Probleme des Münchener NSU-Prozesses im gesellschaftlichen Kontext Von Friedrich Burschel. Erschienen in DISS-Journal 28 (2014) In keinem anderen Verfahren ist die hermetische Abkapselung einer Gerichtsverhandlung so problematisch wie beim NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht in München: denn auch außerhalb des Gerichtssaals spielt der ganze NSU-Komplex eine gesellschaftlich immer noch wichtige Rolle und sorgt mit immer neuen (journalistischen) Enthüllungen und Ermittlungsergebnissen für Verwirrung und Aufsehen, das dann in den Gerichtssaal zurückstrahlt. Trotzdem findet keine direkte Bezugnahme der Richter_innen etwa zu medialen Enthüllungen und aktuellen Fernsehbeiträgen statt, auch wenn diese unmittelbar Auswirkungen auf den je verhandelten Gegenstand haben. Ein Beispiel: der Zeuge Matthias Dienelt wurde vor Gericht vernommen. Gegen ihn wird noch ermittelt, denn er war einer der Quartiergeber für das „NSU-Trio“ in Zwickau; von ihm angemietete Wohnungen dienten den Untergetauchten als Unterschlupf, zuletzt die dann…
Von Juliane Karakayalı. Erschienen in DISS-Journal 28 (2014) Die wissenschaftliche Beforschung des NSU-Komplexes bleibt auch drei Jahre nach seiner Enttarnung nahezu aus. Notwendig ist eine Analyse der gesellschaftlichen Bedingungen, die den NSU ermöglichten. Der folgende Beitrag folgt dieser Perspektive, indem er die Taten des NSU mit den Debatten und Politiken um Migration in den 2000er Jahren kontextualisiert. Von 1955 bis 1973 war das deutsche Migrationsregime geprägt durch die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte über das sogenannte Gastarbeiter-Rotationssystem. Diese Strategie einer flexiblen Mobilisierung von Arbeitskräften ging allerdings nicht auf: Nach der Verhängung des Anwerbestopps von 1973 stieg über Jahre hinweg die Zahl der nach Deutschland Einwandernden, weil viele Arbeitsmigranten sich fürs Bleiben entschieden und ihre Familien nachholten. Das änderte nichts am politischen Selbstverständnis Deutschlands, kein Einwanderungsland zu sein. Jahrzehntelang stellte die Staatsangehörigkeit in Deutschland das Kriterium…
Die aktuelle Ausgabe unserer Institutszeitschrift DISS-Journal ist erschienen und als PDF-Datei abrufbar unter: http://www.diss-duisburg.de/download/dissjournal-dl/DISS-Journal-28-2014.pdf
Auch die frühen Ausgaben unserer Instituts-Zeitschrift DISS-Journal sind nun online abrufbar. Es handelt sich um die Nummern 1 bis 7 aus den Jahren 1998 bis 2001. Sie finden alle Ausgaben des DISS-Journals unter dieser Adresse: http://www.diss-duisburg.de/online-bibliothek/alle-ausgaben/ Aus technischen Gründen ist der Text der PDF-Dateien der frühen Ausgaben leider nicht kopier- und durchsuchbar.
„Konservative Volkspartei“ – Über das Interesse der jungkonservativen Neuen Rechten an der AfD Sondierungen im Feld der AfD Nr. 3 Von Helmut Kellershohn Die AfD hat bei den sächsischen Landtagswahlen auf ihrem Weg in den nächsten Bundestag einen wichtigen Teilerfolg errungen. Siegesmeldungen wird es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch bei den Wahlen in Thüringen und Brandenburg geben. Ob aber langfristig es tatsächlich zu einer „Umwälzung“ des deutschen Parteiensystems, wie sich dies die jungkonservative Neue Rechte wünscht, ist noch keineswegs ausgemacht. Zumindest ist aus dieser Sicht von Bedeutung, dass mit dem Erfolg in Sachsen der wert- und nationalkonservative Flügel der Partei gestärkt worden ist. Versteht sich doch die sächsische AfD explizit als „konservative Volkspartei“. Ihr Parteiprogramm, das hat die Neue Züricher Zeitung in einer knappen Analyse richtigerweise herausgearbeitet, ist keineswegs eine überarbeitete Fassung der…
Von Wolfgang Kastrup und Helmut Kellershohn Tino Heims Dissertation (2011, TU Dresden) erschien 2013 unter dem Titel „Metamorphosen des Kapitals. Kapitalistische Vergesellschaftung und Perspektiven einer kritischen Sozialwissenschaft nach Marx, Foucault und Bourdieu“ im Transcript-Verlag. Es handelt sich um ein Mammutwerk (670 Seiten), dessen Anspruch darin besteht, die Theorieentwürfe dreier Klassiker in Beziehung zu setzen, um die Analyse der Veränderungsprozesse des modernen Kapitalismus zu ermöglichen. Ausgehend von einer Kritik des oberflächlichen, zumeist moralisierenden Rekurses auf den Kapitalismusbegriff im Rahmen medialer und wissenschaftlicher Verarbeitungen der jüngsten Finanzkrisen stellt sich Heim die Aufgabe, durch die miteinander verwobene Rekonstruktion der Theorieprogramme von Marx, Bourdieu und Foucault (MFB) allererst die theoretischen Voraussetzungen zu schaffen für ein Begreifen der gegenwärtigen Entwicklungen kapitalistischer Vergesellschaftung.1 Das ist insofern ein komplexes Unterfangen, als dies auch die Kritik vorherrschender Rezeptionsweisen der drei…
