5.     Es ist angesagt, das Selbstverständliche zu be­zweifeln!

Zusammenfassung

„Der Kleinbürger ist ein Mensch, der unfähig ist, sich den Anderen vorzustel­len. Wenn der Andere sich seinen Blicken zeigt, wird der Kleinbürger blind, oder er ignoriert oder er leugnet ihn, oder aber er verwandelt ihn in sich selbst.“ (Roland Barthes, 1964, S. 141f.)

Wir haben 22 Interviews analysiert. Mit unseren Ergebnissen verbinden wir die Hoffnung, daß sie für konkrete antirassistische Arbeit nützlich sind. Wir hoffen das auch deshalb, weil unsere theoretische Ausgangsdiskussion und das angewandte diskursanalytische Verfahren trotz der scheinbar geringen Zahl der Interviews bereits weitreichende Verallgemeinerungen zuläßt.

Wir sind uns darüber im klaren, daß die Arbeit des Analysierens allein noch wenig nutzt, rassistische Haltungen zurückzudrängen und rassistisch moti­vierte kriminelle Delikte zu verhindern. Wir meinen aber, daß die Ergeb­nisse unserer Arbeit zum Weiterdenken und Weitertun anregen müß­ten:

Nahezu alle Interviewten, die jeweils als Repräsentanten größerer Bevölke­rungsgruppen angesehen werden können, sind in rassistische Diskurse ver­strickt. Dabei gibt es zwar graduelle Unterschiede. Aber selbst noch solche Menschen, die - aus welchen Gründen auch immer: religiösen und/oder poli­tischen  - Menschlichkeit zu ihrem obersten Lebensinhalt gemacht haben, sind nicht dagegen gefeit, Menschen fremder Herkunft mißtrauisch bis ab­lehnend gegenüberzustehn, ihre Anwesenheit und nicht das Verhalten der „Eingeborenen“ als das Problem anzusehen.

Viele wissen oder ahnen doch, daß ihre Skepsis und ihre Einstellungen ge­genüber EinwanderInnen nicht richtig sind, und deshalb verbergen die mei­sten von ihnen ihre rassistischen Haltungen hinter Relativierungen und zur Schau getragener Wohlanständigkeit. Daneben gibt es auch solche Men­schen, die in völliger Selbstgerechtigkeit und daher ganz offen ihren Alltag, ihre Sicht der Dinge zum Maßstab aller Dinge machen. Für alle diese Men­schen sind nur sie selbst und allenfalls noch die anderen Deutschen, ihre ei­ge­nen Normen und Werte, Sitten und Gebräuche „normal“, während alle die­­jenigen, die von dieser imaginierten Normalität abweichen, als verrückt und abartig erscheinen.[1] Dazu kommt, daß die so hergestellte, so ge­se­he­ne und verabsolutierte Normalität als etwas Natürliches und über­historisch Gültiges angesehen wird, für das man auch deshalb keinerlei Verantwor­tung trägt. Roland Barthes spricht von seinem „Gefühl der Unge­duld“ ange­sichts der »Natürlichkeit«, die der Wirklichkeit von der Presse oder der Kunst unaufhörlich verliehen wurde, einer Wirklichkeit, die, wenn sie auch die von uns gelebte ist, doch nicht minder geschichtlich ist. Ich litt also dar­unter“, schreibt er, „sehen zu müssen, wie »Natur« und »Geschichte« ständig miteinander verwechselt werden.“ (Barthes 1964, S. 7)[2]

Wie erklärt sich diese Mythisierung, diese Konstruktion der Normalität, die ja Konstruktion ist, um nicht zu sagen: Reine Wahnvorstellung?

Dieses Normalitätsdenken entsteht nicht aus dem Nichts heraus, sondern ist Produkt der Erziehung und wird bestärkt durch die Medien etc., also durch die „öffentlichen Erzählungen“. Michel Foucault sprach von Norma­litäts-Dispositiven, durch die alle Bereiche der Gesellschaft, der demogra­phische, der ökonomische, ökologische, medizinische, psychiatrische, sexu­elle und zunehmend auch politische „gemanaged“ werden.[3]

Der englische Schriftsteller John Berger, der in seinen Romanen und Es­says viel über die Folgen von Verarmung, Vertreibung und Entwurzelung und die »verrückten« Reaktionen derjenigen nachgedacht hat, die die Ver­triebenen nicht integrieren konnten und wollten[4], bietet hier eine Erklä­rung an, die ich im folgenden zitieren möchte. Seine Beobachtungen zur Si­tuation in Frankreich dürften auch auf Deutschland zutreffen. Berger schreibt:

