes“ beim Stadtrat einforderte. ((DISS-Archiv: Bestand Duisburger Friedensinitiativen; Bürgerantrag der Duisburger Friedensinitiativen vom 11.01.1984, S. 3.)) In einem Sitzungsprotokoll des Organisationsausschuss hielt man im Juni 1985 fest, dass die SPD sich „Teile des Antrags zu eigen gemacht hat, indem sie den Oberstadtdirektor auffordert, eine mögliche Umgestaltung des Ehrenfriedhofs zu prüfen“. Da wohl seitens der SPD „keine konkrete Aufforderung zur Veränderung“ vorlag, kommentierte der Protokollant: „Wir müssen also weiterkämpfen.“  ((DISS-Archiv: Bestand Duisburger Friedensinitiativen; Sitzungsprotokoll vom 13.05.1985.)) Es deutet daher vieles darauf hin, dass die Duisburger Friedensinitiativen die Idee der Umgestaltung des Ehrenfriedhofs erst in die Parteipolitik getragen haben. Ferner geht aus Zeitungsartikeln hervor, dass die Bemühungen der SPD vermutlich auf Anregung der Jusos innerhalb der SPD zurückzuführen sind. ((Vgl. „CDU: Denkmalschutz für Ehrenfriedhof“, WAZ-Artikel vom 20.07.1984 (kie); „Das lehnen wir ab“, WAZ-Artikel vom 18.11.1985. Nach Angaben eines anderen Zeitungsberichts wurde der SPD-Antrag von den Ortsvereinen Neudorf und Kaßlerfeld angeregt.))

Während die Grünen den Antrag der SPD im Rat unterstützten, stieß der Antrag bei der CDU, bis auf die Idee einer Wiederaufstellung der Lehmbruck-Plastik, auf heftige Ablehnung. Während einer Ratssitzung beschimpfte der CDU-Sprecher die Duisburger SPD als „moderne Bilderstürmer“. ((„Wollen die Grünen auch den Kaiserberg umbenennen?“, RP-Artikel vom 21.3.1985, Nr. 68, (Christoph Rind) (6410).)) Der Begriff des „Bildersturms“ tauchte im laufe der Debatte noch mehrmals auf. ((Vgl. „FDP-Ratsherr spricht vom Bildersturm der SPD. Breites Echo auf neue Pläne für Kasierberg-Denkmal.“, NRZ-Artikel vom 17.8.1985, Nr. 190, (6410); „AUF EHRENFRIEDHOF Tote verhöhnt“, RP-Leserbrief 20.11.1985.)) In der WAZ vom 09.08.1985 lehnte ein CDU-Ratsherr das Vorhaben der SPD mit dem Hinweis ab, er sehe „in Duisburg – ironisch gesprochen – die Gefahr einer kleinen Kulturrevolution“ ((„Ratsherr befürchtet die Gefahr einer ,Kulturrevolution‘“, WAZ-Artikel vom 09.8.1985 (Ge).)). Ein Fraktionskollege, so die WAZ, habe sich dafür ausgesprochen, „nichts zu tun, was an die Zeit der Bilderstürme und der Bücherverbrennung erinnern könnte“. ((Ebd.)) In Anlehnung an die Meinung des ehemaligen Stadtarchivleiters war die CDU der Auffassung, dass es gebiete, das Denkmal „als geschichtliches Erbe zu ertragen“. Die CDU reagierte auf das SPD-Vorhaben mit einem Beschluss, den Ehrenfriedhof unter Denkmalschutz zu stellen. ((„CDU: Denkmalschutz für Ehrenfriedhof“, WAZ-Artikel vom 20.07.1984 (kie).)) Ein knappes Jahr später wollte auch die FDP das Vorhaben der SPD durch einen Denkmalschutz-Antrag kippen. ((„Ehrenfriedhof. FDP beantragt Denkmalschutz“, WAZ-Artikel vom 21.05.1985 (bec).)) Kurz zuvor hatte sich der Verband der Duisburger Bürgervereine in die Umgestaltungsdebatte eingeschaltet und in einem offen Brief an OB Krings betont, dass „der seit Jahrzehnten bestehende Ehrenfriedhof kein Objekt sei, um einen inzwischen geänderten Zeitgeist nachträglich korrigierend darzustellen“. Der Verbandsvorsitzende war der Meinung, dass niemand beim Anblick der „schwülstig und fatal wirkenden Sätze“ der Heldentod-Glorifizierung erliegen werde. „Vielmehr wird eine Begegnung mit diesen Inschriften die Jugendlichen eine Erinnerung daran sein, wie ihre Vorväter dachten und fühlten und sie wird Anlaß zu heilsamer Besinnung sein.“ ((„Bürgerverein betont: Ehrenmal dient als Gedenkstätte. Diskussion um Kaiserberg-Friedhof“, WAZ-Artikel vom 29.04.1985, Nr. 99.))

