Interview mit Roger Griffin. Erschienen in DISS-Journal 13 (2004)
Roger Griffin ist einer der international bekanntesten Faschismusforscher und Professor für Zeitgeschichte am Department of History an der Oxford Brookes University, England. Er ist Verfasser des Buches „The Nature of Fascism“ (1991) sowie Herausgeber der 5-bändigen Aufsatzsammlung „Fascism. Major Work“ (Routledge 2003) Er wurde von der Zeitschrift EWE (Erwägen – Wissen – Ethik), herausgegeben von Frank Benseler, Bettina Blanck, Reinhard Keil-Slawik und Werner Loh, zu einem „Hauptartikel“ zum Begriff des Faschismus eingeladen, der in diesem Herbst/Winter erscheinen wird und der unter den Autorinnen, die dazu vor seiner Veröffentlichung zu Stellungnahmen eingeladen wurden, eine ziemlich kontroverse Diskussion auslöste, auf die Griffin wiederum antwortete. Im Mittelpunkt der Kontroverse steht der Begriff eines „generischen Faschismus“, durch den in idealtypischer Weise (Max Weber) trotz aller realen Varianten das Phänomen des Faschismus in seinem ideologischen Kern erhellt werden soll. Wir haben Roger Griffin zu einem Interview gebeten, das wir hier in leicht gekürzter Form veröffentlichen. Die Fragen stellte Alfred Schobert. Übersetzt wurde das Interview von Iris Tonks, Alfred Schobert und Werner Wolf.
Sie haben 1991 in The Nature of Fascism eine idealtypische Faschismus-Definition vorgeschlagen. Ihr zufolge ist Faschismus zu verstehen als „Gattung politischer Ideologie, deren mythischer Kern in seinen mannigfachen Permutationen aus einer palingenetischen [auf „Neugeburt“ der dekadenten Gesellschaft zielenden; AS] Form populistischem Ultranationalismus besteht“. Worin sehen Sie die Vorteile gegenüber anderen Begriffsbestimmungen und Herangehensweisen? ((Die folgende Definition von Faschismus entspricht dem „neuen Konsens“, auf den sich auch Roger Griffin beruft. „Faschismus ist eine Form rechtsextremer Ideologie, die die Nation oder Rasse als organische Gemeinschaft, die alle anderen Loyalitäten übersteigt, verherrlicht. Er betont einen Mythos von nationaler oder rassischer Wiedergeburt nach einer Periode des Niedergangs oder des Zerfalls. Zu diesem Zweck ruft Faschismus nach einer „spirituellen Revolution“ gegen Zeichen moralischen Niedergangs wie Individualismus und Materialismus und zielt darauf, die organische Gemeinschaft von „andersartigen“ Kräften und Gruppen, die bedrohen, zu reinigen. Faschismus tendiert dazu, Männlichkeit, Jugend, mystische Einheit und die regenerative Kraft von Gewalt zu verherrlichen. Oft – aber nicht immer – unterstützt er Lehren rassischer Überlegenheit, ethnische Verfolgung, imperialistische Ausdehnung und Völkermord. Faschismus kann zeitgleich eine Form von Internationalismus annehmen, die entweder auf rassischer oder ideologischer Solidarität über nationale Grenzen hinweg beruht. Normalerweise verschreibt sich Faschismus offener männlicher Vorherrschaft, obwohl er manchmal auch weibliche Solidarität und neue Möglichkeiten für Frauen einer privilegierten Nation oder Rasse unterstützen kann.“ (nach Matthew Lyons, zitiert nach www.publiceye.org/eyes/whatfasc.html vom 12.1.2004) ))
Als ich dieses Buch schrieb, gab es eine allgemeine Tendenz, generischen Faschismus entweder als undefinierbares Rätsel, oder als nur durch Negativbestimmungen definierbare politische Kraft (also in der Aufzählung dessen, wogegen Faschismus war), oder als radikale Form der Reaktion auf oder der Flucht aus der modernen Welt zu sehen. Nur einige Forscher boten ‘positive’ Definitionen und erkannten, dass Faschismus sein eigenes revolutionäres Projekt hatte. Alle diese Definitionen waren entweder weitschweifig und allgemein oder stellten eine lose Sammlung recht vager Merkmale dar. Außerdem galt die Aufmerksamkeit vergleichender Faschismusforschung fast ausschließlich seinen Manifestationen im Europa der Zwischenkriegszeit; verwandte Phänomene auf anderen Kontinenten und wichtige Entwicklungen des revolutionären Nationalismus der Nachkriegszeit blieben unbeachtet, letztere überließ man der Politologie. Kein Wunder auch, dass (mit Ausnahme der Marxisten) beinahe alle Historiker, die zu Zwischenkriegszeit, Faschismus oder Nazismus forschten, das generische Faschismus- Konzept als heuristisches Mittel, ihr Thema zu verstehen, angestrengt übersahen.
