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Was vom umstrittenen Denkmal übrig blieb

Von Robin Heun, erschienen in DISS-Journal 30 (2015)

Über 40 Jahre lang haben Menschen aus dem Umfeld der Friedensbewegung ein Denkmal für ein Infanterieregiment des Ersten Weltkriegs auf dem Duisburger Kaiserberg kritisiert und dessen Beseitigung gefordert. (Vgl. DISS-Journal 27, 2014). Der Anlass für die Kritik waren kriegsverherrlichende und nationalistische Inschriften des 1933 errichteten Denkmals. Immerhin wurden bereits im Zuge der Entnazifizierung zwei kleine Hakenkreuze vom Sockel des Denkmals entfernt.

Im Jahr 2013 hatte ein städtisches Amt das Denkmal aufgrund von Witterungsschäden partiell abgebaut und eingezäunt. In der Presse kursierte das Gerücht von einer Restaurierung. ((Vgl. BILD RUHRGEBIET vom 14.03.2014; „Ein friedlicher Eisbär auf einem Kriegsdenkmal“, WAZ vom 09.01.2014)) In dieser Zeit kam es zu einer Episode der kreativen, subversiven Umnutzung des Kriegsdenkmals: Unbekannte Personen begannen große und kleine Eisbären sowie andere Kuscheltiere auf dem halb abgebautem Kriegsdenkmal zu platzieren. Offensichtlich störten sich Neonazis an dieser Art der Umnutzung. Der große Eisbär wurde verbrannt und einschlägige Aufkleber wurden in der unmittelbaren Umgebung verklebt. Die diskursiven Kämpfe um das umstrittene Denkmal wurden wieder sichtbar.

Im März 2015 wurden die letzten Reste des baufälligen Denkmals sang- und klanglos abgerissen. Beim Abbruch des Denkmals entdeckten Spaziergänger die Reste einer zerfetzten Metallschachtel und ein Knäuel bedruckter Schriftstücke. Es handelte sich hierbei wahrscheinlich um die Schatulle, die bei der Grundsteinlegung am 2. September 1933 (Sedantag) beigefügt wurde, sowie um „die gesammelten Dokumente“, die „in den Grundstein eingelassen“ ((Duisburger General-Anzeiger, 52. Jg., Nr. 243, vom Montag, dem 4, September 1933.)) worden waren.

Die Schriftstücke sind ein unvollständiges Puzzle verschiedenster und größtenteils schwer beschädigter Dokumente. Unter ihnen befindet sich zum Beispiel die Regierungserklärung vom 1. Februar 1933, eine Titelseite des Völkischen Beobachters sowie Schriftstücke aus dem Zusammenhang der Vereinigung ehemaliger 193er. Das war der Kriegerverein, der sich für das Denkmal eingesetzt hat. Die lesbaren Schriftstücke zeugen von der revanchistischen, völkisch-nationalistischen Ausrichtung der an der Grundsteinlegung beteiligten Akteure. Es ist die Rede vom „Hass gegen Frankreich“, vom „Erbfeind“, vom „freien, deutschen Rhein“. Im Zusammenhang der französisch-belgischen Ruhrbesetzung (1923-1925) heißt es in einem Dokument, dass „die Tatsache, dass Frankreich schwarze Hilfsvölker zur Aufrechterhaltung seiner Weltmachtansprüche nötig“ habe, „weiterhin sichtbar seinen Verfall, seine Schwäche“ zeige. ((Zur rassistischen Abwertung schwarzer Besatzungssoldaten während des Ruhrbesetzung siehe: Jeannesson, Stanislas: Übergriffe der französischen Besatzungsmacht und deutsche Beschwerden, in: Gerd Krumeich/Joachim Schröder (Hg.): Der Schatten des Weltkriegs. Die Ruhrbesetzung 1923, S. 207–231, hier S. 217.))

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Foto von der Grundsteinlegung. In der Mitte die Schatulle. Links daneben Denkmalsinitiator Wilhelm Limburg mit Mauerkelle (Quelle: Stadtarchiv Duisburg).