Die kostenlose Online-Broschüre Spurensuche zur Verfolgungsgeschichte der Sinti und Roma in Duisburg Eine Handreichung für die politische Bildung von Martin Dietzsch, Bente Giesselmann und Iris Tonks ist erschienen. Anhand des exemplarischen Beispiels der Stadt Duisburg wird aufgezeigt, welche Spuren des Völkermords an Sinti und Roma auch heute noch auffindbar sind und Anregungen dazu gegeben, wie man das Geschehen im Rahmen der politischen Bildung mit Jugendlichen thematisieren kann. Diese Online-Broschüre finden Sie unter http://www.diss-duisburg.de/online-bibliothek/bucher-im-volltext/spurensuche-sinti-und-roma-in-duisburg/ Es gibt es auch eine PDF-Datei zum Download und zum Ausdrucken: bitte hier anklicken
A Foucauldian approach to theory and methodology By Siegfried Jäger and Florentine Maier Noch nicht begutachtetes Draft: Ruth Wodak/Michael Meyer: Methods of Critical Discourse Analysis, 3. Auflage, Sage Publications Ltd, London 2014 1 Introduction This article aims to give an introduction to the methodology of analysing discourses and dispositives, building on the theoretical insights of Michel Foucault. The article aims towards novices to this approach. Critical discourse and dispositive analysis based on Michel Foucault's discourse theory centres on the following questions: What is valid knowledge at a certain place and time? How does this knowledge arise and how is it passed on? What functions does it have for constituting subjects? What consequences does it have for the shaping of society? By knowledge we understand all elements of thinking and feeling in human minds,…
Die AfD als „Staubsauger“ und „Kantenschere“ – Turbulenzen im jungkonservativen Lager (aktualisierte Fassung, Juni 2014) Von Helmut Kellershohn Das erfolgversprechende Auftreten der AfD in der politischen Landschaft der Bundesrepublik Deutschland hat zu einer Debatte im jungkonservativen Lager geführt, in der gegensätzliche Positionen artikuliert wurden. Personelle Veränderungen hängen damit zusammen. Karlheinz Weißmann, die intellektuelle Führungsfigur im jungkonservativen Lager, ist aus der Redaktion der Sezession, der Zeitschrift des Instituts für Staatspolitik (IfS) ausgeschieden. Für das Juniheft hat er, zum ersten Mal nach rund elf Jahren, keinen Artikel verfasst. Auch auf dem Blog Sezession im Netz (SiN) wird er nicht mehr als Autor geführt. Die Junge Freiheit (JF), für die Weißmann regelmäßig schreibt, stellte ihn noch im April als wissenschaftlichen Leiter des IfS vor (JF 18/2014, 18), Anfang Juni wird auf diese Angabe verzichtet (JF 24/2014,…
Erschienen in DISS-Journal 27 (2014) Die Mitglieder des Arbeitskreis Rechts haben in Kooperation mit Prof. Dr. Fabian Virchow, Leiter des Forschungsschwerpunktes Rechtsextremismus und Neonazismus an der Fachhochschule Düsseldorf (FORENA), ein Lexikonprojekt konzipiert. Es handelt sich um ein alphabetisch sortiertes Begriffslexikon, das gestattet, unkompliziert zentrale (Kampf-)Begriffe der extremen Rechten, wie zum Beispiel „Islamisierung“ oder „Schuld-Kult“, nachzuschlagen. Dabei geht es nicht um reine Sprachkritik, sondern um die Dekonstruktion völkisch-nationalistischer Diskurse. Ferner sollen die verschiedenen strategischen Verwendungen der Begriffe innerhalb und/oder zwischen den Hauptströmungen der extremen Rechten (Jungkonservatismus, Neonationalsozialismus, Rechtspopulismus) thematisiert werden. Die Autor*innen werden aber auch auf die Anschlussfähigkeit völkischer Diskurse an hegemoniale Diskurse („Mitte der Gesellschaft“) eingehen, um nicht zuletzt auf die Gefahren extrem rechter Agitation aufmerksam zu machen. Als empirische Basis dienen Artikel aus repräsentativen Publikationsorganen und Online-Plattformen der extremen Rechten (Junge Freiheit,…