Reichsphantasien

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Parteien der extremen Rechten zur FPÖ- Regierungsbeteiligung. Von Stefan Jacoby, erschienen in DISS-Journal 6 (2000)

Nach der Regierungsbeteiligung der FPÖ in Österreich wurde vielfach die besorgte Frage gestellt, wer denn der deutsche Haider werde. Inzwischen ist der Medienrummel abgeklungen und die Frage bleibt unbeantwortet. So ein Haider entsteht nicht über Nacht. Vorläufig hat sich Stoiber als Kandidat für diese Rolle ins Spiel gebracht. Die Möchtegern-Haiders in den bestehenden Parteien der extremen Rechten sehen sich bisher nicht in der Lage, ihrem Idol nachzueifern. Wir möchten hier einen Blick auf die Kommentierung der Ereignisse durch die Parteipresse werfen.

NPD

Die NPD-Parteizeitung „Deutsche Stimme“ (DS) räumt dem Thema Haider in ihrer März-Ausgabe breiten Raum ein. Dabei steht die NPD vor einem gewissen Dilemma. Einerseits sonnt man sich natürlich gern im Erfolg der österreichischen Kameraden, andererseits geißelte die NPD Haider in der Vergangenheit immer wieder als Verräter an der nationalen Sache. Im Parteiverlag erschien sogar ein Buch dazu, das von Rolf-Josef Eibicht herausgegebene „Jörg Haider – ein Patriot im Zwielicht“.

Auf der Titelseite veröffentlicht die DS eine von Per Lennart Aae verfaßte Erklärung des Präsidiums der NPD, in der die EU-Sanktionen gegen Österreich als „vertragswidrig und kriminell“ bezeichnet werden. Die Argumentation ist eher formal und hebt darauf ab, die Beschlüsse seien undemokratisch zustandegekommen. Die NPD-Erklärung gipfelt in der Einschätzung, man habe es mit einer Verschwörung gegen Großdeutschland zu tun. Bei den EU-Sanktionen handle es sich „um eine völkerrechtswidrige, international organisierte Verschwörung mit dem Ziel, die Eigenständigkeit und demokratische Selbstbestimmung aller europäischen Staaten, insbesondere auch der Staaten deutscher Nation, zu beseitigen.“

In seinem Kommentar „Internationalisten gegen Haider“ versucht NPD-Vorsitzender Udo Voigt das Dilemma aufzulösen. Er erinnert an die NPD-Kritik an Haider: „es geht um Haiders Kopf, es geht aber auch gegen das gesunde Volksempfinden. Es wäre aber auch völlig verfehlt, in eine unkritische Positiv-Stimmung angesichts der rechtskonservativen Koalition im deutschen Teilstaat Österreich zu verfallen.“ Voigts Lösung: Haiders Wähler wollten eigentlich die radikalere Variante à la NPD. „Diese Menschen lieben ihre Heimat, sind stolz auf ihre (unsere) Geschichte, wollen weder Ausländer auf Dauer in ihrem Land, noch Fremdkapital, Ausverkauf der heimischen Wirtschaft, noch den kommenden EURO. Diese Wähler behindern das internationale Finanzkapital mit seiner One-World-Strategie und mit seinen Globalisierungsplänen. Die FPÖ dagegen hat sich bisher in diesen Fragen dem Wählerwillen noch nicht konsequent geöffnet, stützt sogar in vielen Fällen die liberalkapitalistische Herrschaftsform.“

Die NPD ist dabei, eine österreichische NPD-Sektion als radikalere Alternative zur FPÖ aufzubauen. Haider dürfte das Recht sein, denn so kann er im Zweifelsfall darauf verweisen, dass er von rechts attackiert wird. Andererseits werden die unter ihm Regierenden wohl kaum zu einer konsequenten Anwendung des Verbotes der NS-Wiederbetätigung schreiten.

