Tierschutz und Judentum

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Rezension von Jobst Paul. Erschienen in DISS-Journal (39) 2020 Während der vergangenen Jahre, angesichts vieler Unsicher- und Unwägbarkeiten im Lebensmittelhandel, haben nicht nur koschere Restaurants, sondern insgesamt der Handel und Vertrieb koscherer Lebensmittel einen bemerkenswerten Aufschwung genommen. Die drei Gründe liegen auf der Hand: Zum einen sorgt die Beaufsichtigung der gesamten Produktionskette, u.a. der Rohstoffe, der Zutaten, der Herstellung, des Vertriebs und der Lagerung durch jüdische Religionsbeamte für eine sonst kaum zu erreichende Bio-Qualität. Zum anderen schafft die traditionelle Unterscheidung zwischen ‚fleischigen‘, ‚milchigen‘ und neutralen Lebensmitteln besonders für Veganer und Vegetarier (auch für Muslime) einen sicheren Zugang zu einer adäquaten Ernährung. Und schließlich haben sich angesichts der historischen Dauer und der geografischen Verbreitung der jüdischen Speisevorschriften besonders fantasievolle und raffinierte Küchen ausgebildet. Diese praktischen Aspekte haben zwar auch für jüdische Veganer und Vegetarier…

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Der römische Coup der Verfassungsväter

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Rezension von Jobst Paul. Erschienen in DISS-Journal (39) 2020 Am erstaunlichsten an Michael J. Klarmans fast 900 Seiten umfassenden Werk The Framers‘ Coup: The Making of the United States Constitution ((Ich stütze mich auf die Rezension von Gregory Richard (Winona State University) unter http://www.h-net.org/reviews/show-rev.php?id=49124.)) ist wohl die Tatsache, dass niemand vor ihm die Entstehung der US-Verfassung wirklich genau untersucht hat. Nicht weniger erstaunlich aber ist die Erkenntnis, die Klarman schon im Titel andeutet, dass nämlich jene, die an der Entstehung beteiligt waren, teilweise chaotisch improvisierten und waghalsige Entscheidungen trafen, meist gegen den Rat der etablierten politischen Ratgeber – Klarman nennt das Ergebnis daher einen Coup. Und eine dritte Besonderheit: Obwohl die Verfassung teilweise deutlich die Spuren ihrer Entstehung trägt und auch sichtbare Irrtümer und Fehler hat, führte ihr massives Erscheinungsbild die Betrachter schnell…

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Das kolonialistische Narrativ und die NS-Propaganda

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Von Jobst Paul. Erschienen in DISS-Journal (38) 2019 Sandler, Willeke 2018 Empire in the Heimat: Colonialism and Public Culture in the Third Reich Oxford: Oxford University Press. 360 pp. $74.00 (cloth) ISBN 978-0-19-069790-7. Mit Blick auf die deutsche Kolonialgeschichte kann Willeke Sandlers Studie „Empire in the Heimat: Colonialism and Public Culture in the Third Reich“ ((Willeke Sandler, Loyola University, Maryland, Department of History. Ich referiere hier die wichtigsten Aspekte der Rezension von Jakob Zollmann (WZB Berlin Social Science Center) in H-Diplo (August 2019) [https://www.h-net.org/reviews/showrev.php?id=53492].)) als Fortsetzung der Untersuchung von Stefan Manz [Constructing a German Diaspora, The “Greater German Empire”, 1871-1918, in: DISS-Journal 33 (2017)] gelten. ((Oxford : Routledge Taylor & Francis Group, 2013. 360 S.)) Manz beschrieb das ideologische und organisatorische Eigenleben der ‚Auslandsdeutschen‘ (innerhalb und außerhalb Deutschlands) in der Hochphase des deutschen…

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Kunst und Holocaust – als deutsches und angelsächsisches Thema