Meine wichtigste Absicht war, mit dem Buch ein wenig Ordnung in die Debatte über Faschismus zu bringen, indem ich
a) die methodologische Verwirrung, die eine unbefriedigende Situation aus Konflikt und Konfusion geschaffen hatte, erhellte;
b) eine Definition entwickelte, die für Politologen und Historiker heuristischen Wert hat;
c) sowohl Faschismus- wie Nazismus-Forschung innerhalb eines allgemeinen Verständnisses moderner Geschichte integrierte, statt Faschismus und Nazismus als Produkte italienischer und deutscher Ausnahmeentwicklungen und Sonderwege zu betrachten;
d) die Kontinuitätslinien zwischen Faschismus der Zwischenkriegszeit und Nachkriegs-Faschismus zog und so eine Brücke zwischen der Geschichte des frühen 20. Jahrhunderts und der Zeitgeschichte baute.
Die zitierte Ein-Satz-Definition ist weder als Abriss des Wesens des Faschismus noch als Summenformel meiner Faschismustheorie zu lesen, so als fände sich dort die ganze Wahrheit über Faschismus als historisches Phänomen. (Essentialismus und Größenwahn sind in der Faschismus-Forschung fehl am Platze.) Stattdessen handelt es sich um die definitorische Kurzfassung einer später im Buch vorgelegten ausgearbeiteten und begründeten Definition, deren einzelne Komponenten (Palingenese, Nationalismus usw.) erläutert werden. Diese wiederum dient als Modell, um einen kurzen Überblick über die Geschichte des Faschismus in Italien (Faschismus) und in Deutschland (Nazismus) sowie der Entwicklungen in anderen Teilen des Europas der Zwischenkriegszeit zu geben und die Beziehungen zu den damaligen erfolglosen faschistischen Bewegungen und zu konservativen pseudofaschistischen oder parafaschistischen Regimes sowie zu faschistischen Bewegungen im Nachkriegseuropa (mit einer Reihe wichtiger Veränderungen) aufzuzeigen.
Die in der Ein-Satz-Definition zusammengefasste Theorie hat meines Erachtens einen heuristischen Wert, insofern sie den ideologischen Kern des Faschismus identifiziert als den utopischen Antrieb, das Problem der Dekadenz zu lösen durch die radikale Erneuerung der Nation, verstanden als organisches Ganzes. Die daraus resultierende utopische Vision von Neugeburt (Palingenese) ist hinreichend trennscharf, um Faschismus von konkurrierenden Ideologien (Kommunismus, Liberalismus und Konservatismus) zu unterscheiden, und unspezifisch genug, um eine größere Variationsbreite verschiedener ideologischer Synthesen aus widersprüchlichen Elementen – selbst innerhalb ‘derselben’ Bewegung – zu erfassen. So erklärt sie den gemeinsamen Nenner, der es dem italienischen Faschismus und dem Nazismus erlaubte, trotz der in einzelnen Fragen gravierenden Unterschiede zwischen den beiden ein Bündnis einzugehen, und der es ermöglichte, dass Nazi-Führer derart unterschiedliche Weltanschauungen haben konnten, wie Frank-Lothar Kroll detailliert in Utopie als Ideologie (Paderborn, 1999) zeigt. Auch erhellt sie die historische Kontinuität zwischen den von charismatischen Führern angeführten Massenbewegungen der Zwischenkriegszeit, die ein Synonym für Faschismus geworden sind, und winzigen führerlosen Grüppchen ohne Massengefolgschaft oder Teilnahme an Wahlen und ohne uniformierte paramilitärische Formation, die aber dennoch ein Programm der Erneuerung verfolgen, welches der Nachkriegsära liberal-kapitalistischer Globalisierung und massenhafter Migration angepasst ist.
