Soweit ist es gekommen: Angebliches Fischer-Interview in »Welt am Sonntag« als plumpe Fälschung des serbischen Geheimdienstes entlarvt. Erschienen in DISS-Journal / kultuRRevolution: Im Auge des Tornados (Gemeinsames Sonderheft Mai 1999) (= DISS-Journal 4 (1999))
Wir legen hier eine Analyse des sogenannten »Fischer-Interviews« in »Welt am Sonntag« vom 11.4. vor, aus der sich eindeutig ergibt, daß es sich um eine plumpe Fälschung des serbischen Geheimdienstes handeln muß. Im allgemeinen liegt unsere entlarvende Wachsamkeit gegenüber Milosevic und seinen Banden durchaus auf einigermaßen hohem Niveau: darüber ist aber offenbar der serbische Geheimdienst weitgehend übersehen worden, der offensichtlich inzwischen mit raffinierten Methoden versucht, unsere Heimatfront zu verwirren, weil er an der Kriegsfront unseren Tornados nichts entgegenzusetzen hat.
Das »Interview« beginnt mit Zitaten aus offiziellen NATO-Erklärungen (Kriegsziele), die Fischer in den Mund gelegt werden, um den Leser zunächst einmal in den Eindruck des »Authentischen« einzulullen. Dann aber setzt sehr bald eine schleichende Deformation des echten Fischer-Diskurses ein, zunächst noch mit kaum merklichen kleinen Schritten:
»Das Ziel von Milosevic ist die Reduzierung des kosovo-albanischen Bevölkerungsanteils, sein Mittel ist das der ethnischen Kriegsführung mit schwersten Menschenrechtsverletzungen und Inkaufnahme von Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dem tritt die NATO mit den begrenzten Mitteln der Lufteinsätze entgegen. Und daß es keinen schnellen Umschwung gegen kann, ist angesichts der brutalen und menschenverachtenden Kriegsführung Belgrads offensichtlich geworden.«
Dieser Text ist deshalb so raffiniert gemacht, weil er bei flüchtigem Hinsehen tatsächlich gewisse Ähnlichkeiten mit echten Fischer-Texten aufweist. Bei genauerem Hinsehen wird Fischer hier aber das »Eingeständnis« unterschoben, daß die gesamte NATO-Strategie auf einer völligen Fehleinschätzung beruht habe: besonders das »offensichtlich geworden« soll suggerieren, daß die NATO erst ziemlich spät gemerkt habe, daß Belgrad lange durchhalten kann. Damit soll die bekannte These der serbischen psychologischen Kriegsführung untergejubelt werden, daß die NATO ihre gesamte Luftkriegsstrategie zunächst auf die Annahme einer schnellen Kapitulation Milosevics aufgebaut habe. Darin verrät sich nicht bloß ziemlich deutlich die triumphierende Angeberei der serbischen Seite, sondern es soll beim Leser vor allem der Eindruck erweckt werden, daß die Luftkriegsstrategie gegenüber dem Kriegsziel (Schutz der Kosovoalbaner) völlig unwirksam und hilflos sei, daß es sich also um einen grundsätzlichen strategischen Mißgriff handle. Würde sich diese Auffassung durchsetzen, so stände unsere Kriegsführung natürlich als konzeptlos und darüber hinaus sogar als verantwortungslos da, was einfach nicht stimmen kann, weshalb hier also bei aufmerksam patriotisch lesenden Lesern bereits deutliche Zweifel an der Echtheit des Textes entstehen müssen.
WamS: Worauf beruht heute die Hoffnung, daß Milosevic doch noch irgendwann einlenken könnte?