Die Enthüllung des Denkmals sollte ursprünglich, so die Planungen der Vereinigung ehemaliger 193er, durch Oberbürgermeister Karl Jarres (DVP) vorgenommen werden. ((StA DU Bestand 600/120. Brief der Vereinigung ehem. 193er vom 14.12.1931)) Es kam jedoch anders. Jarres wurde im Mai 1933 aus dem Amt entlassen. Stattessen trat der neue NSDAP-OB Ernst Kelter auf. In der Nationalzeitung, dem Presseorgan der NSDAP im Ruhrgebiet, hieß es in dem Artikel „Gefallenenehrung auf dem Kaiserberg“:

„Sodann übergibt Pg Limburg das Denkmal in die Obhut der Stadt Duisburg-Hamborn. Oberbürgermeister Pg Dr. Kelter […] übernimmt das Ehrenmal mit dem Versprechen, daß er als Nationalsozialist wisse, wie er dieses Zeichen der Treue, der Dankbarkeit und der Mahnung zu schützen und zu betreuen habe.“ ((National Zeitung vom 09.10.1933.))

 

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Wilhelm Limburg mit einem uniformierten Kameraden vor dem Regimentsdenkmal (Quelle: Stadtarchiv Duisburg).

Mit dem kürzlich erfolgten Abbruch des Denkmals ist das Versprechen von Herrn Kelter wohl gebrochen worden. Dabei hätte das baufällige Denkmal auch ein verunsichernder Erinnerungsort werden können, der zur kritischen Reflexion nationalistischer und kriegsverharmlosender Diskurse hätte anregen können. Der Betrieb, der das Denkmal seinerzeit angefertigt hat, die Steinwerke Albert Wirths ((Der Betrieb führte unter anderem auch Steinmetzarbeiten für die in der Pogromnacht niedergebrannte Synagoge Fasanenstraße in Berlin-Charlottenburg aus. )), existiert hingegen bis heute in Geroldshausen im Landkreis Würzburg.

Denkmalsinitiator: Völkisch organisiert, vom Führer verführt und entnazifiziert

Die Korrespondenzen der Vereinigung ehem. 193er mit der Stadt Duisburg belegen, dass Wilhelm Limburg (*1878) als 1. Vereinsvorsitzender ein Hauptinitiator des Denkmals war. Limburg war seit 1912 städtischer Bediensteter und ab 1919 Beamter. Was wir über ihn wissen, entnehmen wir aus seiner Personalakte. Seine militärische Laufbahn begann 1899, als er „aufgrund der Dienstpflicht“ eingezogen wurde.

Nach der 12-jährigen Dienstzeit bewarb sich der Feldwebel bei der Stadtverwaltung als Büroassistent. Bei seinem Diensteid schwor er 1913 seinem „allergnädigsten Herrn“ – dem preußischen König – Untertänigkeit, Treue und Gehorsam. Den Ersten Weltkrieg erlebte er von der ersten bis zur letzten Stunde hauptsächlich in Frankreich, wo er ab 1915 zum Infanterie-Regiment 193 gelangte, dessen Adjutant er wurde. Nach dem Krieg gründet sich in Duisburg am 14. August 1920, dem Jahrestag des Kriegsbeginns, die Vereinigung ehem. 193er. Limburg wird ihr 1. Vorsitzender und schreibt „im Winter der Fremdherrschaft 1924/25“ eine kriegsverherrlichende Chronik seines Regiments.

Die Planung eines Regimentsdenkmals ist dem Verein seit mindestens 1926 ein Anliegen, für das sich Wilhelm Limburg bei der städtischen Verwaltung letztlich erfolgreich eingesetzt hat. Was die Gestaltung des Denkmals betrifft, hat sich das städtische Neubauamt – Grabmalberatung in die Gestaltung eingemischt und das Denkmal mit einem „Gegenvorschlag“ entscheidend mitgestaltet. In Teilen schwächte das Amt sogar die Heroisierung des Soldatentodes ab, indem ein vorgesehener „übergroßer Stahlhelm“, der den „Schicksalswürfel“ krönen sollte, zu einem vergleichsweise kleinen Relief wurde. Das Amt rechtfertigte die Umarbeitung des eingereichten Entwurfs damit, es sei unwahrscheinlich, „dass die Stadtverwaltung Duisburg die Erbauung eines ästhetisch nicht voll befriedigenden Ehrenmals an einer der landschaftlichen schönsten Stellen zulassen wird.“ ((StA DU Bestand 600/120. Brief vom 29.09.1932.))