Meine Definition ist zwangsläufig unvollständig, abstrakt und nicht perfekt, doch sie wurde von einer Reihe von Forschern bei der Untersuchung verschiedener Aspekte der radikalen Rechten des 20. Jahrhunderts fruchtbar angewandt, so in Studien zur kulturellen Dimension der British Union of Fascists, zur Ideologie der British National Party, zum Modernismus eines bedeutenden faschistischen Künstlers und zur Beziehung zwischen dem italienischen squadrismo und der SA. Intelligent angewandt, wirft sie Licht auf die dialektische Beziehung zwischen Schöpfung und Zerstörung, die das gesamte Nazi- Regime durchzog (z.B. im Bereich von Kunst und Kultur, im Körperkult und im Euthanasie-Programm, in der Verherrlichung der Volksgemeinschaft und der Massenvernichtung der ‘rassischen Feinde’, insbesondere der ‘Erbkranken’, der Slawen, der Sinti und Roma und der Juden). Auch vermag sie, die ambivalenten Beziehungen des Faschismus zu Konservatismus, Modernismus, Religion, Kapitalismus, Sozialismus, Technologie und Wissenschaft zu erhellen. Diese Ambivalenzen bedeuten auch, dass Faschismus sich den simplen Kategorien von links und rechts, von reaktionär und revolutionär entzieht – ein Umstand, der die Bedeutung des faschistischen Konzepts der Konterrevolution hervorhebt. Meine Definition stellt auch die historischen Wurzeln der Europäischen Neue Rechten heraus, die eine totale Revolution durch die Herstellung einer kulturellen Hegemonie – ohne Einsatz von Waffen – anstrebt.
In der anglophonen Faschismus-Forschung hat sich in den neunziger Jahren eine gewisse Konvergenz, gar – wenn man das Wort nicht zu sehr befrachtet – ein gewisser Konsens ergeben, zu dem Ihre Arbeiten nicht unerheblich beigetragen haben. Die deutsche Rezeption dagegen war auf jeden Fall zunächst abwartend und zögerlich, seit kurzem dann, wie in der in diesem Herbst erscheinenden ausführlichen Diskussion in der Zeitschrift EWE nachzulesen, kritisch, ablehnend, stellenweise gar feindlich. Ein ernst zu nehmendes Argument gegen ein generisches Faschismus-Konzept, ist, wie Saul Friedländer bezüglich marxistischer Faschismustheorien, doch weiter verallgemeinerbar, schrieb, dass ein faschismustheoretischer Ansatz „eine bis zum Exzess getriebene Normalisierung [des Nazismus und der Judenvernichtung; AS] aufgrund eines vorgefassten Begriffsrahmens“ bedeute. Wie begegnen Sie diesem Einwand?