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Von Jobst Paul. Erschienen in DISS-Journal (38) 2019   Hoffman-Curtius, Kathrin (2018) Judenmord: Art and the Holocaust in Post-war Germany. London: REAKTION BOOKS. 400 pp. $ 57.00 (cloth) ISBN 978-1-78023-907-1.   Zunächst ((Ich stütze mich auf die Rezension von Maya Balakirsky Katz (Bar-Ilan University, Tel-Aviv) auf H-Judaic (Mai 2019) [https://www.h-net.org/reviews/showrev.php?id=54105].)) verwundert es nicht, dass die Frage nach künstlerischen Verarbeitungen des nazistischen Massenmordes zumal in Deutschland an Tabu-Zonen rührt. Kathrin Hoffman-Curtius‘ „Judenmord: Art and the Holocaust in Post-war Germany“ konkretisiert diese Verwerfungen und Brüche, die das Thema mit sich führt, im Zeitraum zwischen 1945 und 1969 anhand konkreter Künstler- und Werkbesprechungen. Doch zunächst interessiert die Tatsache, dass die jetzige englische, überarbeitete und ausgeweitete Fassung des Werks auf die deutsche Originalausgabe ((Hoffmann-Curtius, Kathrin 2014: Bilder zum Judenmord. Eine kommentierte Sichtung der Malerei und Zeichenkunst in…

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DISS-Journal Sonderausgabe Juli 2020

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Die neue Ausgabe der Institutszeitschrift des DISS ist erschienen und kostenlos als PDF abrufbar. Es handelt sich um eine Sonderausgabe zum Thema Antisemitismusforschung und enthält einen Text von DISS-Mitarbeiter Jobst Paul in deutscher und in englischer Sprache. Jobst Paul: Bedingt abwehrbereit. Antisemitismusforschung zwischen Formelkompromissen und der Verstrickung in die christliche Schuldfrage. Ein Protest. In vielen Bereichen der Diskriminierung konnte in den vergangenen Jahren mehr Bewusstsein geschaffen werden, u.a. durch engagierte Forscherinnen und Forscher. Die antisemitische Radikalisierung der vergangenen Jahre wirft daher umgekehrt die Frage nach dem Stellenwert der (deutschen) Antisemitismus-Forschung auf. Der Artikel identifiziert methodische und ideologische Defizite. Zum Beispiel lässt die Fixierung weiter Teile der Forschung auf die Innenschau des Antisemitismus die Betroffenen unsichtbar bleiben. Die Geschichte der christlichen Diskreditierung des Judentums wird zwar oft formal angeführt, aber zugunsten fragwürdiger Rassismus-Thesen ausgeblendet.…

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Landesrabbiner Rieger-Braunschweig (1918): Ein Vierteljahrhundert im Kampf um das Recht und die Zukunft der deutschen Juden

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Aus Anlass von Hanau, im Gedenken an die Opfer von antisemitischen und allen anderen Anschlägen und Kampagnen erinnern wir an die Entstehung des organisierten Antisemitismus in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. Landesrabbiner Rieger-Braunschweig (1918) Ein Vierteljahrhundert im Kampf um das Recht und die Zukunft der deutschen Juden. Verlag des Centralvereins Deutscher Staatsbürger Jüdischen Glaubens, Berlin 1918. [Übertrag mit angepasster Rechtschreibung Jobst Paul, DISS Duisburg] (3) Vorwort. „Wer mir den Anspruch auf mein deutsches Vaterland bestreitet, der bestreitet mir das Recht auf meine Gedanken, meine Gefühle, auf die Sprache, die ich rede, auf die Luft, die ich atme. Darum muss ich mich gegen ihn wehren - wie gegen einen Mörder.“ Wenn dieses mannhafte Wort Gabriel Riessers die Losung der deutschen Juden geworden wäre, dann hätte der Antisemitismus in Deutschland nie die Macht gewinnen…

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Wie stoppt man Demagogen?

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Oder: Ist Rhetorik für Demagogie verantwortlich? Eine Rezension von Jobst Paul. Erschienen in DISS-Journal 37 (2019) Auch wenn sich Patricia Roberts Miller’s kurzes Essay Demagoguery and Democracy als Analyse des Phänomens Trump anbietet, so geht ihre Absicht doch eher dahin, die kulturellen Bedingungen in den Fokus zu rücken, die Demagogie erst möglich machen, und Gegenmittel zu formulieren. Roberts Miller lehrt Rhetorik an der Universität Austin in Texas. Sie bestreitet die Annahme, dass Demagogen aufgrund der bloßen Kraft ihrer Persönlichkeit und ihres Charismas hervortreten. Vielmehr bieten Zeiten, in denen die Öffentlichkeit selbst in ihrer Breite polarisierend argumentiert, Demagogen die Chance zum Aufstieg. Ihnen geht daher ein gesellschaftlicher Verlust an eigentlicher Dialogfähigkeit voraus. Damit aber sieht sich Roberts-Miller umgekehrt genötigt, einige Merkmale von eigentlicher ‚Dialogfähigkeit‘ und der gewünschten demokratischen Erwägungskultur zu formulieren, die nicht –…

