Von Helmut Kellershohn. Erschienen in DISS-Journal 20 (2010) Es gibt zweifellos unterschiedliche Lesarten des Völkischen Nationalismus, mal moderate, mal weniger moderate. Die folgenden Ausführungen sollen zwei Knotenpunkte kenntlich machen, über die ein völkisches Verständnis von „Volk“ und „Nation“ sowohl implementiert als auch radikalisiert werden kann: zum einen über die Kopplung mit geopolitischen (Volk und Raum), zum anderen über die Verbindung mit eugenischen bzw. rassenhygienischen Ideen (Volk und Rasse). Öffentliche Debatten, die diese Knotenpunkte berühren, selbst wenn sie ursprünglich nicht einem explizit völkischen Denkhorizont entstammen sollte, sind daher für eine extreme Rechte, die sich als Gralshüterin in Sachen Ethnopolitik versteht, von besonderer Bedeutung. Gerade die Sarrazin-Debatte hat eindrucksvoll belegt, wie etwa eugenische Gedankengänge – Frank Schirrmacher (FAZ) hat sie schon zu Beginn der Debatte als Kernstück von Sarrazins Brandschrift bezeichnet – in den Medien…
Von Helmut Kellershohn. Die Deutsche Gildenschaft und ihr Verhältnis zum Nationalsozialismus. Dieser Text erschien erstmals im Jahrbuch des Archivs der deutschen Jugendbewegung, Band 19 (1999-2004), Wochenschau Verlag, Schwalbach/Taunus 2004, S. 255-292. Die Geschichte der Deutschen Gildenschaft (DG), einer akademischen Korporation, die mittlerweile auf eine rund achtzigjährige Tradition zurückblicken kann, ist aufs engste mit der Geschichte der deutschen Jugendbewegung, insbesondere mit der der Bündischen Jugend verbunden. Freilich ist selbst die Existenz dieser Korporation einer größeren Öffentlichkeit im allgemeinen nicht bekannt, so daß es sinnvoll erscheinen mag, zu- nächst ein Kurzporträt der Gildenschaft voranzuschicken, um von dort aus die Fragestellung nach dem Verhältnis der Gildenschaft zum Nationalsozialismus aufzuwerfen. Der vollständige Beitrag kann hier als pdf-Datei heruntergeladen werden: Im „Dienst an der nationalsozialistischen Revolution“
Rechte Gedanken zum Abbau des Sozialstaats. Von Helmut Kellershohn. Erschienen in DISS-Journal 12 (2004) Die so genannte Neue Rechte (NR) hat ein Problem: die wichtigsten Prozesse in diesem Lande laufen weitgehend ohne sie ab. Sie muss sich mit der undankbaren Rolle desjenigen begnügen, der die Vorgänge interpretiert und je nach Sichtweise kritisiert oder absegnet. Das gilt speziell in Hinblick auf die derzeitige „Reform“ des Sozialstaates - nicht gerade ein Lieblingsthema der NR. In der Ausgabe vom 26. September 2003 der „Jungen Freiheit“ (JF) erhalten Gastautor Eberhard Straub (den man im eigentlichen Sinne nicht als der NR zugehörig betrachten kann) und die JF-Redakteurin Angelika Willig Gelegenheit, ihre Positionen zum Sozialstaatsproblem zu umreißen. Die Debatte hat exemplarischen Charakter. „Sozialstaat retten“ Der Historiker Straub (Jg. 1940) war bis 1986 Feuilletonredakteur der FAZ und bis 1997 Pressereferent…