Es hat eine Strömung in der Nazismus- und Holocaust-Forschung (hier denke ich insbesondere an Primo Levi und Yehuda Bauer) gegeben, die unterstellt, dass es besser ist, wenn die Greueltaten, die im Dritten Reich begangen wurden, als unbeschreibbare Rätsel belassen werden, als dass sie bis zu einem Punkt hin erklärt werden, wo sie Teil von normaler Geschichte werden und die Monstrosität der Verbrechen gegen die Menschheit schon durch den bloßen Erklärungsversuch irgendwie trivialisiert wird. Ich glaube, dass eine solche Herangehensweise – obwohl sie eine verständliche Reaktion derer ist, die direkt oder indirekt unter dem Ergebnis der Endlösung gelitten haben – die Gefahr einer Mystifizierung des Genozids birgt und die Augen verschließt vor den Massen- Gräueltaten, die von anderen Regimes im 20. Jahrhundert begangenwurden – ob wir sie nunGenozid nennen, oder nicht. Es sollte deutlich unterschieden werden zwischen einem Versuch, das Dritte Reich zu historisieren, es soweit wie möglich zu erklären, und den Holocaust als ein Phänomen der modernen westlichen Geschichte zu identifizieren und dem Versuch seiner ‚Normalisierung’ in einer Weise, die ihn trivialisieren und ihn somit nicht länger als außergewöhnlich erscheinen lassen sondern nur einer von vielen schrecklichen Episoden der Menschheitsgeschichte. Genau das passiert, wenn seine systematische Unmenschlichkeit erforscht und derart gedeutet wird, dass sie uns nicht mehr mit absolutem Horror erfüllt, sondern in apologetischer Absicht als eine von vielen modernen Gräueltaten und Genoziden verstanden wird und ihn so verständlich macht, dass er die Kraft, Entsetzen hervorzurufen verliert und zu einem ‚natürlichen’ Teil menschlicher Geschichte wird.
Der von mir verfolgte Ansatz, den ideologischen Kern des Nazismus in der Vision totaler nationaler/rassischer Neugeburt zu sehen, impliziert nicht, von der Einzigartigkeit des Dritten Reichs und seiner Verbrechen gegen die Menschheit abzusehen. Er ermutigt, die Genese des Regimes und die Dynamik der rassistischen Verfolgung nicht allein in Besonderheiten der deutschen Geschichte oder der Pathologie der Führerschaft zu suchen, sondern auch in Prozessen und Phänomenen, die tief in die westliche Modernität eingebettet sind, wie beispielsweise der Aufstieg des Rassismus, Ultranationalismus, der Staatskult und utopische Projekte neuer Arten von Gesellschaft sowie die Schöpfung eines neuen Menschen. Es geht mir nicht darum, den Nazismus für das Prokrustesbett einer rigiden Faschismustheorie zurechtzuschneiden. Ich gehe davon aus, dass eine flexible Faschismustheorie, die von dem nebulösen Idealismus der Naziführer ausgeht, ein neugeborenes Deutschland zu schaffen, um die Nation vor der Dekadenz zu retten, Forschern helfen kann, das Wesen des Dritten Reichs (ohne in die Falle des Essentialismus zu geraten) und die tieferenGrundprinzipien, die hinter den Vernichtungsprogrammen standen, aufzuarbeiten.
Wie Sie wissen, arbeiten wir in unseren Studien zur heutigen extremen Rechten und auch der sogenannten „Neuen Rechten“ mit dem Konzept „Völkischer Nationalismus“; die hiesige politologische „Extremismus“-Forschung tut sich sehr schwer mit der Einschätzung der „Neuen Rechten“. Inwiefern ist für Sie die Nouvelle Droite faschistisch?