»Es geht nicht um die Hoffnung, daß Milosevic einlenkt, sondern darum, ob wir zulassen, daß er sich durchsetzt.«
In einem Krieg geht es, wie jeder weiß, um Sieg oder Niederlage. Wenn Milosevic »sich durchsetzt«, heißt das, daß er siegt (und wir folglich verlieren), wenn er »einlenkt«, heißt es umgekehrt, daß wir siegen und er verliert.Wie kann dann aber ein kriegführender Minister angeblich behaupten, wir hätten keine Hoffnung zu siegen, sondern wir wollten siegen? Das wäre ja einfach Stuß, und es kann also so von dem echten Fischer nicht gesagt worden sein. Wenn es aber nicht echt sein kann, muß es simuliert, fingiert sein: von wem? Da weist die unterschwellige Großspurigkeit eines Milosevic-Anhängers, wie sie darin zum Ausdruck kommt, daß der deutsche Außenminister angeblich keine Hoffnung haben soll, Milosevic besiegen zu können, in die einzig plausible Richtung – nämlich die des serbischen Geheimdienstes. Diese These (zunächst als Hypothese) ist an dieser Stelle natürlich noch nicht genügend belegt, was aber leider nun im weiteren Verlauf sehr bald – und mit leider nur allzu erdrückender Beweislast – geschehen wird.
»Es ist das Ziel von Milosevic, den albanischen Bevölkerungsanteil im Kosovo drastisch zu reduzieren und ein Großserbien zu schaffen, das die ganze Balkan-Region destabilisieren würde.«
Hier werden Milosevic Ziele zugeschrieben (insbesondere »Großserbien«, d.h.Annexion weiterer Gebiete), die er bei aller seiner Brutalität dann möglicherweise doch nicht verfolgt: Für einen Außenpolitiker, insbesondere im Krieg, wäre solch leichtsinniges Gerede ins Blaue, das möglicherweise durch die Tatsachen desavouiert werden kann, ein so schwerer Fehler, daß Fischer als sein Autor schlechthin ausscheidet. Es muß sich also um einen Verwirrungsversuch Dritter handeln.
»Die Konsequenz wäre, daß wir mit den vertriebenen Kosovo-Albanern ein Palästinenser-Problem in Europa bekämen, das gleichzeitig zum ideologischen und auch politischen Motor der großalbanischen Idee würde, das auch Mazedonien nicht lange aushalten könnte.«
Hier erreicht die Infamie der Fälschung einen ersten Höhepunkt. Rekonstruieren wir kurz den Vergleich: Kosovo-Albaner analog Palästinenser – Serben vertreiben Kosovo-Albaner, wer hat die Palästinenser vertrieben? Israel. Unterschwellig wird hier also Israel mit dem Serbien Milosevics analog gesetzt! Und das soll Joseph Fischer gesagt haben? Derselbe Joseph Fischer, der ganz im Gegenteil in jedem Interview die Kosovo-Albaner mit den Juden analog setzt, was ja auch die einzige völlig überzeugende Analogie darstellt und überhaupt prinzipiell historisch darstellen kann? Und damit ist die Infamie ja noch nicht am eigentlichen Ziel: Fischer geht es ja bei seiner schweren Verantwortung vor allem darum, mit sachlichen und unwiderleglichen Argumenten aufzuzeigen, daß die Kosovo-Albaner einzig und allein durch Tornado-Bombardements rasch und durchgreifend gegen Vertreibung und Massaker geschützt werden können, was er ja auch überzeugend durch Bilder massakrierter und vertriebener Kosovo-Albaner beweisen kann. Was wird also in diesem gefälschten Interview unterstellt? Daß Joseph Fischer implizit behaupten würde, »rechtzeitige« Tornado-Bombardements auf Tel Aviv und andere israelische Städte hätten das Palästinenser-Problem seinerzeit gleich im Entstehen verhindern können! Das ist derart teuflisch, daß man es einem durchschnittlichen serbischen Geheimdienstler kaum zutrauen möchte und die Annahme nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, daß sich hier die persönliche Handschrift von Milosevic zeigt, der sich durchaus von Zeit zu Zeit selber um Geheimdienstdinge zu kümmern scheint. Hierfür spräche nicht zuletzt die besonders an dieser Stelle so stark von der deutschen Syntax abweichende Diktion, daß es sich eher um eine mißglückte zu wörtliche (angenommen, das Original wäre womöglich von Milosevic selber formuliert worden! welcher Übersetzer hätte es da gewagt, sich auch nur die geringsten Freiheiten herauszunehmen?) Übersetzung aus dem Serbischen handeln dürfte: Es gibt zwei Relativanschlüsse mit »das«, wovon der erste sich nur auf »Palästinenser-Problem« beziehen kann, welches also zum »Motor« werden würde, und zwar »der großalbanischen Idee«, woran ein zweites »das« anschließt: »das auch Mazedonien nicht lange aushalten könnte« – kann das noch das »Palästinenser-Problem« sein? oder ist nicht eher der »Motor« (Genusirrtum?) gemeint? Oder ist hier Subjekt und Objekt umzukehren: »das Problem« (Subjekt) kann ein Land wie Mazedonien (Objekt) einfach nicht mehr aushalten? Das klänge ja einigermaßen plausibel, man wünschte sich wirklich, das serbische Original (vielleicht einen authentischen Milosevic!) zu kennen.
