Warum die Dinosaurier ausgestorben sind. Von Ursula Kreft, erschienen in DISS-Journal 1 (1998)
Hach, war das ein gemütliches Leben in der frühen Kreide: Colesterin war unbekannt, man aß, was einem schmeckte, stapfte lustig durch lauwarme Sümpfe und ahnte nicht, wozu gewisse Säuger mit Laptops fähig sind. 100 Millionen Jahre später ist das Image ruiniert. Nur Zehnjährige lieben Dinos, Erwachsene benutzen sie als abschreckendes Beispiel: Wer sich nicht anpaßt, stirbt aus.
Von jeher hat die jeweilige Info-Elite die Dinosaurier ausgegrenzt und ihren Tod für Propaganda-Zwecke ausgeschlachtet, angefangen bei Noah, diesem nervtötenden Besserwisser, der alle, die ihm nicht paßten, elendig ersaufen ließ und sich nachher mit „Befehl von oben“ herausredete. Als die Sintflut keinen Sünder mehr zur Beichte trieb, behauptete man, eine kleine Elite von intelligenten Säugern hätte alle Dino-Eier ausgeschlürft. Der Fortschritt triumphierte, und wer ausstarb, war eben zu dämlich gewesen. „Viel Panzer, wenig Hirn – ausgestorben“, wurde zur beliebten Parole. Dann entdeckten die einen das Ozon-Loch, während andere in Ufos nach Alpha Centauri verschleppt wurden, zwei scheinbar konträre Lebensweisen, die jedoch im Dino-Tod locker zur kosmisch-ökologischen Warnung kombiniert wurden. Ein Meteorit aus dem All erledigte die Ahnungslosen per Umwelt-GAU und stürzte posthum die Bewohner ganzer Landstriche in Panik und Schuldgefühle. Als Hale- Bopp näher rückte und der letzte Öko-Sünder überm Yoghurtbecher in Tränen der Reue ausbrach, wußte jedes Kind, daß man die Erde nur rettet, wenn man Bonbonpapier in die gelbe Tonne wirft.
Diese Dino-Theorie ist aber schon veraltet. „Dino-Rätsel gelöst: Sie fraßen sich zu Tode“ meldet die BILD-Zeitung im Oktober 97. „Sie hatten einen Riesenappetit, fraßen sich wie gigantische Mähmaschinen ihre eigene Lebensgrundlage weg“. Kein Meteorit also, sondern Tod durch zu üppiges Wohlleben im kreidezeitlichen Wohlfahrtsstaat. Daß der deutsche Sozialstaat, „ein solcher Dinosaurier mit viel Masse und wenig Hirn noch als heilige Milchkuh verehrt wird“, rufe im Ausland nur noch „mitleidiges Kopfschütteln“ hervor, warnt Hans Michael Kloth im Spiegel. Die Zitzen am Euter schmerzen übrigens besonders bei Kälte. Also: Melkfett bereithalten und hoffen, daß Waigel wenigstens warme Hände hat.