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Elitärer Populismus

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Eine Rezension von Jobst Paul. Erschienen in DISS-Journal 37 (2019) In Messengers of the Right. Conservative Media and the Transformation of American Politics skizziert die Politologin Nicole Hemmer die Geschichte einer US-spezifischen, rechtsgerichteten medialen Konstellation, die von den 1950ern bis in die aktuelle Trump-Ära reicht. Im Zentrum der von Hemmer als ‚elite populism‘ bezeichneten Konstellation stehen zum einen jeweils konservative, eigenwillige Einzelfiguren mit Elite-Hintergrund, d.h. ausgestattet mit erheblichem finanziellen, sozialen und kulturellen Gewicht. Das zweite Merkmal ist die Wahrnehmung jener Einzelfiguren, von einer liberalen, progressiven, egalitären Mehrheitsbewegung in die Bedeutungslosigkeit abgedrängt worden zu sein. Das dritte Merkmal ist, dass jene Figuren in der Lage sind, sich eine mediale Basis zu schaffen, um gegen ihren Ausschluss vorzugehen. Damit aber werden sie auch – viertens – zu Ankerpunkten jeweils neuer rechtskonservativer Sammlungsbewegungen. Hemmer kann diese…

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Ein gewählter Diktator

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Eine Rezension von Jobst Paul. Erschienen in DISS-Journal 37 (2019) Angesichts der Zugehörigkeit Trumps zu den Boulevard-Medien und angesichts seiner skurrilen ‘Verhaltensabweichungen’ vergisst man leicht, dass Trump, obwohl unerfahren, sein Amt mit einer ungeheuren Macht antrat und dass er dadurch den Status des Präsidenten innerhalb des US-Verfassungssystems noch einmal real und konkret verändert. Dies kommt hinzu zur Machtausweitung, die amerikanischen Präsidenten etwa durch den Kalten Krieg, durch neue technologische Mittel, durch den ‚war on terror‘ und durch die faktische Abdan-kung des Kongresses als Autorität über Krieg und Frieden seit dem 2. Weltkrieg zuwuchs. Hierher gehört auch die Praxis der präsidialen Verordnungen und Verlautbarungen. Diese Entwicklung kam durch die Nixon-Krise nur zeitweise zum Halten, während Ronald Reagan für einen massiven neuen Schub präsidialer Macht sorgte, und zwar durch einen ganzen Fächer expansiver Maßnahmen. Den…

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Der Mueller-Report: Zwischen Ernüchterung, Entsetzen und Realpolitik

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Von Jobst Paul. Erschienen in DISS-Journal 37 (2019) Ursprünglicher Gegenstand der Untersuchung des US-Sonderermittlers Robert Mueller war zwar die Einflussnahme der russischen Regierung auf die Wahl Trumps, aber auch jede andere Straftat, die Mueller im Verlauf der Untersuchung bekannt werden würde. Noch bevor der Report erschien, waren (mit Stand: März 2019) bereits sechs frühere Berater Trumps, 26 Personen russischer Nationalität, drei russische Firmen, ein Kalifornier und ein Londoner Rechtsanwalt angeklagt oder schon verurteilt, während weitere Prozesse noch nicht abgeschlossen waren. Anklagen gegen enge Familienangehörige Trumps und gegen Trump selbst erschienen möglich oder sogar wahrscheinlich. Das wurde allgemein so verstanden, dass Mueller die Schlinge um Trump selbst immer mehr zuziehen wolle, um dem Kongress das Impeachment Trumps zu ermöglichen. Die Auslagerung einer Vielzahl von Verfahren wurde so verstanden, dass Mueller der Gefahr vorbeugte, dass…

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