An die vermeintliche Kraft einer heilsamen Besinnung schien eine Gruppe aus Kunststudierenden/Juso-Mitgliedern hingegen nicht zu glauben. Zwei Wochen später haben sie das 193er-Ehrenmahl – nach dem Vorbild des Künstlerehepaars Christo und Jeanne-Claud – bunt eingepackt. Mit einem solchen Akt des kreativen Protests wollte die Gruppe ihren Unmut über die noch nicht erfolgte Umgestaltung des Friedhofs zum Ausdruck bringen. ((„Protestaktion: Ehrenmal bunt eingepackt“, NRZ-Artikel vom 11.5.1985, Nr. 110. (6410).)) In der Rheinischen Post wurde die Protestaktion als „makaber“ ((„Gedenkstein ,verpackt´“, RP-Artikel vom 11.05.1985..)) bezeichnet. Auf parteipolitischer Ebene lief die Debatte derweil weiter. Die CDU organisierte einen runden Tisch mit Vertreter*innen verschiedener Vereine sowie aus kulturellen und kirchlichen Institutionen, die sich geschlossen gegen die Entfernung des „Gedenksteins“ aussprachen. Gegen eine „zeitgemäße“ Ergänzung des Gedenksteins zum Beispiel  durch zusätzliche Tafeln hatte laut des Zeitungsberichts „niemand etwas einzuwenden“. Die Familie Lehmbruck hatte sich allerdings gegen die Herstellung einer Kopie des „Sitzenden Jünglings“ ausgesprochen. ((„Sprecher verschiedener Institutionen diskutieren gestern / Noch ungewiß: Wem gehört der Gedenkstein?“, RP-Artikel vom 8.8.1985, Nr. 181 (Christoph Rind), (6410).)) Unabhängig davon konnte die SPD ihren Antrag aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat beschließen, woraufhin die CDU beim Rheinischen Denkmalamt Denkmalschutz für den „Gedenkstein“ beantragte und die FDP den Landeskonservator informierte. ((„Ehrenfriedhof: SPD will den Gedenkstein jetzt entfernen“, WAZ-Artikel vom 13.08.1985 (bec).)) Die Causa Ehrenfriedhof wurde damit auf die Landesebene getragen. Daraufhin wandte sich Prof. Udo Mainzer von Amt für Denkmalpflege in einem Brief an den Oberstadtdirektor und gab bekannt, dass der Ehrenfriedhof vorläufig in die Denkmalliste eingetragen wird, weil „Gefahr im Verzug“ ((Denkmalamt belehrt Oberstadtdirektor“, RP-Artikel vom 7.9.1985, Nr. 207, (Christoph Rind), (6410).)) bestehe. Dieses Ereignis scheint die Debatte zumindest auf parteipolitischer Ebene zum Stillstand gebracht zu haben.

Auf dem Ehrenfriedhof ging der diskursive Kampf hingegen weiter. Nur wenige Tage vor dem Volkstrauertag 1985 hatten Unbekannte den rechten Arm und das Schwert der Siegfried-Statue abgesägt. ((„Siegfried-Statue nachts zerstört“, RP-Artikel vom 11.11.1985, Nr. 261 (Cri), (6410).)) Auch in den nachfolgenden Monaten und Jahren kam es immer wieder zu Sprühereien, die auch als Reaktion auf die neonazistischen Aktivitäten auf dem Ehrenfriedhof zu verstehen sind.

Im Kontrast dazu wurde der umstrittene „Gedenkstein“ 2003 vom Bürgerverein Duissern gereinigt und poliert. ((„Der Kaiserberg: Duisserns alte Schönheit. Bürgerverein reinigt Parkanlage“, WAZ-Artikel vom 20.12.2003, Nr. 243 (64007).)) Obwohl der Gedenkstein wie auch der Ehrenfriedhof ursprünglich im Kontext des ersten Weltkriegs entstanden, wurden sie im Laufe der Jahre mit anderen Inhalten aufgeladen. Beispielsweise thematisierten die Gedenkveranstaltungen zum Volkstrauertag nach 1945 in erster Linie den zweiten Weltkrieg.

