Unmenschliche Spur

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Szenen einer Abschiebung. Von Thomas Quehl, erschienen in DISS-Journal 6 (2000) Begriffe aus dem thematischen Feld von Einwanderung und Flucht sind in Deutschland häufig umstritten. Um so genauer gilt es hinzusehen, wenn die Westdeutsche Allgemeine Zeitung in einem Kommentar unter der Überschrift ‚Rassismus‘ u.a. schreibt: „Hier von ‚institutionellem Rassismus‘ zu sprechen, wie es der Leiter des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung, Prof. Dr. Siegfried Jäger, tat, trifft den Nagel auf den Kopf... Im Deutschland der Schröder-Ära wird dieser Begriff, weil er demaskiert, offenbar (noch) als Beschimpfung aufgefasst. MdB Hans Pflug an Siegfried Jäger: ‚Ich halte Ihren Vorwurf des institutionalisierten Rassismus für absolut überzogen‘." (WAZ 14.4.00) Dieser Kommentar bezieht sich auf die drohende Abschiebung einer Roma-Familie aus Duisburg nach Makedonien. Die zwei Kinder, Samanta (9) und Ajnur (12) haben nahezu ihr ganzes Leben…

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Das Boot ist leer

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Konturen einer künftigen Migrationspolitik. Von Hans Uske, erschienen in DISS-Journal 6 (2000) Immer wenn die Union am Boden liegt, greift sie zu ihrer Wunderwaffe, der „Fremdenfurcht“. Mehrere Asylwahlkämpfe der 80er und 90er Jahre haben so funktioniert, und auch die Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft endete in einem glänzenden, nicht mehr für möglich gehaltenen Unionssieg. Diesmal sollte „der Inder“ die Dinge richten. Raus aus dem Spendensumpf, rein in den Rassismus: Kinder statt Inder. Heraus kam eine „lahme Kampagne“ (FOCUS), die der Union offenbar mehr geschadet als genutzt hat. Keine vollen Boote auf Titelseiten, keine „Ströme“, die nach Deutschland fließen, keine besorgten Kommentare, die „Dämme“ dagegen errichten wollen, und keine mobilisierten Menschenmassen. Statt dessen Prügel von allen Seiten: Die Aktion sei „unmöglich“ (Industrieverbandschef Henkel), „undurchdacht und erbärmlich populistisch“ (Arbeitgeber-Präsident Hundt), Rüttgers sei „nicht politiktauglich“ (FAZ),…

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Von ‚Einzeltätern‘ zum ‚Institutionellen Rassismus‘

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Die britische Regierung zieht die Konsequenzen und trifft eine historische Entscheidung. Von Jobst Paul, erschienen in DISS-Journal 5 (2000) Seit langem fällt der konservative, auf weiteren kulturellen Stillstand deutende Versuch der deutschen Politik auf, die Reformphilosophie des britischen Premierministers Blair - der deutschen Öffentlichkeit gegenüber - als lediglich ‘ökonomisches‘ Projekt zu deklarieren und die deutsche Gesellschaft von einer wichtigen sozialen Reformbotschaft Blairs möglichst fernzuhalten. Blairs Nordirlandpolitik oder sein Versuch, das britische Gesundheits- und Erziehungssystem auf den Begriff der sozialen Gerechtigkeit festzulegen, mögen bekannt sein. Skepsis, Ablehnung, vielleicht sogar Erschrecken mögen einen dagegen bewegt haben angesichts der imperialen Pose der britischen Regierung im Kosovo-Krieg. Ein eigenes Gewicht aber hat eine umwälzende Weichenstellung in der englischen Innenpolitik der Jahre 1997 bis 1999. Auslöser war der Fall des farbigen Schülers Stephen Lawrence, der am 22. April…

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„Die Sprache bringt es an den Tag.“