Christian Rogler vertieft auf einer ganzen Seite noch einmal die Kritik an Haider. Er erwarte nur Fortschritte in der Familienpolitik. Die Sozialpolitik sei „aus national-sozialer Sicht“ [!] inakzeptabel, und es drohe ein Eintritt Österreichs in die NATO. Rogler zitiert zustimmend aus der ‘linken’ Tageszeitung „junge welt“, wobei dank vergessener Anführungsstriche völlig unklar bleibt, wo die „junge welt“ aufhört und die NPD anfängt.

Um allen nochmals klar zu machen, wo die NPD steht, erinnert ein Foto der Menschenmenge auf dem Heldenplatz mit Hitlergruß und Hakenkreuzfähnchen an die Geschichte, – nach dem Willen der NPD zugleich eine Zukunftsvision. Bildunterschrift: „Unter dem Jubel der Bevölkerung vollziehen am 12. März 1938 reichsdeutsche Truppenverbände den Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich. Damit wurde der bereits im Jahre 1918 gefaßte Beschluß der österreichischen Nationalversammlung, nachdem Deutsch-Österreich ein Teil des Deutschen Reiches ist, mit zwanzigjähriger Verspätung verwirklicht. Zu einer Umsetzung des Beschlusses kam es 1918 nur deshalb nicht, da die Siegermächte des Ersten Weltkrieges das Selbstbestimmungsrecht mit Füßen traten und die Vereinigung verboten. 62 Jahre später greift die den gleichen Unterdrückergeist atmende EU erneut in die Souveränitätsrechte der Österreicher ein, indem sie den Ausgang demokratischer Wahlen mit Sanktionen beantwortet.“

 REP

Aus einem Bericht zum politischen Aschermittwoch der bayerischen REPs in der Parteizeitung Der Republikaner“ (3/2000) geht hervor, dass die REP-Führung recht euphorisch auf den Erfolg der österreichischen Kameraden reagierte. „Begeistert nahmen die rund 1000 Mitglieder und Sympathisanten die Botschaft der freiheitlichen Erfolge in Österreich auf: Der Anfang vom Ende des Machtmonopols der Altparteien ist gekommen.“ Schlierer gelang es aber offenbar nicht so recht, sich verständlich zu machen, was bei der bierseeligen Stimmung wohl keine Auswirkungen gehabt haben dürfte. „Der Republikaner“ zitiert ihn mit der seltsamen Forderung: Herr Schröder, geben Sie doch Herrn Haider eine Green Card, der könnte Sie hervorragend ersetzen“.

DVU

Das Organ des DVU-Vorsitzenden Gerhard Frey National-Zeitung (NZ) widmet dem Thema Österreich Woche für Woche breiten Raum. Dabei spielt das Verhältnis zu Haider, das durchaus ambivalent ist, keinerlei Rolle. Die NZ schießt sich auf die Gegner der FPÖ ein, denn hinter ihnen stünden Israel und die Juden. Exemplarisch sei die Ausgabe vom 25. Februar herausgegriffen. Schlagzeilen: „Raus Kniefall in Israel“ und „Schröders Dolchstoß gegen Österreich“. Im Innenteil geht es weiter mit Überschriften wie Österreich-Hetze mit ungeahnten Folgewirkungen“, „’Israelische Kultusgemeinde’ führend im Kampf gegen Regierung“ und „SPÖ geht auf Linkskurs“. Den Tonfall der NZ gibt ganz gut folgendes Zitat wieder: „’Kalter Krieg’ gegen Österreich belebt bajuwarische Stammesverwandtschaft. Als die ‘Internationale der Gutmenschen’ Österreich den ‘Kalten Krieg’ erklärte und dazu noch die obersten Repräsentanten der Berliner Republik in echter Vasallentreue gegenüber jedermann, nur nicht gegenüber den Menschen deutscher Zunge, den Würgegriff an dem seit mehr als einem Jahrtausend urdeutschen Land besonders begrüßten, entsann man sich in einem deutschen Bundesland der ‘Stammesverwandtschaft’ der Menschen beiderseits von Inn und Karwendel. Bayern schloss sich nicht der antiösterreichischen Hetze an.“