Die kultuRRevolution nördlich und südlich des Mittelmeers

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Eine Rezension von Jobst Paul. Erschienen in DISS-Journal 23 (2012), 21-23 Auch wenn die Distanz noch fehlt und nur eine essayistische Annäherung möglich ist, versucht das Team der kultuRRevolution im Doppelheft 61/62 u.a. mit den vorhandenen Instrumenten der Normalismus- und der Kollektivsymbol-Theorie möglichst nah ans revolutionäre Geschehen „südlich und nördlich des Mittelmeers“ heranzurücken. Ohne Zweifel angetrieben durch Jürgen Links unbändige Überzeugung: „Jetzt laufen die Maschen der Denormalisierung, jetzt proliferieren kulturrevolutionäre Drives“, vor allem: „jetzt hat sich der Kairos des Projekts kRR weit geöffnet.“ Im Editorial wundert sich Jürgen Link (Zu diesem Doppelheft, S. 3-4) nicht über die Ratlosigkeit von Intellektuellen, die seit 1989 Dinge wie „Antagonismus oder gar Kulturrevolution“ von sich wiesen. Einfach zu entwirren sind die verknoteten Kämpfe freilich nicht – der Betrachter (so Jürgen Link) hat die Denormalisierungen, die von kulturrevolutionären…

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Billigen – verschleiern – dichthalten

Rechte Verschwörungskonstruktionen: Wie die Szene über den NSU spricht. Von Martin Dietzsch. Erschienen in DISS-Journal 23 (2012), 2-5 Anfang November 2011 wurde die bisher größte neonazistische Mordserie in der Bundesrepublik bekannt. Mitte der 1990er Jahre war aus einer freien Kameradschaft in Jena eine terroristische Zelle mit dem Namen Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) entstanden, die von ihren legalen KameradInnen aktiv unterstützt wurde und bundesweit agierte. Auf ihr Konto gehen nach derzeitigem Kenntnisstand zehn Morde, mehrere Sprengstoffanschläge und zahlreiche Banküberfälle. Während die Öffentlichkeit immer noch über die zahlreichen Fehleinschätzungen, Fahndungspannen und Ungereimtheiten beim Agieren von Sicherheitsbehörden und Geheimdiensten in diesem Fall rätselt, hat die extreme Rechte ein ganz anderes Problem. Zu den wichtigsten Unterstützern des NSU soll Ralf Wohlleben gehört haben; er ist ein ehemaliger hoher NPD-Funktionär und einer der führenden Köpfe der freien Kameradschaftsszene. Vieles…

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Die NPD-Verbotsdebatte

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Perspektiven auf ein Parteiverbot in der Wissenschaft. Von Robin Heun. Erschienen in DISS-Journal 23 (2012), 11-13 Die Debatte um ein Verbot der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) ist so alt wie die Partei selbst. Bereits vier Jahre nach ihrer Gründung 1964 wurde von der Politik anlässlich ihrer elektoralen Erfolge auf Landesebene ein Verbotsantrag erwogen. ((Vgl. NPD: Tut und tut. Der Spiegel 52/1968, 25-31.))  Seither wird in der bundesdeutschen Politik in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen kontrovers über ein NPD-Verbot diskutiert. Im Jahr 2001 reichten schließlich vor dem Hintergrund verstärkter rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten alle drei antragsberechtigten Verfassungsorgane Verbotsanträge gegen die NPD beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ein. Das zunächst zugelassene Parteiverbotsverfahren scheiterte allerdings im März 2003 infolge der unklaren Rolle von Verbindungspersonen des Verfassungsschutzes, (sog. V-Leute). ((Bei V-Leuten handelt es sich nicht – wie fälschlicherweise hin…