„Der leere Raum, die Lücke zwischen der Erfahrung, in diesem Moment auf unserem Planeten ein normales Leben zu führen, und den öffentlichen Er­zählungen, die zur Sinngebung für dieses Leben angeboten werden, ist unge­heuer groß. Darin liegt die Trostlosigkeit, nicht in den Tatsachen. Deshalb ist ein Drittel der französischen Bevölkerung bereit, auf Le Pen zu hören. Die Geschichte, die er erzählt - so übel sie ist - , scheint dem Geschehen auf den Straßen näher zu sein. Deshalb auch, wenngleich auf andere Weise, träumen Menschen von einer »virtuellen Realität«. Irgendwas - von Demagogie bis hin zu vorfabrizierten onanistischen Träumen - irgendwas muß her, egal was, nur um die Lücke zu schließen! In solchen Lücken verlieren sich Menschen, und in solchen Lücken werden Menschen verrückt.“ (Berger 1991)

Zwischen der erfahrenen (wie auch immer schlechten) Normalität und den Mythen der öffentlichen Erzählungen, die diesen wirklichen Erfahrungen der Menschen nicht entsprechen, klafft eine Lücke, die unsicher macht.

Der öffentliche Versuch, mit aberwitzigen und phantastisch-brutalen Sur­roga­ten für ein mögliches sinnvolles Dasein den Menschen ihr Leben als sinnvoll erscheinen zu lassen, gelingt zunehmend nicht mehr. Sie können die Kluft zwischen der alltäglichen Erfahrung, dem also, was Berger „normales Leben“ nennt, und der gepredigten Normali­tät nicht mehr über­brücken. Hier greifen realitätsnahere populistische An­gebote, die an den Stammtischen, in Vereinen, Parteien und (in fast allen und nicht nur polit-pornographischen) Medien verhökert werden. Die über uns her­einbrechende »Flut fremder Menschen«, die anders sind als wir, die als »nicht normal« ge­zeichnet werden, sie ist einer der Mythen, die sich auf konkrete Alltagser­fahrungen beziehen lassen, Plausibilität für sich haben und sich so gegen die hergebrachten Mythen wenden.[5] Hier findet der Wunsch nach Erhalt der Alltags-Normalität sein Ventil: Sind die »Ausländer« „hinweggetan“, scheint die Welt zumindest wieder ein bißchen normaler.

Beide Formen des Mythos, die der falschen öffentlichen Normalitäts-Sinn­gebung und die populistischen der Nicht-Normalität der „Anderen“, bezie­hen sich auf die Natur. Doch auf die EinwanderInnen und die Flüchtlings­heime kann man - besser als auf die angeblich durchgesetzte Demokratie - zugleich mit dem Finger zeigen, zumal wenn sie in Sammellager gepfercht, zur Ghettobildung gezwungen oder zur Erwerbslosigkeit verdammt werden, zumal sie als nicht normale und deshalb bedrohliche »Fluten« kollektivsym­bolisch und auf andere Weise in den Gemütern der Menschen verankert werden.

So sind die in rassistische Diskurse Verstrickten zwar Opfer eines „Geistes geistloser Zeit“.[6] Indem sie in den rassistischen Diskurs verstrickt sind, sind sie aber zugleich potentielle Täter, die eines Tages auch zu wirklichen Tätern werden können, oder zumindest aktive Mitläufer. So gesehen, sind sie „unschuldige Täter“[7], ihre „Unterwerfung unter das Gegebene“, das an­geblich „Normale“, korrespondiert mit ihrer Rebellion gegen die mythisch beschworenen, als unnormal gezeichneten Ersatzfeinde.

Das ist das Eine! Näher zu beleuchten sind die Manager die­ser Situation und deren Offiziere, Unteroffiziere und Vorarbeiter. Diejeni­gen, die dafür in erster Linie verantwortlich sind, daß auf diesem Planeten kein gutes Leben gelebt werden kann. Die dafür verantwortlich sind, daß Natur und menschliches Leben verkümmern, die Eroberer, die für Kriege und Ausbeutung stehen. Und auch die, die keine Wohnungen bauen, damit die Preise hochgetrieben werden können.

Die, die Betonstädte planen und sich in den inneren Cities Denkmäler setzen[8], die sich zugleich auf ihren Konten als Zuwächse niederschlagen: Dieses Gewimmel von Herrschaft, Geld und Eitelkeiten.

