Der Kongo, Lampedusa und die „Festung Europa“

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(K)eine Rezension zu David Van Reybrouck: Kongo Von Siegfried Jäger, veröffentlicht im DISS-Journal 26 (2013) Der Bestseller von David Reybrouck (Aufl. über 200-000) ist bereits 2010 in niederländischer Sprache erschienen, 2012 in deutscher Übersetzung und als Taschenbuch 2013. Er ist vielfach rezensiert worden, nicht selten mit kritischen Untertönen. Deshalb erübrigte sich eigentlich eine erneute Rezension, doch das nur auf den ersten Blick. Wer die rund 700 Seiten gelesen hat, erfährt viel über den Kongo und seine dramatische Geschichte, die teilweise anhand bibliographischer Zeugnisse erzählt wird, teils aber auch anhand von Interviews, die Van Reybrouck mit alten und jungen Kongolesinnen und Kongolesen vor Ort geführt hat. Insgesamt kommt dabei heraus: Der Autor ist kein Kolonialismus-Forscher im üblichen Sinn, sondern eine Mischung aus Journalist und Literat. Seine Darstellung ist vorwiegend deskriptiv, und das ist auch…

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Die „Alternative für Deutschland“

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– neue Kraft im rechten Lager? Ein Kommentar von Alexander Häusler, erschienen im DISS-Journal 26 (2013) Mit der Alternative für Deutschland (AfD) versucht sich eine neue Partei zu etablieren, die sowohl euroskeptische und europafeindliche Wählermilieus wie zugleich auch rechtspopulistisches und nationalistisches Wählerpotenzial mobilisiert. Auf ihrem Gründungsparteitag am 14. April 2013 verkündete AfD-Parteichef Bernd Lucke, „weder rechts noch links“, sondern eine „Partei neuen Typs“ zu sein. Ein genauerer Blick auf die Anhängerschaft der AfD offenbart jedoch Anknüpfungspunkte an rechtspopulistische Organisierungsversuche. So gehören mit Karl Albrecht Schachtschneider und Joachim Starbatty ehemalige Aktivisten des von 1994 bis 2000 existierenden EU-feindlichen und rechtspopulistischen Bund Freier Bürger (BFB) zum Kreis der AfD-Unterstützer, letzterer gar als Spitzenkandidat auf der Berliner Landesliste für die Bundestagswahl. Der frühere BFB, dessen Zweitbezeichnung „Offensive für Deutschland“ lautete, war ebenfalls vom Bestreben zur Re-Nationalisierung…

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Vom Nutzen kritischer Wissenschaft für demokratische Politik

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Zehn Thesen von Siegfried Jäger, veröffentlicht im DISS-Journal 26 (2013) 1. An sich ist Wissenschaft immer schon kritisch, sofern sie sich auf gesellschaftlich relevante Themen bezieht und dabei rückhaltlos ihre Ergebnisse offenlegt und plausibel begründet. 2. Wissenschaft ist, wenn sie das tut, gute Parrhesia im Sinne Foucaults. Sie spricht freimütig das aus, was sie als Wahrheit ansieht. ((Zur Frage der Parrhesia vgl. Michel Foucault: Der Mut zur Wahrheit. Die Regierung des Selbst und der anderen. Vorlesung am Collège de France1983/84, Berln: Suhrkamp 2010.)) 3. Sie weiß, dass das nicht ungefährlich ist. Denn solche Wahrheit tut weh, weil sie die herrschenden Wahrheiten in Frage stellt. Sie rechnet daher immer mit Widerspruch, Marginalisierung, Gegenmacht und Unterdrückung. Gute Parrhesia hat es daher immer mit Blockaden von Macht zu tun, also mit Herrschaft. ((Daher lässt sie sich…

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Zur Arbeitsperspektive der Demokratiedebatte