»Ein Drittel der Bevölkerung in Mazedonien ist albanischer Herkunft. Wenn wir dem jetzt nicht Einhalt gebieten, wird der Krieg im Kosovo nicht die letzte blutige Runde sein, sondern weitere werden folgen.«
Nach der unterschwelligen Diffamierung Israels sind nun die Albaner und slawischen Mazedonier an der Reihe. Joseph Fischer soll also gesagt haben, die Albaner in Mazedonien dürften unter keinen Umständen über ein Drittel anwachsen, was nur durch faschistische Geburteneinschränkung (etwa durch Sterilisierung) seitens der slawischen Mazedonier erreicht werden könnte. Wiederum ist die Fälschung derartig plump, daß man sich kaum vorstellen kann, sie sei »Welt am Sonntag« nicht aufgefallen (verschieben wir die daraus zu ziehenden ernsten Schlußfolgerungen aber auf den Schluß): Jeder Deutsche weiß aus Erfahrung, daß Joseph Fischer in nahezu jeder Äußerung (die vielen Wiederholungen nimmt er bewußt in Kauf, weil es sich hier eben um sein prägendes biographisches Erlebnis und um sein fundamentalstes Anliegen handelt) – daß er in jeder Äußerung betont, wie er mit sechzehn Jahren seine Eltern gefragt hat, warum sie den Faschismus zugelassen haben, zu dem ja auch die Sterilisierung gehört. Die Fälschung, die natürlich in durchsichtigster Weise darauf abzielt, sowohl bei Albanern wie bei slawischen Mazedoniern Mißtrauen gegen die deutsche Politik zu säen und beide Gruppen zugunsten von Milosevic gegeneinander aufzuhetzen – die Fälschung ist evident.
»Und wir werden es dort dauerhaft mit einer Kriegsgefahr und furchtbaren Menschenrechtsverletzungen zu tun haben …
WamS: … wie auf anderen Erdteilen …
… aber dann eben auch in Europa. Und da können wir uns nicht heraushalten, selbst wenn wir es wollten. Der Balkan würde uns einholen, weil er zu uns gehört.«
Es ist allgemein bekannt, wie die serbische Propaganda Schröder mit Hitler und Fischer mit Goebbels vergleicht, bloß weil unsere Tornados das gleiche Eiserne Kreuz tragen wie die Stukas von 1941. Mit solchem haßerfüllten Geschwätz lohnt es keinerlei Auseinandersetzung. Milosevic behauptet wider besseres Wissen, Deutschland wäre wieder erstarkt und wollte auf dem Balkan wieder eine Großmachtrolle übernehmen. Und weil dieser Wunsch eben der Vater des Gedankens bzw. der Formulierung ist, schmiert der serbische Agent den angeblichen Fischer-Satz »Der Balkan würde uns einholen, weil er zu uns gehört«. Das spricht wirklich für sich und jeder Kommentar wäre Verschwendung. Man beachte aber, wie unter dem fiktiven Fischer-Satz der echte Milosevic-Satz zum Vorschein kommt: »Und da können wir uns nicht heraushalten, selbst wenn wir es wollten. Der Kosovo würde uns einholen, weil er zu uns gehört.« So hören wir es täglich aus Belgrad – und das soll Joseph Fischer gesagt haben?