Entmythisierung - nicht nur der rassistischen Mythen - ist also angesagt. Theodor Adorno nannte das Aufklärung. Der sozialistische Erziehungstheo­retiker Heinz-Joachim Heydorn sprach von Bildung, von „systematische(r) Vermittlung von gesellschaftlicher Rationalität durch Bildung, (die) die Möglichkeit aller Rationalität (enthält): Das Selbstverständliche zu bezwei­feln.“ (Heydorn 1980, S. 99) Und man möchte fortfahren: Das Öffentlich-Normale als nicht normal zu erkennen und das als nicht normal Darge­stellte als völlig normal.

Mit unseren Untersuchungen zum alltäglichen Rassismus hoffen wir zur Möglichkeit einer solchen Bildung einen kleinen Beitrag zu leisten. Er wird insbesondere auch die Herausbildung größerer Sprachbewußtheit betreffen und vielleicht ein wenig da­bei helfen können, die herrschende Sprachlosig­keit (im doppelten Sinne des Wortes) aufzuheben, einige Handhaben bereit­stellen gegen die „verdorrte Sprache“, gegen die „entfremdete Sprache“ un­serer Zeit, „die Mündigkeit zerstört, neue, gesellschaftskonforme Initiation ankündet, den Menschen beraubt, ihn zur selbstfeindlichen Produktion an­treibt.“ (ebd.) Denn „Mündigkeit setzt voraus, daß sich der Mensch ausspre­chen kann, seiner selbst durch Sprache mächtig wird“ (ebd.), einer Sprache, die sich gegen „die Sprache der industriellen Produktion (richtet), der Über­setzung des Men­schen in Psychometrie“, gegen „eine Sprache, die den Wi­derspruch fortzau­bert, ihn ins Unbewußte verdrängt, wo er als Neurose zum faschistischen Reservoir wird.“ (ebd.)[9]

 

6.     Handlungsperspektiven und Ausblick!

6.1         Entmythisierung ist angesagt!

Wenn das Nichtnormale als normal unterstellt wird und Normalitäten zu Anomalien, bedrohlichen Fluten und sinkenden Schiffen hypostasiert wer­den, dann kann die Konsequenz in Gestalt der Entwicklung von Gegenstra­tegien und Gegendiskursen, erst einmal sehr global definiert, im Grunde nur lauten: Entmythisierung!

Das ist natürlich angesichts des herrschenden Normalitätsdispositivs oder - mit Barthes gesprochen - angesichts des „Befalls der gesamten Gesellschaft durch den Mythos“ eine Aufgabe, die schier unlösbar erscheinen mag, und zudem eine, die den Entmythologisierer in ein Dilemma verstrickt, das Bar­thes folgendermaßen kennzeichnet:

„Aber wenn der Mythos die ganze Gesellschaft befällt, muß man, wenn man den Mythos freilegen will, sich von der gesamten Gesellschaft entfernen.“ (Barthes 1964, S. 148.f.) Barthes sieht, daß „Jeder etwas allgemeine Mythos ... effektiv zweideutig (ist), weil er die Humanität selbst jener repräsentiert, die ihn, da sie nichts besitzen, entliehen haben.“ Und er unterstreicht dieses Problem mit dem folgenden Beispiel: „Die Tour de France, den guten fran­zösischen Wein entziffern, heißt sich von jenen absondern, die sich daran er­freuen.“ (Barthes 1964 ebd.)

Dieses so geschilderte Dilemma enthält aber zugleich den Hinweis darauf, wie man ihm entgehen kann, auf jeden Fall aber die Forde­rung, daß man sich nicht davon gefangennehmen läßt. Barthes geht davon aus, daß der Mythologe, und damit meint er denjenigen, der die Mythen „knacken“ kann, „sich von allen Verbrauchern von Mythen aus(schließe)“ - und dies sei keine Kleinigkeit.

Damit konstruiert Barthes aber eine eindimensionale Figur des „Nur-My­thenknackers“, die es in der gesellschaftlichen Wirklichkeit so einfach nicht geben kann. Weshalb soll ich nicht den guten französischen Wein ge­nießen können, ohne zugleich den Mythos seiner „Güte“ (seinen „Wert“) zu kritisie­ren? Zumal Barthes eingesteht, daß der französische Wein objektiv gut ist? Schließen sich denn wissenschaftliche Mythenanalyse und die Ent­wick­lung politisch-pädagogischer Gegendiskurse, die die Humanität derje­nigen beachten, die dem Mythos unterliegen, gegenseitig aus? Ich denke: nein!