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Aus diskurstheoretischer Sicht Von Anton Meier, veröffentlicht im DISS-Journal 26 (2013) Angesichts der Macht und Dynamik globaler Prozesse und global agierender Marktakteure reichen nationalstaatliche Strukturen zur demokratischen Kontrolle eben dieser Prozesse und Akteure nicht aus. Es stellt sich die Frage, wie diese Kontrolle auf supranationaler Ebene etabliert und zugleich demokratisch legitimiert werden soll. Deutlich zeigt sich die Notwendigkeit, Demokratie auf überstaatlicher Ebene nicht nur als ökonomische, wie im Falle der EU, sondern auch als soziale politische Union zu denken und zu gestalten. An konkreten Ansätzen zum Aufbau demokratischer Strukturen auf supranationaler Ebene mangelt es nicht. Vorgeschlagen werden unter anderem die Stärkung von Verfassungs­strukturen auf überstaatlicher Ebene, die Dezentralisierung der Macht oder auch der Aufbau föderaler Organisationsstrukturen. Die Widerstände gegenüber der Demokratisierung sind angesichts der hegemonialen Machtstrukturen aber gewaltig. Soziale Bewegungen, die auf die…

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Gibt es eine Demokratie ohne Kapitalismus?

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 Von Wolfgang Kastrup, veröffentlicht im DISS-Journal 26 (2013) Die Tatsache, dass sich diese Frage überhaupt stellt, verweist darauf, dass das Verhältnis kein notwendiges und daher auch problematisch sein kann. In der Verbindung zwischen Kapitalismus und Demokratie zeigt sich der Widerspruch zwischen formeller politischer Rechtsgleichheit und konkreter sozioökonomischer Ungleichheit, oder anders ausgedrückt, der mit gleichen Rechten ausgestattete „citoyen“ steht dem „bourgeois“ gegenüber, der über ungleiche Möglichkeiten verfügt (Besitz und Nichtbesitz von Produktionsmitteln). Diese Doppelrolle charakterisiert den Widerspruch der bürgerlichen Demokratie. Hier werden Gleichheit und Freiheit zur Notwendigkeit kapitalistischer Produktionsverhältnisse. Die Subjekte treten als rechtlich gleiche und freie im Austauschprozess der Waren gegenüber – im Unterschied zum Feudalismus – und dies macht sich geltend im Staat, der in relativer Autonomie zu Gesellschaft und Ökonomie und ausgestattet mit dem Gewaltmonopol der Staatsapparate, Gleichheit, Recht und Eigentum…

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Repräsentative Demokratie in der Vertrauenskrise

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Von Helmut Kellershohn, veröffentlicht im DISS-Journal 26 (2013) I. Zwei Sichtweisen Das klassische Argument gegen die Demokratie als Selbstregierung des Demos stammt von Montesquieu. In großen Staaten seien allein gewählte Repräsentanten in der Lage, die Angelegenheiten des Gemeinwesens zu erörtern: „Das ist ihr großer Vorteil. Das Volk ist dazu durchaus nicht geeignet. Das ist eines der großen Gebrechen der Demokratie.“ Das Ideal repräsentativer Demokratie, ihre Legitimation, besteht darin, dass freie Repräsentanten erstens ihre Autorität mittelbar oder unmittelbar vom Volk ableiten (dadurch, dass sie gewählt sind) und zweitens in allgemeiner Übereinstimmung mit dem Volkswillen, d.h. mit dem Anspruch, dem Gesamtinteresse des Volkes zu dienen, den Staatswillen formen. Gegenüber diesem legitimatorischen Zusammenhang hat Max Weber repräsentative Demokratie im Wesentlichen als ein optimales Instrument der Führerauslese, als „Führerdemokratie“ verstanden. Legitimation erfolgt hier über das Charisma der…

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Der Bundestagswahlkampf der NPD 2013…

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...im Kontext bürgerlicher Proteste Von Benjamin Kerst, erschienen im DISS-Journal 26 (2013) In der Deutschen Stimme, dem Leitorgan der NPD, ließ der derzeitige Parteivorsitzende Holger Apfel bezüglich des Bundestagswahlkampfes 2013 verlauten:  Es sei wichtig, vor den „Schaltzentren der Überfremdung Zeichen zu setzen: Also vor Moscheen und Asylantenheimen.“ (Deutsche Stimme 09/2013, 2) Es gelte zu zeigen, dass die NPD im „Kampf gegen Islamisierung, Ausländerkriminalität, Asylantenflut und Lohndrückerei, euphemistisch auch »Arbeitsmigration« genannt“ das Original sei. (Ebd.) Diese besondere Fokussierung der NPD auf rassistische, menschenverachtende Hetze und Ressentiments, bei teilweiser Vernachlässigung anderer Themen, wie etwa der Eurofeindlichkeit, war vermutlich zwei wesentlichen Umständen geschuldet. Zum einen wurde der NPD ihre Euro-feindliche Linie von der neu gegründeten AfD streitig gemacht, die von Anfang an auf breiteren Wahlerfolg hoffen durfte. Zum anderen gab es in mehreren deutschen Städten –…

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Lokal Denken, lokal Handeln?