Zurück zu Wilhelm Limburg…

Im Jahr 1929 wurde Limburg auf die demokratische, preußische Verfassung vereidigt und schwor, diese „gewissenhaft beobachten“ und das ihm übertragene Amt „unparteiisch“ verwalten zu wollen. Vermutlich, um nicht in Konflikt mit Arbeitgebern oder dem Staat zu geraten, betonte der Verein, dass er keine „politische Färbung“ ((Wilhelm Limburg: Geschichte des Infanterie-Regiments Nr. 193, Oldenburg i.D./Berlin 1925, 367. )) habe. Im Nachwort seiner Regiments-Chronik zitiert Limburg einen Frontkämpfer mit den Worten:

„Es bedarf der Zeit und der Wiederbesinnung der Nation auf ihren Wert. Wir halten unser deutsches Volk für nicht erbärmlich genug, als daß wir nicht mit allen Fasern unserer Seele hofften, daß eines Tages wie Sturmgewitter eine Wiedergeburt über uns kommt, der keine Macht der Erde standzuhalten vermag“. ((Ebd., 366.))

Vor dem Hintergrund solch chauvinistisch-revanchistischer Aussagen ist die Selbsteinschätzung bzw. die Inszenierung als unpolitischer Verein als bloßes Lippenbekenntnis zur Vermeidung von Konflikten zu bewerten.

Im November 1931 tritt Limburg der NSDAP bei. Er war kein Nationalsozialist der ersten Stunde, jedoch auch kein Mitläufer. Er war ein Soldat des Ersten Weltkriegs, der sich offensichtlich frühzeitig für die politischen Ziele der radikal antidemokratischen, antisemitischen Partei interessierte. Die sogenannte ‚NS-Machtergreifung‘ wird W. Limburg vermutlich als die herbeigesehnte ‚Wiedergeburt der Nation‘ betrachtet haben. Als „Schriftführer“ der Vereinszeitung schrieb er 1939 jedenfalls vom „tiefen Sinn der Volksgemeinschaft“ und dem „Geist unserer großen Gegenwart“. ((StA DU Bestand 103A/7123 Personalakte Wilhelm Limburg.))

Vor dem Hintergrund der Systemwechsel schwört Stadtoberinspektor Limburg 1934 – bei seinem inzwischen dritten Vereidigungsnachweis – auf den „Führer“. Er wird Mitglied weiterer NS-Organisationen, wie der SA (im Range eines Sturmführers) und der NS-Volkswohlfahrt und engagiert sich als Bezirksobmann der Landesfilmstelle der NSDAP. Seit 1933 war Limburg Mitglied der völkisch-antisemitischen Glaubensbewegung Deutsche Christen sowie gewählter Kirchenmeister zweier Stadtbezirke.

Den Zweiten Weltkrieg erlebt Wilhelm Limburg seit seiner Einberufung 1941, wie schon den Ersten Weltkrieg, in Frankreich. Dieses Mal jedoch als Hauptmann in Kriegsgefangenenlagern. Vier Tage vor Heiligabend 1942 wurde seine Wohnung von „Terrorangriffen feindlicher Flieger“ zerstört. Wenige Tage vor seinem 65. Geburtstag erkundigte er sich 1943 beim Duisburger Bürgermeister, ob er in Kürze mit seiner Pensionierung rechnen darf und schrieb: „Mein größter Soldatenwunsch mit an den Feind heranzukommen blieb mir in diesem zweiten Weltkriege leider versagt“. Gleichzeitig bemühte er sich erfolgreich um die Entlassung aus dem „aktiven Militärdienste“, um sich nach Jeßnitz (Anhalt) zu begeben, wohin er seine Frau evakuiert hatte. Im Januar 1944 zog er mit ihr in seine Geburtsstadt Neuwied.

Die bedingungslose Kapitulation vom 8. Mai 1945 fiel mit seinem 67. Geburtstag zusammen, und sein Wohnort lag in der französischen Besatzungszone. Aufgrund seiner frühen Parteimitgliedschaft entschied in Duisburg im Januar 1946 ein Ausschuss, die Pensionszahlung an Wilhelm Limburg einzustellen. Selbstverständlich reagierte Limburg auf die Zahlungseinstellung. Er schrieb einen Brief an den Oberbürgermeister (betr. Entnazifizierung), in welchem er betonte:

„… ich kann nur feierlichst erklären, daß ich kein Aktivist war und keine frevelhaften Maßnahmen der Nazis herbeigeführt oder gefördert habe. Ich habe auch nicht das geringste Gefühl jemals etwas Unrechtes getan zu haben.“ [Hervorh. im Original]