Victor Klemperers Beitrag zum Verständnis des Faschismus und seiner Nachwirkungen in der Gegenwart. Von Siegfried Jäger. Unveröffentlichtes Manuskript des Vortrags vom 4.7.2000 an der Universität Bonn. Die Veranstaltungsreihe, in deren Rahmen ich mich zu Victor Klemperer äußern werde, lautet „Wissenschaft im Nationalsozialismus“. Hierbei handelt es sich um ein riesiges Feld, über das vielfach gearbeitet wurde, das aber  erst in groben Konturen erforscht ist. Viele Aspekte dieses Forschungsfeldes liegen weiterhin im Dunkeln; manche sind eher zufällig an den Tag getreten, wie etwa der Fall Schwerte – Schneider aus Aachen gezeigt hat. Dieser Fall hat gleichzeitig offengelegt, daß es einen riesigen Hof von Mitwissern gegeben haben muß, die die Belastetheit von Kollegen vertuschen halfen. Dazu kam: Nach 1945 wurden an den Universitäten viele Wissenschaftler wieder eingestellt oder alsbald entlastet, die in den Faschismus erheblich oder auch nur…

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Das Machtspiel des Jörg Haider. Eine diskursanalytische Annäherung

Von Siegfried Jäger. Um Fußnoten und Literaturangaben ergänzte Fassung eines Gastvortrags an der Universität Klagenfurt am 20. Juni 2000. Der Duktus des Vortrags ist im wesentlichen beibehalten. Für Diskussion und Anregungen zu einer ersten Fassung dieses Textes danke ich Margarete Jäger und Ernst Schulte-Holtey. Als Deutscher in Österreich, insbesondere in Klagenfurt, einen Vortrag zu Jörg Haider zu halten, ist angesichts der sich hier abspielenden breiten und kontroversen Diskussion sicherlich ein wenig kühn. Nun ist Österreich durch eine neuere Geschichte, die beide unheilvoll verbindet, so eng mit Deutschland verwandt, daß es sinnvoll sein kann, die neueste Entwicklung in Österreich auch einmal aus deutscher Perspektive zu beleuchten und – zumindest in einigen Punkten - mit der Situation in Deutschland zu vergleichen. Eines möchte ich allerdings vorweg sagen: Es geht mir nicht so sehr um Haiders frech-faschistische Sprüche;…

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Die Restauration rechten Denkens

Von Margret Jäger und Siegfried Jäger. Erschienen in: Forschungsinstitut der Internationalen Wissenschaftlichen Vereinigung Weltwirtschaftz und Weltpolitik (IWVWW), Berichte November 1999, 38-57, auch erschienen in: Loccumer Protokolle 10/99 hrsg. Von Andrea Grimm, Rehburg-Loccum 1999.[1] Kurz nach der Befreiung Europas vom Naziregime durch die alliierten Truppen im Jahre 1945 notierte Victor Klemperer in seinem Tagebuch: “Ich sehe einen neuen Hitlerismus kommen. Ich fühle mich durchaus nicht in Sicherheit.” (Tb. 18.9.1945, 137) Er befürchtete, daß das Nazidenken und -handeln auch nach der Befreiung noch fortdauern könnte. Gerade diese Furcht veranlaßte ihn dazu, sein seit langem geplantes Buch über die Lingua Tertii Imperii, seine LTI, in wenigen Monaten fertigzustelllen. Er sah seine Tagebuchnotizen aus den Jahren 1933-1945 daraufhin durch, exzerpierte und schrieb sie um und destillierte daraus ein “Erziehungsbuch”, durch das er der Fortdauer des Faschismus in den…

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Ethnisierung von Sexismus im Einwanderungsdiskurs. Analyse einer Diskursverschränkung

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Von Dr. Margarete Jäger. Vortrag, gehalten am 16.9.99 an der Universität Georg-August-Universität Göttingen beim Kolloquium „Wissenstransfer zwischen Experten und Laien. Umrisse einer Transferwissenschaft“. Untersuchungen zum Einwanderungsdiskurs in Deutschland haben sich immer wieder mit einer Argumentationsfigur auseinanderzusetzen, die ich im folgenden als Ethnisierung von Sexismus[1] bezeichne. Sie zeigt eine Diskursverschränkung an, die ganz besondere Wirkungen entfaltet. Kaum jemanden ist wohl die Auffassung noch nicht begegnet, daß türkische oder moslemische Männer besonders sexistisch seien, daß sie Frauen in besonderer Weise unterdrückten. Dieses Argument dient dann häufig als Begründung dafür, daß ein Zusammenleben mit Türken oder Moslems für ‚uns’ nur schwer oder gar nicht möglich ist. Sehr häufig wird dieser ethnisierte Sexismus auch mit dem Islam in Verbindung gebracht, wenn etwa angenommen wird, der Koran schreibe Männern die Herrschaft über Frauen geradezu vor. Ein Vergleich mit anderen Vorurteilen, die ansonsten gegenüber…