 

6.2         BrandSätze löschen! Einige diskurstaktische Konse­quenzen

Alle Interviews, die wir durchgeführt und analysiert haben, zeigen, daß die Menschen mehr oder minder in rassistische Diskurse verstrickt sind. Sie zeigen ebenfalls ausnahmslos, daß der Interdiskurs, den die Interviewten reproduzieren, primär durch die Medien gespeist wird, der wiederum durch die verschiedenen Spezialdiskurse der Politik, der Wissenschaften etc. de­terminiert ist.

Charakteristisch für das „fluktuierende Gewimmel“, das der Interdiskurs darstellt, ist die Tatsache, daß auch die in den Interdiskurs Verstrickten ihre Einstellungen und Haltungen in den verschiedensten alltäglichen Si­tuationen weitergeben und aufnehmen, also auch produktiv an der Existenz und dem Sich-Fort-Schleppen der Diskurse mitwirken. Auch berücksichti­gen die Medien den Interdiskurs sozusagen als Resonanzboden und bezie­hen sich auf diesen, wenn sie ihre Botschaften unter die Menschen bringen wollen. Diese Botschaften könnten nicht empfangen werden, wenn es dafür keine „offenen Ohren“ gäbe.

In diesem diskursiven Gewimmel schleppt sich auch der Diskurs des Ras­sismus fort, aber in eigentümlicher Weise: Rassismus gilt als unanständig, Rassisten werden außerhalb des demokratischen Spektrums, wie es in die­ser Gesellschaft akzeptiert ist, angesiedelt. Das ist der Grund, weshalb sich die am rassistischen Diskurs Beteiligten fast immer zu verkleiden suchen. Diese Tatsache schlägt sich in unseren Interviews in Gestalt von Verharm­losungs-, Leugnungs- und Verschleierungsstrategien nieder, in der Über­nahme der Kollektivsymboliken, die - obwohl sie alles enthalten - nichts of­fen sagen.

Alle bewußten und unbewußten Versuche, die rassistischen Einstellungen und Haltungen zu verbergen, haben unserer Analyse nicht standhalten können. Sie liegen offen zu Tage. Die bevorzugten Themen wurden aufge­zeigt, die Argumentationsstrategien, die Mythen der Naturalisierung des Sozialen und der Geschichte und der Orientierung des Selbst im Gegensatz zu den Anderen aus der Perspektive einer Weltsicht, die nur das Eigene als das Normale gelten läßt und das „Andere“ an dieser „Normalität“ mißt und sehr verbreitet als nicht-normal abqualifiziert und ausgrenzt.

Zugleich haben wir hier - in dem einen Ausschnitt, der rassistische Haltun­gen und Einstellungen betrifft - ein Stück weit ein Psychogramm heutiger Menschen in einer Gesellschaft wie unserer - herausarbeiten können, einen, wie wir meinen, wichtigen Bestandteil ihrer »Identität«.

Doch selbst die besonders stark in den rassistischen Diskurs verstrickten Menschen sind in ihrer Person keineswegs auf diese Haltungen und Einstel­lungen zu reduzieren. Sie mögen neben ihren rassistischen Haltungen und Einstellungen auch noch von chauvinistischen, sexistischen, masochisti­schen, sadistischen und sonstigen Haltungen und Einstellungen durchsetzt sein; sie verfügen jedoch auch über andere, vernünftige, „menschliche“, wie verborgen und verstellt, wie entfaltet oder verkümmert diese auch aussehen mögen. Antonio Gramsci spricht vom „gesunden Kern des Alltagsverstandes, der darum bon sens genannt werden könnte und ver­diente, weiter entwickelt und einheitlich und kohärent gemacht zu werden.“ (Gramsci 1967, S. 133f.)

Gramsci bezeichnet den Alltagsverstand als zugleich „engherzig, neuerungs­feindlich und konservativ“, als unkritisch und widersprüchlich. In ihm fin­den sich, wie er meint, „Elemente des Höhlenmenschen“, aber auch „Prinzipien der modernsten und fortgeschrittensten Wissenschaft“, sowohl „lokale Vorurteile aller vergangenen geschichtlichen Phasen“ als auch „Intuitionen einer zukünftigen Philosophie, die dem in der ganzen Welt ge­einten Menschengeschlecht eigen sein wird.“ (vgl. ebd. S. 130-133)

Weiterentwicklung des gesunden Kerns des Alltagsverstandes ist Gramscis politisches und pädagogisches Konzept. Möchte man dieser insgesamt op­timistischen Einschätzung folgen, so bedeutete dies, daß man davon ausge­hen zu können glaubt, daß anti-rassistische Arbeit dazu einen Beitrag lei­sten könnte. Auf dem Hintergrund unserer Analysen würde dies, zunächst sehr allgemein und in Form eines Zielkatalogs formuliert, bedeuten:

1.    Die verschiedenen rassistischen Diskurse, insbesondere der Massenme­dien, analysieren und den Nachweis erbringen, daß sie Mythen und Normalitäts-Dispositive transportieren und damit das Geschäft der Na­turalisierung und Enthistorisierung des Gesellschaftlichen betreiben. Zeigen, daß dies auch für „uns“ dramatische Folgen hat: uns trotz frustrierender und unterdrückender Lebensbedingungen als ohnmächtig und handlungsunfähig zu begreifen, uns in unser Schicksal halt ergeben zu müssen bzw. uns sozusagen ersatzweise gegen die als nicht-normal dargestellten „Anderen“ zu wenden und diese auszugrenzen.

2.    Dazu gehört, die Wirkungsmechanismen der De-Normalisierung der Anderen (Mythenbildung, Provokation von Bedrohungsgefühlen durch naturalisierende Kollektivsymbole etc.) dingfest zu machen. Ein Gegen­diskurs dazu könnte z.B. aufzeigen, daß die Beschwörung einer uns be­drohenden „Flut“, eines uns verschlingenden „Zustroms“, eines „wilden Wolfs­rudels“ von EinwanderInnen übertrieben ist angst machen soll und angst macht.

3.    Aufzeigen, daß der Interdiskurs, an desssen Produktion und Reproduk­tion sie beteiligt sind, solche De-Nor­malisierungsmechanismen enthält und somit die Menschen sich selbst solcher Mechanismen bedienen, die ihnen den Blick für die Wirklichkeit verstellen.

4.    Verdeutlichen, daß Diskurse Macht ausüben und nicht folgenloses Ge­rede und Geraune sind, sondern Taten zur Folge haben und die Entwick­lung der Zukunft mitbestimmen. Zugleich zeigen, daß wir als diejenigen, die in die Diskurse verstrickt sind, uns direkt an rassistischen Tätigkei­ten und Tätlichkeiten beteiligen. (Reflektion der eigenen Mittäterschaft, die nicht mehr erlaubt, „die Hände in Unschuld zu waschen“.)

5.    Den wenn auch noch so schlechten wirklichen Alltag wieder sichtbar ma­chen, ihn zu hinterfragen und zugleich aufzeigen, daß die uns als normal dargestellte Wirklichkeit in krassem Widerspruch zu unserem wirkli­chen Leben und zu unseren unmittelbaren Erfahrungen dieses Lebens steht. Zugleich ginge es darum, das als Nicht-Normal darge­stellte in seiner Eigenständigkeit, in seiner ganz „normalen“ Andersar­tig­keit ak­zeptierbar zu machen. Das könnte anhand vieler konkreter Er­fahrungen aufgezeigt werden. Was ist denn daran „normal“, wenn in Ju­goslawien tausende von Menschen im Krieg umkommen, und daran nicht normal, daß sie der Todesgefahr zu entkommen versuchen? Oder: Was ist denn daran normal, daß in den Industrieländern Lebensmittel bergeweise vernichtet werden, damit die Preise „oben“ bleiben, und was ist daran nicht normal, daß Menschen aus den Hungergebieten fliehen, in der Hoffnung, bei „uns“ zu überleben? - Um nur ein paar völlig will­kürliche Beispiele zu nennen!

6.    Konzepte von Rasse und Rassentheorien als Mythen bloßstellen, als „Vorurteile vergangener geschichtlicher Phasen“. Damit kann der Boden dafür bereitet werden, sozialen Rückhalt für die politische Gleichstel­lung von EinwanderInnen zu erhalten und auszubauen etc.

7.    Die mit Konzepten von Rasse und Rassentheorien (und mit Mythen ge­nerell) verbundenen konservativen und rechten Interessen offenlegen und als interessierte Gestrigkeit bloßstellen.

8.    Den „gesunden Kern des Alltagsverstandes“ im Hinblick auf die Vorstel­lungen von den Anderen ernstnehmen und weiterentwickeln und auf diese Weise zu einer „Versöhnung der Unterschiede“ (Adorno), die na­türlich nicht verschwiegen werden dürfen, beitragen. So könnte ich mir denken, daß die in allen Interviews vorkommenden positiven Aussagen über EinwanderInnen, auch wenn diese für die Interviewten die Funk­tion der Immunisierung gegen den Vorwurf, als Rassist angesehen zu werden, verwendet werden, Anknüpfungspunkte antirassistischer Auf­klärungsarbeit sein könnten.