Unabhängig davon, was Limburg überhaupt unter „frevelhaften Maßnahmen“ verstand oder was der Wahrheit entsprach, ist interessant zu beobachten, wie er sich offensichtlich schon sprachlich von ‚den Nazis‘ distanzierte. Die verbrecherischen Nazis erscheinen immer als die Anderen. In der Nachkriegszeit hat sich nicht ganz zufällig die Formel vom „anständig geblieben Nazi“ etabliert. Im Januar 1947 lehnte die Entnazifizierungskommission der Stadtverwaltung Limburgs Antrag auf Weiterzahlung der Pension ab. Seine Eingabe endete mit dem Satz: „Das grosse Unglück, welches der gewissenloseste Verführer aller Zeiten über Deutschland und die übrige Welt gebracht hat, zwingt uns, alle unsere Kraft für den Wiederaufbau einzusetzen, wozu ich jederzeit bereit bin. Ergebenst Wilhelm Limburg, Stadtober. Inspektor i.R.“.

Anhand dieser Aussage lassen sich zwei typische Narrative der Nachkriegszeit identifizieren, die zum Teil bis heute reproduziert werden. Erstens das Narrativ vom „großen Unglück“, welches die NS-Verbrechen in die Nähe eines Betriebsunfalls oder einer Naturkatastrophe rückt. Solche Metaphern wirken externalisierend und unterstreichen die eigene Passivität, so dass schon der bloße Gedanke einer Mitbeteiligung an einer gesellschaftlichen Entwicklung oder einem Ereignis undenkbar erscheint. ((Siehe hierzu meinen Beitrag: Duisburg im Strudel des Nationalsozialismus, in: DISS-Journal 25 (2013), 32-34. https://www.diss-duisburg.de/2013/07/duisburg-im-strudel-des-nationalsozialismus/)) Als Limburg vom großen „Unglück“ schrieb, wird er sicherlich nicht an die Vernichtung der europäischen Juden, die der Sinti und Roma, an den Vernichtungskrieg im Osten oder an das System der Zwangsarbeit gedacht haben, sondern eher an den Zusammenbruch des Regimes und die zerstörten deutschen Städte.

Mit dem Verweis auf den „gewissen-loseste[n] Verführer“ kommt das zweite, daran anknüpfende Narrativ zum Vorschein: Adolf Hitler hat das deutsche Volk verführt! Damit konkretisierte Limburg, wer die alleinige Schuld am großen Unglück trägt – eine Interpretation, die in der Nachkriegszeit Karriere machte. Limburgs Sicht der Dinge kann stellvertretend für viele im NS-Regime verstrickte Personen gelten, die nach dem ‚Zusammenbruch‘ die alleinige Verantwortung für das große „Unglück“ beim Führer und/oder bei der Reichsregierung gesucht und gefunden haben. Eine solche Perspektive ermöglicht den eigenen Beitrag zum reibungslosen Funktionieren des NS-Regimes sowie eigene (alternative) Handlungsspielräume auszublenden.

Trotz der zunächst durchaus umfassenden Bemühungen der Alliierten, die deutsche Gesellschaft zu entnazifizieren, konnte der Nürnberger Prozess gegen die „Hauptkriegsverbrecher“ diese Auffassung bestärken. Erst seit kurzem (Demjanjuk- und Gröning-Prozess) wird der Blick auch auf die Mittäterschaft geworfen. ((Vgl. Thomas Fischer: Oskar Gröning und die Beihilfe, in: ZEIT ONLINE 21.07.2015. http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-07/ns-verbrecher-beihilfe-taeter-strafrecht-justiz-fischer-im-recht.))

Zurück zur Limburgs Entnazifizierung…

Im Februar 1947 beschloss die Entnazifizierungskommission Limburgs Antrag auf Weiterzahlung der Pension erneut zu prüfen. Daraufhin reichte Limburg einen Brief eines ehemaligen französischen Kriegsgefangen ein, um der Kommission „einen Einblick zu geben“, wie er seine „Aufgabe in Frankreich in den Jahren 1941-1943 aufgefasst habe“. Aus diesem Brief würde, so Limburg, die Anerkennung sprechen, wie er die ihm „unterstellte[n] weißen und farbigen Franzosen behandelt habe“ .

Sein Anschreiben endet mit dem Satz: „Ich trage die Gewißheit in meinem Herzen, durch meine gerechte und verständnisvolle Behandlung der Kriegsgefangen, mir viele und gute Freunde und bestes Ansehen unter den Franzosen erworben zu haben. Ergebenst W.L.“. Solche Formulierungen zeigen, unabhängig davon, ob seine Selbsteinschätzung den Tatsachen entsprach, wie die Anfänge der Entnazifizierung die frühen Parteimitglieder mit Restriktionen in Schwierigkeiten brachte. Die Grußformel „Ergebenst“ hatte Limburg während seiner 40jährigen Dienstzeit in keinen anderen Brief an die Stadtverwaltung verwendet.