»Daher geht es im Kosovo nicht nur um eine ethnische (sic) und moralische Frage, dies ist nicht nur ein Menschenrechtskrieg, sondern es geht hier auch um die Frage, in welchem Europa wir leben wollen.«
Statt »ethnisch« muß es natürlich »ethisch« heißen: Tippfehler, und zwar sicher bereits auf der zugrunde liegenden Diskette. Nun wissen wir seit Freud, wie solche »Tippfehler« unter Streß zustande kommen (und daß dieser Text unter Streß entstanden sein muß, dürfte außer Zweifel stehen):Es geht um Interferenzen des Unbewußten, das sich mit der bekannten Stimme des naiven Kindes zu Worte meldet – gerade gegen den krampfhaften Widerstand des Bewußten. Der Schreiber wollte in die Rolle des »Ethikers« schlüpfen – und sein Unbewußtes machte ihm einen Strich durch die Rechnung, indem es die Sau herausließ und in Klartext an den Tag brachte, worum es ihm in Wirklichkeit ging: um eine Politik »ethnischer Flurbereinigungen«, eine Politik auf »ethnischer« Grundlage. Hier verrät sich unser serbischer Agent demnach mit fast schon mitleiderregender Eindeutigkeit: Joseph Fischer ist demgegenüber nach einhelligem Urteil aller unserer Medien geradezu das Urbild eines echt ethischen Politikers, was er durch den bekannten langen verantwortungsethischen Lernprozeß wie kein Zweiter unter Beweis gestellt hat: von der Absage an sämtliche Auslandseinsätze der Bundeswehr ohne Verteidigungsfall zu deeskalierenden UNO-Blauhelmen, von deeskalierenden UNO-Blauhelmen zu eskalationsfähigen (»robusten«) UNO-Blauhelmen in äußersten Notfällen, von diesen zu NATO-Kampfeinsätzen unter UNO-Mandat, aber niemals in Palästina und niemals auf dem Balkan, von diesen dann zu NATO-Kampfeinsätzen auch auf dem Balkan, aber nur unter UNO-Mandat und bloß, um direkt vor Ort einen eindeutig begonnenen Völkermord zu stoppen, schließlich von dieser äußersten Ausnahmelage nun auch zu flächendeckenden NATO-Bombardements und einer nach oben offengehaltenen globalen Eskalationsstrategie nicht vor Ort und auch bereits bei der plausiblen Annahme, daß ein Völkermord geplant ist und auch ganz ohne UNO-Mandat. Keinen dieser Lernschritte hat er sich leichtgemacht, womit der zutiefst ethische Charakter bewiesen ist. Bei keinem dieser Lernschritte ist er der Versuchung erlegen, etwa eine sagen wir mindestens dreijährige Denkpause einzulegen, um zu erforschen, wieso er sich die ganze Zeit vorher in so grundlegenden Fragen von Krieg und Frieden so enorm irren konnte (während seine politischen Gegner, gegen die er jahrelang opponiert hatte, offensichtlich immer recht gehabt hatten) – oder gar zurückzutreten. Immer entschied er sich dafür, auch die jeweils nächste Verantwortung voll zu übernehmen, was eben den echten Vollblutethiker ausmacht. Dagegen das erbärmliche serbische häßliche Agentlein!