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Das braune Netz

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Eine Rezension von Michael Lausberg. Erschienen in DISS-Journal 23 (2012), 14-15 Im November 2011 kam es zur Aufdeckung der Morde und Anschläge des neonazistischen „Nationalsozialistischen Untergrundes“ (NSU).  Die mindestens aus den Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe bestehende Terrorgruppe ermordete zwischen 2000 und 2006 neun Migranten und 2007 eine Polizistin. Außerdem sollen sie neben mehreren Banküberfällen für einen Nagelbombenanschlag in der mehrheitlich von Migrantinnen bewohnten Keupstraße in Köln verantwortlich sein, bei dem 22 Menschen zum Teil schwer verletzt wurden. In seinem Buch stellt Markus Bernhardt die These auf, dass mehrere Geheimdienste der BRD die Aufenthaltsorte der 1998 untergetauchten Personen Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe kannten und deshalb die Morde und Anschläge hätten verhindern können: „Ohne die Kumpanei der bundesdeutschen Geheimdienste hätte die neofaschistische Terrorgruppe (…) nicht über dreizehn Jahre hinweg Morde, Bombenanschläge…

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Spontane Aufmärsche oder Großdemonstrationen

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Zu einer Debatte innerhalb der extremen Rechten. Von Leroy Böthel. Erschienen in DISS-Journal 23 (2012), 16-17 Im Februar 2010 haben antifaschistische Blockaden den europaweit größten Aufmarsch von Neonazis in Dresden verhindert. Seitdem hat sich die Diskussion innerhalb der extremen Rechten über alte und neue Demonstrationskonzepte intensiviert. So forderten damals Frank Rennicke und Jürgen Kretzsch (beide NPD) in der ‚Deutschen Stimme‘, dass zwar „Konsequenzen aus alledem klar und nüchtern gezogen werden“ müssten (Deutsche Stimme 04/2010, 11), stellten aber das bisherige Demonstrations-Konzept nicht zur Debatte: „Großveranstaltungen dieser Art sind für uns Patrioten Zeichen und Auftrag für eine ‚gelebte Volksgemeinschaft‘“ (ebd.). Diese Interpretation kann stellvertretend für die derzeit vorherrschende Position im demonstrationspolitischen Diskurs der extremen Rechten angeführt werden. In deren Medien werden durchweg die BlockiererInnen und die staatlichen Behörden dafür verantwortlich gemacht. Schuld sei so der…

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Der „Wahre Finnen-Rechtspopulismus“

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Von Michael Lausberg. Erschienen in DISS-Journal 23 (2012), 18-20 Die Perussuomalaiset (Wahren Finnen) sind eine rechtspopulistische Partei in Finnland, die vor allem durch einen unerwarteten hohen Stimmenanteil bei den finnischen Parlamentswahlen 2011 von sich reden machte. Der Name der Partei, die Wahren Finnen, besagt, dass deren Politik sich auf eine wie auch immer geartete „finnische Identität“ beruht. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass sie die anderen Parteien in Finnland als „unwahre Finnen“ ansehen, die keine „nationale Identität“ verkörpern. Dieses selbst gegebene Alleinstellungsmerkmal, die „wahren“ Finnen zu sein, dient vordergründig dazu, sich von den anderen Parteien abzuheben. Die Wahren Finnen konstituierten sich 1995 aus der rechten Splitterpartei „Suomen maaseundun puolue“ (SMP). ((www.derstandard.at/1303291133999/Abgeordneter-der-Wahren-Finnen-haelt-an-rechtsextremen-Thesen-fest.html (22.5.2012) )) Von Anfang an verstanden sich die Wahren Finnen als Oppositionspartei gegen die hegemonialen bürgerlichen Parteien und als Interessensvertreter der „kleinen Leute“.…

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Anregungen und Gegenstrategien