9.    Sehr allgemein ausgedrückt, bedeutete dies auch: Die Denk-/ Tätig­keits­kom­petenz der Menschen, wo immer möglich, zu stärken und so zur Ent­wicklung eines begründeten positiven Selbstbildes beizutra­gen.

10.    In der weiteren Arbeit ginge es nun darum, diese Vorschläge zu kon­kretisieren und in Gestalt von Projekten, Unterrichtsmaterialien und -reihen und auf andere Weise medial umzusetzen und für antirassisti­sche Arbeit in den Schulen, Jugendzentren, in Kirchen, Verbänden und demokratischen Parteien nutzbar zu machen.[10]


7.     Nachbemerkung

Als ich im Herbst 1990 daranging, dieses Projekt zu entwerfen, wußte ich zwar schon, daß „Rassismus“ virulent war und wieder zum Ausbruch drängte. Bereits 1986 hatte ich zusammen mit anderen eine Broschüre er­arbei­tet mit dem Titel: „Asyl - ein Lehrstück über Rassismus in der Bundes­repu­blik“.[11] In der Einleitung zu dieser Broschüre hieß es: „Erschreckend zerbrechlich ist das demokratische Bewußtsein vieler Bundesbürger. Hinter der Fassade verborgen liegen Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und sogar die Bereitschaft zur Gewalt, zum Terror gegen fremde Menschen.“ (ebd. S.5)

Diese Fassade ist aufgebrochen. Während der Arbeit an diesem Buch es­ka­lier­te in Deutschland der Rassismus[12] - in beiden Teilen des verein­ten Deutsch­land, das im Rassismus schneller zusammenzuwachsen scheint als auf jedem anderen Gebiet. Das BKA zählte für 1991 an die 2000 Über­fälle und Angriffe auf Einwanderer und Flüchtlingsunterkünfte. Im Januar 1992 wurden bereits 170 weitere solcher Verbrechen begangen.

Wir hatten somit die traurige Möglichkeit, „die Analyse eines sprachlichen Diskurses (mitten) ... in den ihn bestimmenden historischen Verhältnissen ...“ vorzunehmen (Maas 1984 S. 246) und beobachten zu können, wie dieser Diskurs die Verhältnisse bestimmt. Diese „Möglichkeit“ hat dieses Buch und alle, die daran mitgearbeitet haben, mit geprägt. Dies auch in der Weise, daß wir die Arbeit trotz der schwierigen Rahmenbedingungen voran­bringen und (vorläufig) auch beenden konnten. Manches wäre sicher besser und trotz aller Anstrengungen noch gründlicher zu machen gewesen. Aber wir wollen mit diesem Buch auch „eingreifen“, aufmerksam machen, wachrütteln.

Und dies tut not. Der Aufbau einer „Festung Europa“ ist in vollem Gang. Er wird von weiter anwachsendem Rassismus begleitet sein - zumal wenn wei­ter verantwortungslos in Politik und Medien gegen die Einwanderer gehetzt wird, wenn an Stammtischen, in den Medien und in den Schulen weiterhin „drohende Fluten“ und „Ströme“ von Flüchtlingen beschworen werden, die „uns“, „unseren“ Wohlstand, „unsere“ Werte überrollen werden.[13]

Mit diesem Buch wollen wir dazu beitragen, daß der versteckte Rassismus sichtbarer wird, daß er in seinen Dimensionen besser erkannt wer­den kann und und somit vielleicht besser zu bearbeiten ist.

 

Siegfried Jäger                     Duisburg, im März 1992

 

 

 

8.     Literatur

Theodor W. Adorno u.a.: Studien zum autoritären Charakter, Frankfurt 1973.

Richard Albrecht: Fremd und doch vertraut. Skizzen zur politischen Kultur ge­stern und heute, Münster 1989.

Amt für Statistik Duisburg (Hg.): Über die EinwohnerInnen der einzelnen Stadt­bezirke nach der Saatsangehörigkeit vom 31.12.1990.

Georg Auernheimer: Einführung in die interkulturelle Erziehung, Darmstadt 1990.

Etienne Balibar: Gibt es einen „Neuen Rassismus“? Das Argument 175 (1989) S. 369-379, auch erschienen als: Gibt es einen Neo-Rassismus? in: ders. und Im­manuel Wallerstein 1990, S. 23-38 (Balibar 1990a).

       ders.: Die Nation-Form: Geschichte und Ideologie, in: ders. und Immanuel Waller­stein 1990, S. 107-130 (Balibar 1990b).

       ders. und Immanuel Wallerstein: Rasse, Klasse, Nation, Hamburg 1990.

Roland Barthes: Mythen des Alltags, Frankfurt 1964.