Die hier angeführten Zitate aus vier Jahrzehnten seines Lebens verdeutlichen, dass er sich in allen Situationen an sich wandelnde Rahmenbedingungen angepasst hat – nicht zuletzt um seine Interessen zu verfolgen – und dabei vermutlich davon überzeugt war, stets das Richtige getan zu haben. Limburg hatte Glück. Im Juni 1947 kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass Limburg „kein übler Nationalsozialist“ gewesen war. Er wurde in die Gruppe III (Minderbelastete) eingestuft und erhielt zunächst 40 % und dann 50 % seiner Pension.

Im Januar 1948 verstarb Wilhelm Limburg im Alter von 69 Jahren, seine Entnazifizierung ging jedoch weiter. Seine Frau, Bernhardine Limburg bevollmächtigte den Rechtsanwalt Wilhelm Huntgeburth mit dem Verfahren. Ab Oktober 1948 erhielt Frau Limburg 75 % der Witwenpension; ihr Anwalt legte hiergegen Berufung ein. Am 6.12 entschied der Entnazifizierungsausschuss, dass Frau Limburg die volle Pension gewährt werden müsse. In der Entscheidungsbegründung hielt man fest, dass Limburg „kein Aktivist gewesen“ sei. Ein Zeugnis des Rechtsanwalts Huntgeburth habe gezeigt, dass er „sich sogar öffentlich gegen die Zurücksetzung des jüdischen Rechtsanwaltes Kaufmann ausgesprochen“ habe. Wilhelm Limburg wurde also posthum in die Gruppe IV (Mitläufer) eingestuft. ((StA DU Bestand 103 A/7123 Personalakte Wilhelm Limburg.))

Bei dem Rechtsanwalt Huntgeburth handelte es sich um den Kameradschaftsführer der Ortsgruppe Oberhausen der Vereinigung ehem. 193er. Sein Name fällt auch im Bericht über die Denkmalsweihe in der Nationalzeitung. Dies zeigt, dass die Kameradschaftsnetzwerke bei der Entnazifizierung hilfreich waren. Ob es sich bei dem „vorgelegten Zeugnis“ lediglich um einen „Persilschein“ handelt, kann nicht mehr beurteilt werden.

Bei dem erwähnten jüdischen Rechtsanwalt handelt es sich vermutlich ((In Duisburg gab es nur zwei jüdische Rechtsanwälte mit dem Namen Kaufmann.)) um Dr. Sally Kaufmann, den letzten Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Duisburg. Fest steht, dass Sally Kaufmann seinen Beruf als Rechtsanwalt und sein Amt als Notar aufgeben musste. Trotz zahlreicher Auswanderungsbemühungen wurden er und seine Frau 1943 nach Theresienstadt deportiert und 1944 in Auschwitz ermordet. Ihren Sohn, Walter Kaufmann, hatte das Ehepaar Kaufmann nach dem Novemberpogrom mit einem Kindertransport nach England geschickt und ihm damit das Leben gerettet: Walter Kaufmann ist einer der letzten Holocaustüberlebenden. In einem Interview ((Das Interview führte der Autor gemeinsam mit Dr. Ludger Heid im Auftrag des Zentrums für Erinnerungskultur, Menschenrechte und Demokratie der Stadt Duisburg.)) berichtete er kürzlich, dass er als Kind seinen Vater hat „leiden sehen“, weil ihm als ehemaligem Offizier des Ersten Weltkriegs in den 1930er Jahren die Teilnahme an der Enthüllung eines Denkmals für sein Regiment auf dem Kaiserberg verweigert wurde. Da es nur ein Regimentsdenkmal auf dem Kaiserberg gab, wird es sich hierbei um Limburgs Denkmal für das 193. Infanterieregiment gehandelt haben.

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Die geborgenen Reste des Denkmals. Im Vordergrund die zerfetzte Schatulle von der Grundsteinlegung.

Das Denkmal ist abgebaut, womit die diskursiven Kämpfe um das umstrittene Denkmal endgültig beendet zu sein scheinen? Das einzige, was vom Denkmal blieb, ist ein in der unmittelbaren Nähe in den Boden eingelassener Stein, der die Inschrift trägt: „WANDERER STEH! GRÜSSE DIE FÜR DICH STARBEN“.