Tagung des Verfassungsschutzes zur Neuen Rechten. Von Helmut Kellershohn. Erschienen in DISS-Journal 12 (2004) Innenministerium und Verfassungsschutz (VS) des Landes Nordrhein-Westfalen veranstalteten am 8. Oktober 2003 in Düsseldorf eine politisch nicht unumstrittene Tagung zur sogenannten „Neuen Rechten“ (NR). Die Überlegungen, die der Tagung zugrunde lagen und aus der Sicht des VS für sie sprachen, werden in einer Pressemitteilung offen angesprochen: Der VS möchte mit einer intellektuell „aufgerüsteten“ Mitarbeiterschaft und verstärkter Öffentlichkeitsarbeit sein Verständnis vom „Schutz unserer Verfassung“ unter die Leute bringen und sich als „Ansprechpartner für Wissenschaft, Medien und politische Bildung“ profilieren. Im Hintergrund dieser Offensive steht der seit Jahren anhaltende Konflikt mit der rechtsintellektuellen Wochenzeitung „Junge Freiheit“ (JF), die sich zu Unrecht vom VS-NRW beobachtet fühlt. Derzeit strebt sie eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an, um die Beobachtung unterbinden zu lassen. Im Vorfeld…
Verfrühte Absolution für die „Junge Freiheit“ aus dem Bundesinnenministerium. Von Helmut Kellershohn. Erschienen in DISS-Journal 9 (2001) Wie aus dem Bundesinnenministerium zu hören ist, geht man dort an hoher Stelle davon aus, daß die rechtsintellektuelle Wochenzeitung Junge Freiheit (JF) allenfalls noch zu fünf Prozent als rechtsextremistisch einzustufen sei. Ich will im Folgenden nicht darüber spekulieren, welche Motive sich hinter dieser sonderbaren Rechnung verbergen. Anhaltspunkte für eine solche Einschätzung mag es durchaus geben, aber nur eine oberflächliche und politisch voreingenommene Lektüre der Zeitung kann dazu verleiten, diese überzubetonen. Doppelstrategie Die JF und ihre Macher bewegen sich auf der Grenzlinie des Verfassungsbogens. Man präsentiert sich einerseits als journalistisches Flagschiff einer in Entwicklung sich befindenden „konstitutionellen Rechten in Deutschland“, von der der Chefideologe der JF, Karlheinz Weissmann, behauptet, sie werde demokratisch sein, oder sie werde nicht…
Helmut Kellershohn rezensiert das Buch von Christoph Deutschmann. Erschienen in DISS-Journal 8 (2001) Dass das Geld „nervus rerum“ (Jean Bodin) sei, ist eine Erkenntnis des 16. Jahrhunderts, als der europäische Frühkapitalismus sich anschickte, die Welt zu erobern und zu verändern. Heutzutage, in Zeiten des sog. Casino-Kapitalismus, in denen das Geld nun wirklich universelles, alle Poren des Lebens durchdringendes Element geworden ist, handelt es sich um eine Einsicht mit luxuriösem Charakter, die diejenigen pflegen, die die (Wahl-)Möglichkeiten ihres Geldvermögens zu schätzen wissen. Da Wissenschaftler meistens knapp bei Kasse sind, ergibt sich das seltsame Phänomen, wie Christoph Deutschmann am Beispiel der jüngeren Soziologiegeschichte aufzeigt, daß sie die Bedeutung des Geldes eher herunterspielen und in Teilbereiche der Gesellschaft verweisen -eine Technik der Verkleinerung, derzufolge dann das Geld keine allzu große theoretische Unruhe verursacht. Das Buch des…
Die Deutsche Gildenschaft und die Gründung des "Instituts für Staatspolitik". Von Helmut Kellershohn. Erschienen in DISS-Journal 8 (2001). Sechs Jahre nach dem Umzug der Jungen Freiheit (JF) nach Berlin und ihrem Erscheinen als Wochenzeitung ist die Gründung des Instituts für Staatspolitik (INSTAPO) der zweite und die der Edition Antaios der dritte ”Paukenschlag” jungkonservativer Intellektueller aus den Reihen der Deutschen Gildenschaft (DG). Dieter Stein, Chefredakteur der JF, kommt aus der Hochschulgilde Balmung zu Freiburg; zwei von drei Mitgliedern des ”Gründerkollegiums” des Instituts sind ebenfalls Gildenschafter. Der Spiritus Rector des Instituts, JF-Autor und Historiker Karlheinz Weißmann, entstammt der Göttinger Gilde; die Alltagsgeschäfte des Instituts führt Götz Kubitschek, langjähriger Aktivensprecher der DG und zeitweilig für das Ressort ”Sicherheit und Militär” in der JF verantwortlich. Er ist auch die treibende Kraft in der Edition Antaios. Mit diesen…