Alain de Benoist: Kulturrevolution von rechts, Krefeld 1985.

John Berger: Der Mann mit dem zerzausten Haar, abgedruckt in der Frankfurter Rundschau vom 28.12.1991.

       ders.: SauErde. Geschichten vom Lande, München 1982.

       ders.: „G“, Leipzig 1990.

       ders.: Flieder und Flagge, München 1991.

Werner Bergmann und Rainer Erb: Antisemitismus in der Bundesrepublik Deutschland. Ergebnisse der empirischen Forschung von 1946-1989, Opladen 1991.

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       ders.: Rassismus. Thesen zur Klärung eines umstrittenen Begriffs, in: Christoph Butterwegge/Horst Isola (Hg.): Rechtsextremismus im vereinten Deutschland, Hamburg 1990, S. 51-56.

       ders.: Der Diskurs des Rassismus, in: Margret Jäger/ders.(Hg.) 1991 (I), S. 10-30 (Jäger 1991a). (= DISS-Texte Nr. 20)

       ders.: Alltäglicher Rassismus. 22 Interviews mit Bürgerinnen und Bürgern aus Deutschland, Duisburg 1991b (DISS-Skripten Nr. 3).

       ders.: Text- und Diskursanalyse. Eine Anleitung zur Analyse politischer Texte. Mit zwei Beispielanalysen, Dortmund 1991c (= DISS-Texte Nr. 16).

       ders.: Vorwort zu van Dijk 1992a, S. 5-7 (Jäger 1991d).

       ders.: Der Singer-Diskurs und sowie einige Bemerkungen zu seiner Funktion für die Stärkung rassistischer und rechtsextremer Diskurse, in: ders. und Jobst Paul: Von Menschen und Schweinen. Der Singer-Diskurs und seine Funktion für den Neo-Rassismus, Dortmund 1991 (= DISS-Texte Nr. 13) (Jäger 1991e).

       ders.: Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Rechtsextremismus, in: Vor­stand der SPD (Hg.): Innerparteiliche Bildungsarbeit, Sozialdemokratischer Infor­mationsdienst Nr. 4, November 1991, S. 2-12 (Jäger 1991f.).

       ders./Margret Jäger: Die Demokratiemaschine ächzt und kracht. Zu den Ursachen des Rechtsextremismus in der BRD, 2. aktualisierte Aufl. Dortmund 1991 (= DISS-Texte Nr. 12).

       ders./Franz Januschek: Der Diskurs des Rassismus. Ergebnisse des DISS- Colloquiums vom  Oktober 1991, Oldenburg 1992 (= Osna­brücker Beiträge zur Sprachtheorie Nr 46.

Marie Jahoda: The Psychology of the Invisible: An Interview. New Ideas in Psy­cho­logy 4 (1/1986), S. 107-118.

Franz Januschek: Arbeit an Sprache. Konzept für die Empirie einer politischen Sprachwissenschaft, Wiesbaden 1986.

Annita Kalpaka/Nora Räthzel (Hg.): Die Schwierigkeit, nicht rassistisch zu sein, überarbeitete Auflage Leer 1990 .

       dies.: Wirkungsweisen von Rassismus und Ethnozentrismus, in: dies. 1990,
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Gesa Siebert-Ott: Sprachliche Homogenität und kollektive Identität. Der Beitrag der Geisteswissenschaften zum sprachkritischen Diskurs über sprachliche, kulturelle und nationale Identität, in: Liedtke u.a. (Hg.) 1991, S. 355-373.

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Jost Trier: Der deutsche Wortschatz im Sinnbezirk des Verstandes. Die Geschichte eines sprachlichen Feldes, Bd. 1, Heidelberg 1931.

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Ruth Wodak, Peter Nowak, Johanna Pelikan u.a.: „Wir sind alle unschuldige Tä­ter“. Diskurshistorische Studien zum Nachkriegsantisemitismus, Frank­furt/M. 1990.

 

 

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Stand: 25. September 2006

 



[1]          Vgl. dazu auch den Essay von Nirumand 1992.

[2]          In seinen „Mythen des Alltags“ ging es ihm darum, „den ideologischen Mißbrauch“ auf­zuspüren, der sich darin verbirgt. Zur Naturalisierung des Sozialen und des Histo­­rischen vgl. auch aus marxistischer Sicht Postone 1991. Link bescheinigt Barthes im übrigen eine „meisterhaft gehandhabte intuitive Methode“, möchte sie aber ge­rade wegen ihrer Intuitivität gerne korrigiert sehen und operational fassen. (Link 1978, S. 123 ff.)

