Methoden der Diskurslinguistik

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Sprachwissenschaftliche Zugänge zur transtextuellen Ebene. Eine Rezension von Siegfried Jäger. Erschienen in DISS-Journal 18 (2009)

Die positive Entwicklung der Diskursanalyse zeigt sich auch in dem Methodenreader, der bereits kurze Zeit nach dem Band „Diskurslinguistik nach Foucault“ im gleichen Verlag von Ingo Warnke herausgegeben worden ist und auf den ich im „Foucault Handbuch“, hg. von Kammler/Parr/Schneider, im Kapitel (Die Rezeption Foucaults in der .Sprachwissenschaft.) bereits ausführlich eingegangen bin. Der Schwerpunkt des hier vorzustellenden Bandes liegt bei der Frage einer angemessenen Methode der Diskurslinguistik, die im einleitenden Kapitel von den Herausgebern ausführlich zu beantworten versucht wird und eine Fülle bedenkenswerter Anregungen enthält.

Das Konzept bezeichnet sich als Diskurslinguistische Mehrebenen-Analyse und figuriert unter dem griffigen Kürzel DIMEAN. Was ist gemeint? Gemeint sind systematische Analyseschritte als Stufen empirischer Analyse von der Erstlektüre über eine intratextuelle Ebenenzuordnung (textorientierte Analyse, propositionsorientierte Analyse, wortorientierte Analyse) zur Analyse der Diskurshandlungen und zur transtextuellen Ebenenzuordnung. Der Weg der Analyse beginnt also mit Einzeltexten und führt sodann zielgerichtet zum zu untersuchenden Diskurs(-strang). Auf diesem Weg, den die „Kritische Diskursanalyse“ in umgekehrter Reihenfolge in ähnlicher Weise beschreitet, wird eine Fülle interessanter Instrumentarien vorgestellt, die durchaus Platz in der Foucaultschen Werkzeugkiste haben können. Die Stringenz und Praktikabilität des einen oder anderen Verfahrens wird sich erst in der analytischen Arbeit erweisen, die es abzuwarten gilt. Soviel sei jedoch bereits gesagt, dass dieser stark linguistisch geprägte Zugang bei Warnke/Spitzmüller auch für die sozialwissenschaftliche Diskursanalyse von Wichtigkeit werden kann, die ja oftmals linguistischen Instrumentarien eher abwartend bis ablehnend gegenübersteht. Insoweit ist die Lektüre dieses Ansatzes auch für die benachbarten Disziplinen rundum zu empfehlen.

Irritieren mag jedoch gleichwohl ein wenig die Zurückhaltung der Autoren gegenüber vorzunehmenden Bewertungen der Diskurse, die gelegentlich zu abqualifizierenden Abgrenzungen gegenüber Ansätzen Kritischer Diskursanalyse und – abgeschwächt: gegenüber Konzepten der Critical Discourse Analysis (Ruth Wodak, Teun A. van Dijk) – führt. Irritieren mag auch in Verbindung damit das Beharren auf dem bloßen Beschreiben der Diskurse, was eine gewisse positivistische Befangenheit zum Ausdruck bringt.

Trotz dieser eher kritischen Anmerkungen muss die Lektüre insgesamt als spannend und weiterführend eingeschätzt werden. Dies gilt zudem für eine Reihe der abgedruckten Artikel, wobei der von Georg Albert mit dem Titel „Die Konstruktion des Subjekts in Philosophie und Diskurslinguistik“ hervorgehoben werden soll. Die Bemühungen, das Subjekt im Diskurs aufzuspüren, sind allerdings kaum von Erfolg gekrönt, weil der Diskurs kein subjektives Produkt ist, sondern ein gesellschaftliches, das allerdings subjektivierende Wirkung hat. Auch die Lektüre weiterer Artikel dieses Bandes ist anregend und dürfte die Diskussion um angemessene Verfahren der Diskursanalyse durchaus bereichern.

 

Ingo H. Warnke / Jürgen Spitzmüller (Hg.)
Methoden der Diskurslinguistik
Sprachwissenschaftliche Zugänge zur transtextuellen Ebene
2009 Berlin/New York: de Gruyter
ISBN 978-3-11- 020041-6
449 S., 99,95 €