Von Helmut Kellershohn, erschienen in DISS-Journal 5 (2000) Von Ranke stammt bekanntlich der Satz: „jede Epoche ist unmittelbar zu Gott". Der neoliberale Zeitgeist heute fordert dagegen nichts weniger, als daß jedes Individuum unmittelbar zum Weltmarkt sei - nicht bloß in einem praktischen, sondern selbstverständlich auch in einem moralischen Sinne. Vermutlich wird ein Schüler heutigen Tages in seiner schulischen Karriere von Ranke recht wenig oder gar nichts erfahren. Daß der Weltmarkt jedoch wie ein Damokles-Schwert über seinem Haupte schwebt, wird ihm bei einigermaßen vorhandener Wachheit zu einer bereits geläufigen Alltagsweisheit geworden sein. Falls nicht empfehlen wir dringend Weckamine der verschiedensten Art, z.B. einen Blick auf folgenden Vorgang. Die Kultusministerkonferenz verkündete am 28.6.1997: „Der Stand in den mathematischen und naturwissenschaftlichen Fächern ist wesentlicher Indikator für das Leistungsvermögen und die Wettbewerbsfähigkeit einer Gesellschaft." Man wünsche, daß…
Von Helmut Kellershohn, erschienen in DISS-Journal 2 (1998) Das Brüsseler Treffen der EU-Regierungschefs am ersten Maiwochenende brachte zwar nicht den erhofften symbolischen Glanz für Helmut Kohl, dennoch war das Zentralorgan des bundesdeutschen Kapitals, die FAZ, leidlich zufrieden. Ihr Kommentator Peter Hort schrieb mit dem Blick für das Wesentliche: "Schon im Maastrichter Vertrag gelang es Kohl und Waigel, das künftige Geld und die Notenbank nach deutschem Vorbild zu prägen. Alle weiteren Vorbereitungen ließen stärker als erwartet die deutsche Handschrift erkennen: Die Bank wurde in Frankfurt angesiedelt, die neue Währung `Euro' statt `Ecu' getauft, Waigel hat gegen den Widerstand vor allem Frankreichs den Stabilitäts- und Wachstumspakt durchgesetzt. Damit haben die Deutschen den Franzosen die Kontrolle über das Entstehen der neuen Währung mehr und mehr aus der Hand genommen." "Wir" Deutsche dürfen also zufrieden sein, oder?…
Wie die Rechten die Hamburger Senatswahl beurteilen. Von Helmut Kellershohn, erschienen in DISS-Journal 1 (1998) Nach der Wahl in Hamburg hat angesichts der Ergebnisse auch im rechtsextremen Lager das Nachdenken über die weiteren Perspektiven begonnen. Die Republikaner hatten die Focussierung des Hamburger Wahlkampfs auf das Thema Innere Sicherheit mit zwiespältigen Gefühlen aufgenommen. Die Ansprache des Vorsitzenden Schlierer in der Septemberausgabe der Parteizeitung zeigt das Dilemma: "Jetzt übernehmen dieselben Politiker, die uns bislang als Extremisten diffamiert haben, kurz vor der Wahl die Forderungen der Republikaner. Um anschließend im alten Trott weiterzumachen." Schlierer pochte vergeblich gegenüber dem gewöhnlichen Extremismus der Mitte darauf, daß man doch alles schon früher gewußt habe und daher das Original sei, dem der Wähler bitte schön sein Vertrauen zu schenken habe. Nach dem Desaster (1,9%) wird die Parole "Wir sind das…