Jahreskolloquium 2025

  • Lesedauer:5 min Lesezeit

Sa. 22.11. + So. 23.11.2025
Jugendherberge Sportpark Duisburg
Kruppstr. 9 | 47055 Duisburg

Umkämpfte Gerechtigkeit
Emanzipatorische Aufbrüche und linke Utopien in der Krise

(–> Einladung als pdf)

Wir konstatieren eine Dominanz neu-rechter, autoritärer, rechtsextremer bis offen faschistoider Gesellschaftsentwürfe, die eine Demokratie zersetzende Energie entfesseln. In den USA können wir beobachten, wie christlich-fundamentalistische Weltbilder trotz offensichtlicher Widersprüche zusammenlaufen mit einem mittlerweile rechts verankerten technokratischen ‚Solutionismus‘, der eine rein technologische Lösung ökologisch–sozialer Probleme durch eine über jede gesellschaftliche Kontrolle und Regulation erhabene Inovationselite propagiert und ‚rücksichtslos-kreativ’ gesellschaftliche Zerstörung praktiziert.

Das Zusammenspiel von rechtsextremen Autokratieanhängern und Faschisten mit Tech-Feudalisten, die entweder selbst offen reaktionären und rechtslibertären Gesellschaftskonzepten anhängen oder die Zerstörung von Demokratie und Rechtsstaat zumindest billigend in Kauf nehmen, erreicht mit der Trump-II.-Administration ein neues Bewegungsniveau. Die sogenannte Tech-Oligarchie stellt dabei nicht nur Kommunikations- und Desinformations-Technologien zur Verfügung, die insbesondere rechten Bestrebungen nützlich sind, sondern befeuert aktiv einen breit angelegten rechten Kulturkampf. Die Synthese radikaler Technologieversprechen mit radikalem Individualismus und dem Glauben, eine neue Elite innovativer ‚Übermenschen‘ könne die Welt nur retten, wenn sie sich allen gesellschaftlichen Regeln entzieht, dient dabei als visionäre Fortschrittserzählung, die angesichts einer allgemeinen Utopiearmut in der Mehrfachkrise auch in traditionell eher linksliberalen progressiven Milieus mehr und mehr verfängt.

Je mehr eine Gesellschaft derartige Zukunftsvisionen verinnerlicht, desto eher betrachtet sie andere Menschen als Problem und die Technologie als Lösung, um diese anderen zu kontrollieren. Eine Sichtweise, die uns tiefer in Rückzug und Isolationismus führt.

Mit unserer Konferenz wollen wir Selbstbewusstsein und widerständige Zuversicht tanken – für das Einfordern von und das Einstehen für Gerechtigkeit: Der Gegner solidarischer Utopien ist weniger die rechte Dystopie, sondern vielmehr die Apathie einer vermeintlichen Alternativlosigkeit gegenüber dem ‚Zeitgeist‘, die wir gesellschaftlich breit eingeübt haben.

Das Programm spiegelt diese Perspektive wider: So versucht Marvin Chlada (in: Eine kleine Geschichte der Utopien) eine historische Verortung des Utopiebegriffs, während Helmut Kellershohn (Vom Neoliberalismus zum Postliberalismus) einen Blick auf die konkreten Folgen neoliberaler Reformen und des Bildungsabbaus wirft. Dr. Tino Heim untersucht in Widersprüchliche Allianzen das Zusammenspiel libertärer, anarchokapitalistischer Tech-Oligarchen mit protektionistischen, nationalistischen und neofaschistischen Kräften in der Trump-Ära. Die ideologischen Grundlagen dieser Entwicklungen nimmt die AG Fundiwatch mit einer Analyse der gegenwärtigen Dynamik des christlichen Fundamentalismus als nachhaltige Bedrohung in den Blick. Dr. Thorsten Schlee fragt anschließend in seinem Beitrag Das Ringen um die Episteme – Vom Einsatz kollaborativer Wissensproduktion nach dem Stand und den Möglichkeiten sozialpolitischer Modelle. Dr. Guido Arnold seziert darüber hinaus (in: Gemeinwohlorientierte Entgegnungen auf tech-zentrierte Utopien und ihre eugenischen Wurzeln) die problematischen Grundlagen technokratischer Zukunftsvisionen.

Melanie Stitz schaut in Gewerkschaftliche Aufbrüche – neue Allianzen? auf die Möglichkeiten derzeitiger gewerkschaftlicher Kämpfe. Einen Blick auf konstruktive Gegenentwürfe zur kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft versucht Dr. Jobst Paul zu werfen, indem er in Hinsicht auf Ökonomie und Ethik jüdische Konzepte von Gerechtigkeit rekonstruiert. Isolde Aigner zeigt aus feministischer Perspektive, wie Freund*innenschaft als demokratische Praxis wirken kann. Zum Abschluss stellt Nele Rathke die aufsuchende politische Bildung als entscheidendes Instrument vor, um gesellschaftliche Teilhabe zu fördern und Impulse gegen die Konkurrenzgesellschaft zu setzen.

So verbindet die Tagung theoretische Analysen, gesellschaftliche Diagnosen und praxisorientierte Ansätze zu einem Panorama, das die Krise der Gerechtigkeit aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und Wege zu emanzipatorischen Aufbrüchen eröffnet.

Unsere Veranstaltung wird von der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW e.V. unterstützt. Dadurch ist es möglich, eine Staffelung des Tagungsbeitrags vorzunehmen: Der „normale“ Beitrag beträgt 100 €. Für diejenigen, die diesen Betrag nicht aufbringen können, reduzieren wir den Tagungsbeitrag auf 50 €. Gerne nehmen wir aber auch einen Solidaritätsbeitrag von 150 €.

Bitte meldet Euch bis zum 9.11.25 an ( email an iris.tonks@diss-duisburg.de ), da die Anzahl der Teilnehmenden auf 30 begrenzt ist.

Programm:

==========  Samstag, 22.11.  ==========

9:30 – 10:00   Einführung Margarete Jäger + Jobst Paul
10:00 – 11:00 Marvin Chlada: Eine kleine Geschichte der Utopien
11:10 – 12:10 Helmut Kellershohn: Vom Neoliberalismus zum Postliberalismus

Mittagspause

13:30 – 14:30 Tino Heim: Trump 2.0 – Widersprüchliche Allianzen
14:40 – 15:40 Rubi Rebelde: Christlicher Fundamentalismus

Kaffeepause

16:10 – 17:10 Thorsten Schlee: Das Ringen um die Episteme – Vom Einsatz kollaborativer Wissensproduktion
17:20 – 18:20 Guido Arnold: Gemeinwohlorientierte Entgegnungen auf tech-zentrierte Utopien und ihre eugenischen Wurzeln

19:00 Abendessen

==========  Sonntag 23.11.  ==========

9:00 – 10:00 Melanie Stitz: Gewerkschaftliche Aufbrüche – neue Allianzen?
10:10 – 11:10 Jobst Paul: Jüdische Positionen – Die gerechte Gesellschaft?
11:20 – 12:20 Isolde Aigner: Was wir von dem Konzept Freund*innenschaft für unsere politische Praxis lernen können

Mittagspause

13:30 – 14:30 Nele Rathke: Aufsuchende Politische Bildung – Grundsätze und Strategien
14:30 – 17:00 gemeinsame Perspektiv-Diskussion bei Kaffee und Kuchen

17:00 Ende

(–> Einladung als pdf)