Die Europäische Neue Rechte ist in der Tat schwer einzuordnen. Eines der umstrittensten Ergebnisse meiner Definition von Faschismus – rein ideologisch gesehen, ohne die konkreten ‚praxeologischen’ Erfahrung aus der Zwischenkriegszeit zu berücksichtigen – ist, dass die Neue Rechte meinem Faschismusbegriff entspricht. Natürlich geben sich deren eigene Ideologen wie Alain de Benoist and Marco Tarchi alle Mühe, dies abzustreiten. Ganz gewiss hat die Neue Rechte, die danach strebt, die ‚kulturelle Hegemonie’ für ihre anti-liberale, anti-humanistische Vision einer Welt herzustellen, tiefe Wurzeln, die über den Neo-Faschismus der 60er Jahre weit in die Zwischenkriegsperiode zurückreichen. Dies habe ich in meinem Kapitel ‘Plus ça change!: The fascist pedigree of the Nouvelle Droite’ in Edward Arnold (ed.) The Development of the Radical Right in France 1890-1995 (Routledge, London, 2000) zu dokumentieren versucht. Ich räume jedoch ein, dass es möglicherweise fundierte methodologische Grundlagen in anderen generischen Konzepten gibt, die diesen historischen Zusammenhang zwischen Neuer Rechten und Zwischenkriegsfaschismus erkennen lassen (oder die Neue Rechte sogar sui generis zu betrachten, wie sie es selbst bevorzugen würde). Wie dem auch sei, wird jeder ernstzunehmende Wissenschaftler, der nicht mit verdeckten Karten spielt und genau arbeitet, alsbald feststellen, dass unabhängig davon, welche Taxonomie er verwendet, der von der Neuen Rechten verbreitete Rassismus, ihre Ablehnung von Multikulturalismus, ihre Verachtung des aufgeklärten Humanismus als eine Art von Totalitarismus, ihre Verherrlichung einer mystischen kulturellen Hegemonie und ethnischer Wurzeln, ihre Sehnsucht nach einem Europa als Flickenteppich aus homogenen ethnischen Kulturen die Neue Rechte zu einer zutiefst anti-liberalen Kraft macht. Sie hat die gleichen Feinde wie der Faschismus der Zwischenkriegszeit, auch wenn ihre Lösungsansätze, die Organisationsformen und ihr Diskurs sich deutlich unterscheiden.
Ich habe keine Einwände gegen den Begriff des „Völkischen Nationalismus“ solange erkannt wird, dass
a) er die völkische Bewegung aufruft, die eine der ideologischen Wegbereiter für den Nazismus war,
b) seine deutsche Ausformung nur ein nationaler ‚Dialekt’ einer internationalen Entwicklung des Nationalismus und Populismus war, Teil der Reaktion gegen das, was wir heute Globalisierung und das ‚Ende der Geschichte’ nach Fukuyama nennen – eine Entwicklung, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts in der gesamten europäisierten Welt einsetzte.
Um konsequent zu sein, sollte man allerdings die Bezeichnung ‚völkischer Nationalismus’ als Teil eines Wortfeldes oder Ideologiebegriffs benutzen, der Begriffe wie Faschismus, Nazismus, Rassismus, Totalitarismus, Neo-Populismus und ethnokratischen Liberalismus umfasst. Seine faschistische Abstammung auf ideologischer Ebene wird nicht nur im Thule Seminar von Pierre Krebs deutlich, sondern auch in der zeitgenössischen russischen Ausprägung der Neuen Rechten, vor allem dem Eurasianismus vonAlexander Dugin, der spürbaren Einfluss auf die russische Tagespolitik gewonnen hat. Kurz gesagt, die Neue Rechte hat nachweislich einen faschistischen Stammbaum und ist der faschistischen Ideologie zutiefst verpflichtet. Auch wenn sie sich als metapolitisch ausgibt, ist sie doch keineswegs a-politisch und ihre Ideologie zeigt klare strukturelle Affinitäten zu den radikalen rechten und faschistischen Traditionen der Anti- Aufklärung, des Anti-Liberalismus und des konterrevolutionären Denkens. Dabei spielt es keine Rolle, wie stark sie das intellektuelle Klima und die politischen Anliegen der westlichen Intellektuellen des späten 20. Jahrhunderts aufgenommen und reflektiert hat.
Dies mag noch nicht ausreichen, sie faschistisch zu nennen, aber es ist hilfreich, sie im Kontext der vergleichenden Faschismusforschung zu berücksichtigen. Es ist weniger wichtig, wie wir ein Phänomen bezeichnen, als zu erkennen, dass seine kaum verdeckten Ziele darin bestehen, die kulturelle Hegemonie der liberalen Demokratie und des Kapitalismus zu überwinden – so dass extreme Xenophobie geschürt wird, einer ethnozentrischen Ablehnung multikultureller Gesellschaften und des Materialismus das Wort geredet werden, indem Weltoffenheit, parlamentarische Demokratie und Finanzkapitalismus attackiert werden – ganz im Stile der Vertreter der Los-von-Weimar- Bewegung wie Moeller van den Bruck, Oswald Spengler und Julius Evola.