Schlussbetrachtung

Insgesamt muss die Umgestaltungsdebatte von 1984/85 vor dem Hintergrund der Friedensbewegung der 1980er Jahre betrachtet werden. In Duisburg gab es aktive Friedensinitiativen und gut besuchte Ostermärsche. Auch wurden 1984 die Grünen erstmalig mit 7 Sitzen (8,6 Prozent) in den Stadtrat gewählt. Ferner beschloss der Pfarrer der Salvatorkirche 1985, dass das Tragen von Uniformen in der Kirche unerwünscht sei. Der Duisburger Polizeichor hatte daraufhin seinen Auftritt beim Adventskonzert abgesagt. Ein Mann kommentierte den Vorfall in einem Leserbrief, aus welchem sehr deutlich hervorgeht, wie die Anliegen aus dem Umfeld der Friedensbewegung vielfach auf Unverständnis stießen: „Wohl noch niemals in der Geschichte stand das Wort Frieden so im Mittelpunkt. Eine kaum abreißende Kette von Aktionen, Demonstrationen, Protesten verschiedenster Art, die Gesetze und Recht nach ihren Vorstellungen auslegen (und mißbrauchen) durchdringt das Tagesgeschehen.“ ((Leserbrief: Verblendung (Karl Fey), RP 16.11.1985.))

Die Themen der Friedenbewegung wurden aber auch von städtischer Seite aufgegriffen, als 1982 das Duisburger Kulturfestival Akzente unter dem Motto „Eine Taube macht noch keinen Frieden“ ausgerichtet wurde. Neben dem zentralen Thema der atomaren Ab- bzw. Aufrüstung (NATO-Doppelbeschluss) sind in den 1980er Jahren auch die nationalsozialistischen Verbrechen vermehrt in den öffentlichen Fokus gerückt. Dies spiegelte sich auch in der Umgestaltungsdebatte wieder, indem zum Beispiel die Duisburger Friedensinitiativen dafür eintraten, den Ehrenfriedhof in eine Gedenkstätte für die Opfer beider Weltkriege, „der verfolgten und ermordeten Juden, Antifaschisten und Widerstandskämpfer“ umzugestalten.  ((Ehrenfriedhof, Wochenanzeiger-Artikel vom 11.12.1985.)) Letztlich gelang es zwar nicht, den „Schicksalswürfel“, so die Bezeichnung des „Gedenkklotzes“ in den Planungskorrespondenzen, zu entfernen. Allerdings hatten sich grundlegende Vorstellungen verändert. Während man 1914 davon ausging, dass der „Ehrenfriedhof“ eine „würdige, stille Stätte vaterländischer Heldenverehrung [sei], ein Stück Erde, das unseren Nachfahren bis in die fernsten Geschlechter heilig sein wird“, ((„Die Weihe des Duisburger Ehrenfriedhofes“, Duisburger Generalanzeiger 14.12.1914.)) betrachteten die Aktivist*innen der Friedensbewegung den Friedhof 70 Jahre später als unerträgliche Stätte der „Völkerverhetzung“.

Inzwischen hat der Zahn der Zeit den „Schicksalswürfel“ in einen baufälligen Zustand versetzt, sodass das Amt für Umwelt und Grün das Denkmal eingezäunt hat. Was mit dem Denkmal geschehen soll, bleibt vorerst ungeklärt. Meine Auskunftsanfrage beim Denkmalamt blieb bisher unbeantwortet. Vielleicht wird es zum 100 Jährigen Jubiläum des ersten Weltkrieges restauriert? In Anlehnung an die DISS-Broschüre „Kriegsdenkmäler als Lernorte friedenspädagogischer Arbeit“ empfehle ich eine Informationstafel aufzustellen, die die Inschriften kritisch in den Kontext einordnet und etwa den Begriff des „Helden“ problematisiert. Das Denkmal wäre so für eine pädagogische Friedensarbeit einsetzbar. Der zwischenzeitlich auf dem „Gedenkklotz“ friedlich sitzende Eisbär wurde inzwischen von Neonazis abgebrannt. Die Anzahl der Kuscheltiere auf dem „Gedenkklotz“ hat sich daraufhin vervielfacht. Die diskursiven Kämpfe um das Denkmal sind also weiterhin sichtbar. Im Übrigen ist das Copyright für den „Sitzenden Jüngling“ mittlerweile ausgelaufen.