[3]          Nach Link 1992, S. 12. Foucault sagt: „Wir sind in einen Gesellschaftstyp einge­tre­ten, in dem die Macht des Gesetzes dabei ist, zwar nicht zurückzugehen, aber sich in eine viel allgemeinere Macht zu integrieren, nämlich in die der Norm. (Foucault 1976, S. 84)

[4]          Vgl. seine Trilogie „In ihre Arbeit“ („Sau Erde“, „Spiel mir ein Lied. Geschichten von der Liebe“, „Flieder und Flagge“) und seinen Roman „G“.

[5]          Hier wird zugleich deutlich, daß Kollektivsymbole mythisch sind.

[6]          Die Mythen paralysieren die Menschen. „So wird an jedem Tag und überall der Mensch durch die Mythen angehalten, von ihnen auf den unbeweglichen Prototyp verwiesen, der an seiner Statt lebt und ihn gleich einem ungeheuren inneren Parasiten zum Ersticken bringt, seiner Tätigkeit enge Grenzen vorzeichnet, innerhalb derer es ihm erlaubt ist zu leiden, ohne die Welt zu verändern.“ (Barthes 1964, S. 147)

[7]          Der Titel einer Studie zum Anti-Semitismus in Österreich von Ruth Wodak u.a. 1990 lautet: „Wir sind alle unschuldige Täter“.

[8]          Vgl. dazu Commers 1991, der dies am Beispiel der Stadt Antwerpen eindrucksvoll aufgezeigt hat.

[9]          Sprache wird hier in einem sehr weiten Sinn verstanden, nicht etwa als Kommuni­kationsmittel, Struktur oder System etc. Roland Barthes Bemerkung: „Man ver­stehe also hier unter Ausdrucksweise, Sprache, Diskurs, Aussage usw. jede bedeu­tungs­volle Einheit oder Synthese, sei sie verbaler oder visueller Art.“ (Barthes 1964, S. 87) enthält ebenfalls eine solche „generalisierte Auffassung“ von Sprache. Auf die­sem Hintergrund ist sein Satz zu lesen: „der Mythos ist eine Sprache.“ (ebd. S. 7) Das heißt nicht, daß alles Sprachliche notwendigerweise mythisch wäre: Barthes schreibt: Der Mythos ist rechts (Barthes 1964, S. 138) Doch: „Es gibt ... eine Spra­che, die nicht mythisch ist. Es ist die Sprache der produzierenden Menschen: überall, wo der Mensch spricht, um das Wirkliche zu verändern und nicht, um es als Bild zu bewahren, überall, wo er seine Sprache mit der Herstellung der Dinge ver­bindet ..., ist der Mythos unmöglich.“ Das bedeutet auch, „daß eine eigentlich revolutionäre Sprache keine mythische Ausdrucksweise sein kann.“ (Barthes 1964, S. 135)

[10]        In manchen Hinsichten überschneiden sich diese Vorschläge und Handlungsper­spektiven mit denjenigen, die Rudolf Leiprecht auf der Grundlage seiner empiri­schen Untersuchung vorgetragen hat. (Vgl. Leiprecht 1990 und 1991). Auch die Überlegungen von Kalpaka/Räthzel 1990 gehen in eine ähnliche Richtung, insbe­sondere insofern sie einfordern, antirassistische Arbeit in erster Linie als Arbeit mit den „Eingeborenen“ zu begreifen. Dieser Gedanke war mit einer der „Väter“ unseres Projektes. Wir hoffen jedoch, durch das Konzept Diskursanalyse zu einer weiteren Differenzierung solcher Vorschläge beigetragen zu haben.

[11]        Vgl. Devantié, Gawel, Jäger u.a. 1987. Der rassistische Diskurs reicht freilich viel weiter zurück. Zu beobachten war jedoch, daß er sich seit der Bonner Wende 1982 in Politik und Medien im Vergleich zu den 70er Jahren erheblich verstärkt hatte. Vgl. dazu auch Uske 1986.

[12]        Weshalb dies geschah, das ist nicht zentraler Gegenstand dieser Untersuchung. Zu diesem „Phänomen“ habe ich mich aber ausführlich an anderer Stelle geäußert, vgl. Jäger 1991a, Jäger 1991f., und zusammen mit Margret Jäger in Jäger/Jäger 1991. Vgl. auch das „Memorandum des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt/M.“ 1992.

[13]        Vgl. hierzu auch Nirumand (Hg.) 1992. Über den scheinheiligen Streit um das Asylrecht berichtet hier Pfaff S. 170-192 (Pfaff 1992).