Laufende und abgeschlossene Projekte des DISS

 

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Einwanderung im deutschen Alltagsdiskurs – eine diskursanalytische Untersuchung

 

Rassismus und Antisemitismus haben die gesellschaftliche Diskussion in den letzten Jahren in Deutschland stark beeinflusst. Anlass dazu waren sowohl rechtsextremistisch motivierte Anschläge auf Einwanderinnen und Flüchtlinge und die sie begleitenden medialen und politischen Stimmen aus der „Mitte der Gesellschaft“, die in hohem Maße rassistisch aufgeladen waren bzw. sind. Gleichzeitig wurde diese Entwicklung von einem Teil der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit auch mit Besorgnis verfolgt. Daraus resultierten unterschiedliche Initiativen und Programme, mit denen Diskriminierung und Rassismus abgebaut werden sollen. Diese Maßnahmen haben häufig Jugendliche und schwerpunktmäßig Ostdeutsche Personen im Focus, denen in besonderer Weise rassistisches Denken unterstellt wird. In den Hintergrund tritt in dieser Perspektive jedoch, dass rassistisches Denken und Handeln Bestandteil des gesamten Alltagsdiskurses in Deutschland ist.

Bislang existieren nur wenige qualitative Untersuchungen, die sich dieses Phänomens annehmen und den gesamten Alltagdiskurs in Deutschland in den Blick nehmen. Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung hat im Verlauf der neunziger Jahre zu diesem Thema in regelmäßigen Abständen Erhebungen durchgeführt und diskursanalytisch ausgewertet, die die Entwicklung des Einwanderungsdiskurses im Alltag transparent machen.

In Verbindung mit verstärkt auftretenden Rassismus zeigt sich seit einigen Jahren in Deutschland ein zunehmendes Bestreben, gegen Rassismus und Rechtsextremismus anzugehen und Deutschland als ein Zuwanderungsland zu begreifen. Auch müssen die Ereignisse um den 11. September 2001 politisch und gesellschaftlich verarbeitet werden. Um den Einfluss dieser Entwicklungen auf den Alltagsdiskurs nachzuvollziehen zu können, wird eine weitere Interviewstaffel erhoben und diskursanalytisch ausgewertet. Auf diese Weise lassen sich Veränderungen und Kontinuitäten des Alltagsdiskurses festhalten, weil die Ergebnisse dieser Staffel mit denen der vorangegangenen Analysen verglichen werden können.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass in jüngerer Zeit auch Antisemitismus zunehmend zum Problem geworden ist. Dies war z.B. in der Debatte um das Holocaust-Mahnmal, um die Zwangsarbeiterentschädigungen, in der sogenannten Möllemann-Affäre etc. der Fall. Doch auch der 11. September 2001 und die Zweite Intifada in Israel und Palästina haben in Deutschland antisemitische Effekte aufscheinen lassen. Die Untersuchung geht deshalb auch der Frage nach, ob sich dies im Alltagsdiskurs niedergeschlagen hat.

Die Untersuchung versteht sich als eine Diskursanalyse, die vorhandene diskursive Strukturen, die das Denken und Handeln von Subjekten produzieren, herausarbeiten wird. Dabei wird davon ausgegangen, dass es unterschiedliche Diskurspositionen gibt, aber ebenso Überschneidungen und Gemeinsamkeiten, die zu einem „multikulturellen“ Zusammenleben genutzt werden könnten.

Dazu werden Menschen deutscher Herkunft (in der Regel christlichen Glaubens) interviewt. Um möglichst viele unterschiedliche Diskurspositionen erfassen zu können, werden wichtige Merkmale dieser Positionen in die Auswahl der Interviewpartnerinnen einfließen. Neben der sogenannten ethnischen Herkunft sind dies soziale Stellung, Geschlecht und Alter.

Es ist geplant, die Ergebnisse der Studie im Frühjahr 2007 in der edition DISS zu veröffentlichen.

 

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Copyright © 2006 Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung
Stand: 18. September 2006