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Das Kopftuch

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Der Fall Fereshta Ludin. Von Marlies Wehner, erschienen in DISS-Journal 3 (1999) Als sich die deutsche Muslima Fereshta Ludin im Sommer 1998 nach erfolgreichem Abschluß ihres Referendariats um die Übernahme als Hauptschullehrerin in den baden-württembergischen Schuldienst bewarb, erhielt sie vom zuständigen Oberschulamt nach dem üblichen Bewerbungsgespräch eine Ablehnung. Schon als es um das Referendariat als abschließenden Teil ihrer Berufsausbildung ging, hatte dasselbe Oberschulamt die kopftuchtragende Lehramtsanwärterin mit den Fächern Deutsch und Gemeinschaftskunde keiner Schule zuweisen wollen. Diese Entscheidung war jedoch von der baden-württembergischen Kultusministerin Annette Schavan (CDU) im Februar 1997 mit Verweis auf das staatliche Ausbildungsmonopol wieder aufgehoben worden. Nun ging es jedoch um die Übernahme einer Lehrerin mit Kopftuch in den Schuldienst, und die Kultusministerin stellte sich diesmal hinter ihr Oberschulamt, da Fereshta Ludin nicht auf das Tragen des Tuches während des…

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Das erschöpfte Boot

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Otto Schily und die Einwanderer. Von Siegfried Jäger, erschienen in DISS-Journal 3 (1999) Am 4. Februar 1982 hielt der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Alfred Dregger im Rahmen einer Großen Anfrage an die SPD/FDP-geführte Bundesregierung eine denkwürdige Rede zur Ausländerpolitik. Treu deutsch formulierte er: "Die Völker, nicht nur das deutsche, legen in der Regel Wert darauf, ihre nationale Identität zu bewahren. Diese läßt es zu, eine begrenzte Zahl von Ausländern aufzunehmen." Diese Grenze sei aber längst erreicht, was die Regierung aber nicht erkannt habe und wodurch sie zum Entstehen von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in Deutschland beigetragen habe. Dregger, rechts-konservativer Schlußstrichpolitiker und Angehöriger der sog. Stahlhelmfraktion, hat heute, nahezu 17 Jahre nach seinen ethnopluralistischen Ausfällen, unerwartete Konkurrenz bekommen. Durch Otto Schily, den neuen Innenminister, vor wenigen Jahren noch grün, nun rot, und dieser meinte am 15. 11. 1998…

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Faschistoide Phantasmen

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Botho Strauß, Deutschlands meistgespielter Theaterautor der Gegenwart. Von Brigitta Huhnke, erschienen in DISS-Journal 1 (1998) In der Kultur kündigen restaurative Tendenzen schon lange vorher an, was viel später erst im politischen Diskurs mündet. Diese These des amerikanischen Politologen Murray Edelman belegt kein anderer so umfassend wie Botho Strauß, Deutschlands meistgespielter Theaterautor. Dieser begann das patriarchale Raunen nicht erst mit seinem Traktat "Anschwellender Bocksgesang". Schon seine frühen ästhetischen Stücke durchziehen misogyne und nationalistische Deutungsmuster. In Paare, Passanten (1981), seiner wohl erfolgreichsten Veröffentlichung, schaut der Strauß'sche Erzähler vom Podest des vereinzelten 'Genies', angewidert von der "plappernden" Masse. Die Feuilletonisten jubelten, die (deutsche) wissenschaftliche Literaturkritik schläft bis heute. In Paare, Passanten, dieser Ansammlung von Alltagsbeobachtungen, stiften immer wieder Frauen Männer zur Sinnlosigkeit an. Gleich am Anfang empört sich das alter ego des Autors über eine (namenlose)…

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