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Kommunale Handlungsansätze in der zivilgesellschaftlichen Intervention gegen Rechtsradikalismus  Von Thomas Bürk, veröffentlicht in DISS-Journal 26 (2013) Die Debatte um Flucht und Migration steht derzeit wieder höchst aktuell auf der Tagesordnung. Besonders die brutale EU-Abschottungspolitik an den europäischen Außengrenzen mit der Grenzpolizei Frontex und den Hunderten von Toten allein in diesem Jahr in der Mittelmeerregion machen die Unverhältnismäßigkeit bundesdeutscher Migrations- und Asylpolitiken deutlich. Gleichzeitig entstehen neue Orte der Diskussion und Konfrontation weit jenseits von Lampedusa, Ceuta/Melilla und der türkisch-griechischen Grenzregionen. In den Innenstädten Berlins, Hamburgs und Münchens artikulieren (und organisieren) sich verzweifelte, aber auch selbstbewusste Flüchtlinge und verschaffen sich mit sichtbarer Präsenz und spektakulären Aktionen Aufmerksamkeit. Als dritte Facette dieser neuen Kommunikations- und Konfrontationslinien weltweiter Flucht und Migration werden in vielen Städten Sammelunterkünfte von Geflüchteten zu Kristallisationspunkten rechtspopulistischer und neonazistischer Versammlungen (wie etwa u.a.…

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„Wir sind Rheinhausen!“

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Versuch einer Topografie der rassistischen Stimmung gegen Zuwanderinnen und Zuwanderer in Duisburg. Von Bente Gießelmann, erschienen im DISS-Journal 26 (2013) (( Eine leicht veränderte Fassung dieses Artikels wird in der ZAG 65 (2013) erscheinen.)) Seit 2011 wird in Duisburg über die Zuwanderung von EU-Bürger_innen aus Rumänien und Bulgarien diskutiert. Zum medialen Symbol der „Armutszuwanderung“ aus Osteuropa und damit auch zum Ort rassistischer Kundgebungen ist dabei ein vorwiegend von Zuwander_innen bewohntes Hochhaus in Duisburg-Bergheim (‚In den Peschen‘) geworden. Trotz des deeskalierenden Engagements einiger Initiativen hat sich die von Beginn an polarisierende, ausgrenzende Situation seit Anfang August weiter zugespitzt, und es ist eine gewaltbereite rassistische Stimmung gegen die Zugewanderten, von denen viele Roma sind, entstanden. Bundesweite Beachtung fanden bisher nur wenige Ereignisse, darunter auf Facebook gepostete Morddrohungen im August und ein Brand in einem von Roma…

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„Die Ereignisse erinnern fatal an die rassistische Pogromstimmung von Anfang der 1990er Jahre.“

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Presseerklärung des DISS, erschienen im DISS-Journal 26 (2013) Seit Mitte der 1980er Jahre befasst sich das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) mit den Reaktionen deutscher Bürgerinnen und Bürger auf die Einwanderung nach Deutschland. Siegfried Jäger, Professor an der Universität Duisburg/Essen und langjähriger Vorsitzender des DISS sowie das gesamte DISS-Team haben in einer Vielzahl von Projekten und Veröffentlichungen belegen können, dass in Deutschland ein alltäglicher Rassismus herrscht, der alle Bevölkerungsschichten erfasst hat und durch Politik und Medien fortlaufend geschürt wird. Rassismus ist keine Erfindung einiger extrem rechter Wirrköpfe, sondern ein gesellschaftliches Gesamtproblem, das von ihnen nur ausgenutzt wird. Will man Rassismus bekämpfen, sollte man nicht nur auf den extremen rechten Rand zielen, sondern auf die Faktoren, die diesen Rassismus beständig hervorbringen: z.B. eine restriktive Ausländerpolitik in Deutschland und die fast durchweg miserable…

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