»Und das ist eine höchst realpolitische Frage der europäischen Sicherheit. Ich glaube nicht, daß sich eine Politik wie die von Milosevic begrenzen lassen würde. Es ist ja immer wieder versucht worden, mit den Mitteln des Appeasements eine politische Lösung herbeizuführen. Ich hätte sehr viel dafür gegeben, wenn er begriffen hätte, daß die ethnische Kriegsführung der 30er und 40er Jahre im Europa des beginnenden 21. Jahrhunderts keine Zukunft haben darf und wird.«
Hier wird zunächst mit dem bekannten Hitlervergleich gearbeitet, der authentisch fischerisch, weil wissenschaftlich begründet ist – aber wie wird der Vergleich konkret gehandhabt? Es wird Fischer unterstellt, daß er in Europa weitere Milosevice alias Hitlers in den Startlöchern sehen würde, die sofort auf Expansion schalten würden, wenn Milosevic diesen Krieg gewinnt. Wer könnte das sein? Da die meisten kleinen und mittleren europäischen Länder bei bösestem Willen nicht infrage kommen können, ist die infame Anspielung offenbar gegen Deutschland und seine engsten Klientenstaaten selber gerichtet! Vermutlich soll angespielt werden, daß die Expansionslüste des neuen demokratischen Kroatien durch die unvermeidliche friedliche Umsiedlung der 300000 Krajinaserben im Jahre 1995, für die allein Milosevic die Verantwortung trifft, angeblich noch »nicht gestillt« sein könnten! Das Kroatien z.B. noch einen Teil von Bosnien-Herzegowina »heim ins Reich« holen möchte, wodurch dann zwangsläufig ein anderer Teil an Serbien käme und ein rein muslimischer Staat mit fundamentalistischem Risiko bei uns in Europa entstehen würde, was ja nun in der Tat »eine höchst realpolitische Frage der europäischen Sicherheit« wäre. Infam ist dabei die zusätzliche implizite Unterstellung, daß wir aus dem gleichen Grunde (muslimischer Staat in Europa) auch auf keinen Fall einen unabhängigen Kosovo akzeptieren würden und die UCK demnach betrögen. Mit diesen Anspielungen hängt natürlich zusammen, Deutschland selber würde Großmachtpolitik machen wollen, wobei dann ewig die Anerkennung Kroatiens 1991 durch uns und die fälschlich damit in Zusammenhang gebrachte Zerstörung Jugoslawiens (für die doch natürlich allein Milosevic die Verantwortung trägt) angeführt wird. Dürfen wir auch mal ganz leise sagen, daß wir das langsam leid sind? Welch heillose Verwirrung wird hier jedenfalls in Fischers Kopf hineinprojiziert, um wiederum uns alle zu verwirren!
WamS: Wenn man in diesen Begriffen weiterdenkt, dann fehlt nur noch Churchills »unconditional surrender«.
»Nein. Unsere Forderungen sind vernünftig und begrenzt. Selbst der UN-Generalsekretär hat sich ihnen mittlerweile angeschlossen.«
»Selbst (sic!) der UN-Generalsekretär« – so kann einfach ein echter deutscher Außenminister, und schon gar der so hochbegabte Joseph Fischer, nicht formulieren. Das läßt nämlich schlechthin nur zwei Möglichkeiten der Lektüre zu: Entweder wird dem UNO-Generalsekretariat pflichtgemäße Arbeit zugestanden – dann wird die NATO aufs schwerste verleumdet, weil ihre Politik dann in krassem Widerspruch zur UNO gestanden haben müßte – oder der UNO wird heimliche Sympathie für Milosevic unterstellt.
Aus Raumgründen müssen wir jetzt einige Ausführungen überspringen, obwohl auch sie voller absichtlich unterschobener Widersprüche stecken (so wird der Hitler-Vergleich, der doch allein die NATO-Eskalationsstrategie legitimieren kann, plötzlich wieder weitestgehend zurückgenommen – was Fischer sich niemals auf so engem Raum zuschulden kommen lassen würde). So wird auf die Frage nach Bodentruppen nicht geantwortet: »Nein«, sondern es bestehe »keine Veranlassung, darüber nachzudenken«. Das ist schon blanker Hohn, weil es suggerieren soll, Fischer würde, falls es die Eskalationslogik dann doch erfordert, die Panzerwaffe der Bundeswehr in Albanien losschlagen lassen, ohne zuvor darüber »nachgedacht« zu haben. Es wäre ermüdend, das alles im einzelnen zu rekonstruieren.
»Alle, die jetzt nachgeben wollen, müssen wisssen, daß Milosevic dann mit seiner Politik der ethnischen Kriegsführung siegen und mit seiner Beute entkommen wird. Wir würden Milosevic retten, wenn Deutschland jetzt ausscheren würde. Wir würden das Bündnis sprengen, uns isolieren und eine fatale, schlimme und furchtbare Fehlentscheidung treffen. Die Bundesrepublik Deutschland handelt im Bündnis, wie schon unter den Vorgängerregierungen, und so wird es auch bleiben. Dafür sind wir gewählt. In der Verfassung ist vorgesehen, daß wir im Namen des ganzen Landes handeln – abhängig und kontrolliert von der Mehrheit im Bundestag. Wenn sich diese Mehrheiten ändern sollten, mag es eine andere Koalition geben. Aber es wird keine andere Politik der Bundesrepublik Deutschland geben.«
Das ist der schlau eingefädelte und in seiner Frechheit nun wirklich nicht mehr zu überbietende Höhepunkt dieser ganzen infamen »Milosevicisierung« unseres Joseph Fischer (man hört Milosevic im Kreise seiner Agenten schallend im Hintergrund lachen): Fischer soll angeblich behaupten, daß die Wähler in unserer Demokratie wählen könnten, was sie wollten, und daß Koalitionen jeden Typs gebildet werden könnten – daß aber die Politik sich nie ändern würde! Dann hätten wir ja genau die gleiche »Demokratie« wie in Serbien! Natürlich soll hier an die Frustration mancher kurzsichtiger Grünen-Wähler angeknüpft werden, die in ihrer Naivität gemeint hatten, daß demokratische Parteien mindestens an die Knackpunkte ihres Programms gebunden wären, und die die Absage an Kampfeinsätze der Bundeswehr, sprich deutsche Angriffskriege ohne Kriegserklärung, für einen solchen Knackpunkt des grünen Programms gehalten hatten. Daß es hier um eine normale verantwortungsethische Korrektur ging, steht außer Frage – aber von dort aus gleich das Kind mit dem Bade auszuschütten und überhaupt jede politische Alternative in der Demokratie für unmöglich zu erklären? Das soll Fischer gesagt haben? Das hat nicht Fischer gesagt, das hat Milosevic gesagt – wenn nicht höchstpersönlich, dann durch den Mund seiner Agenten.
WamS: Was bedeutet das mit Blick auf den bevorstehenden Parteitag von Bündnis 90/Die Grünen?
»Wir werden die notwendige Debatte solidarisch und kontrovers führen.Aber wir werden uns nicht zerlegen.«
Wieder die typisch serbische Gewaltphantasie: »zerlegen« wie einen Braten!
»Und dann werden wir Entscheidungen treffen, die verantwortliches Handeln der Bundesregierung auch in Zukunft ermöglichen werden. Es geht um die ernsteste Sache, um Krieg und Frieden, an der heute Deutschland mit allen Risiken im Bündnis Verantwortung trägt.«
Gleich eine ganze Reihe giftiger Unterstellungen: als ob Fischer meinte, daß »verantwortliches Handeln« immer gleich mit »Krieg und Frieden« zu tun haben müßte. Dadurch soll den Lesern vor solcher Politik regelrecht Angst gemacht werden: als ob die Regierung »auch in Zukunft« weitere Eskalationskriege führen wollte. Dann wieder die anscheinende Unkenntnis der deutschen Syntax, die hier aber vermutlich bloß raffiniert simuliert wird, um Fischer solch einen Blödsinn zu unterschieben, wie daß »Deutschland« heute »im Bündnis mit allen Risiken« (statt mit den USA und dem Westen: welch billiger, höchst fauler Witz) stände und »an« der »ernstesten Sache« (=»Krieg und Frieden«) »Verantwortung tragen« würde: welch ein Galimathias! Hören wir nicht den zynischen Serben hämisch in seinem Schlupfwinkel kichern?
»Und das ist eine Frage, bei der Politiker zu ihren Überzeugungen stehen müssen.«
Das soll wohl eine gekonnte Pointe sein? Serblein, Serblein, du gingst einen schweren Gang, so leicht läßt sich ein Deutscher nicht an der Nase herumführen: wie du jetzt siehst, bist du entlarvt.
Bleibt am Schluß die ernste Frage, wie diese Fälschung in die »Welt am Sonntag« geraten konnte. Diese Frage ist in der Tat zu ernst, als daß sie naiv und unter den Augen serbischer Agenten einfach ins Blaue hinein diskutiert werden könnte. Wir stehen zum ersten Mal seit 1945 im Krieg – und wir müssen und werden diesen Krieg gewinnen, weil wir ihn einfach gewinnen müssen, und dies wiederum, weil wir nämlich vor allen Dingen nie wieder einen Krieg verlieren dürfen. Deshalb eben gilt hier das tiefgedachte Prinzip eines anderen unserer Kriegsführer, nämlich Rudolf Scharpings, w