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Neue Publikationen des Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit (IDA)- Eine Sammelrezension von Leroy Böthel. Erschienen in DISS-Journal 23 (2012), 46-47 Das Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit (IDA) hat zu Beginn des Jahres drei Broschüren veröffentlicht, die sich gezielt an der PädagogInnen richten. Die Broschüre Islamfeindlichkeit. Aspekte, Stimmen, Gegenstrategien (IF), die von Stephan Bundschuh, Ansgar Drücker und Birgit Jagusch herausgegeben wurde, fokussiert Islamfeindlichkeit als gesellschaftliches Phänomen. Paradigmatisch in diesem Zusammenhang ist der Beitrag von Iman Attia, der sich mit der kulturalisierenden Wirkmacht von Diskursen auseinandersetzt. Iman Attia kritisiert Essenzialisierungen und Hierarchisierungen, aber speziell auch die „Exotisierung ‚des Orients‘ als Strategie zur Verlagerung eigener Themen in ‚die Fremde‘“ (IF, 8). In der Folge kommen dann auch muslimische Initiativen und Zusammenschlüsse selbst zu Wort, die vor allem die alltäglichen Konsequenzen rassistischer und anti-muslimischer Einstellungsmuster in der…

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Institutioneller Rassismus

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Erschienen in DISS-Journal 23 (2012) 48-53 Der Fall einer Hildesheimer Familie ist zum traurigen Symbol der deutschen und insbesondere der niedersächsischen Flüchtlingspolitik geworden. Das DISS-Journal dokumentiert die Bemühungen der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl und des DISS. Worum geht es? Ahmed Siala und Gazale Salame sind in den 1980er Jahren mit ihren Familien aus dem Libanon geflüchtet und erhielten in Niedersachsen ein Aufenthaltsrecht. In den Jahren 2000 bzw. 2001 verweigerte ihnen der Landkreis Hildesheim eine Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis – mit der Begründung, die Familien hätten sich als „Scheinlibanesen“ das Bleiberecht erschlichen und seien in Wirklichkeit TürkInnen. Begründung: Beide Familien gehören der Volksgruppe der Mhallami an, einer ursprünglich aus der Türkei stammenden arabischen Minderheit, die ab 1920 von dort in den Libanon floh, um der Türkisierungspolitik unter Atatürk zu entgehen. Zum Zeitpunkt ihrer Flucht nach Deutschland…

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Das Entwürdigende in Worte fassen

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Zur kulturellen Dimension des Institutionellen Rassismus – am Beispiel des Unworts des Jahres 2011. Von Jobst Paul. Erschienen in DISS-Journal 23 (2012) 54-56 ((Kurzfassung des Beitrags mit gleichem Titel im Band Skandal und doch normal. Impulse für eine antirassistische Praxis, hg. v. Margarete Jäger u. Heiko Kauffmann (Edition DISS Bd. 31, im Erscheinen) )) Wodurch werden sprachliche Aussagen entwürdigend? Der Fall des Unworts des Jahres 2011 Döner-Morde enthüllt, dass sich Medien und Behörden über Jahre um diese Frage nicht kümmerten. Aber auch, dass das Problem des Rassismus über Einzelwörter hinausgeht: Bestimmte Begriffe nicht mehr öffentlich zu benutzen, erhellt noch nicht deren kulturelle Basis. Ist aber dann die Proklamation eines Unworts des Jahres überhaupt sinnvoll? Und warum ist Döner-Morde zu Recht ein Unwort des Jahres? Um die Antworten vorweg zu nehmen: Selbstverständlich kann man…

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Diskurse in Bewegung(en)

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Jens Zimmermann über ein Discussion Paper von Britta Baumgarten und Peter Ullrich. Erschienen in DISS-Journal 23 (2012) 57-58 Vor allem an Michel Foucault orientierte diskurstheoretische Ansätze finden in den letzten Jahren langsam ihren Weg in die Protest- und Bewegungsforschung (vgl. u.a. Haunss 2004, Ullrich 2008). Fast alle soziologischen Theorien der letzten sechzig Jahre haben sich zu Protest und Revolution als sozialen Phänomenen geäußert oder wurden theoretisch integriert in spezifische Fragestellungen und Arbeitsfelder der Bewegungsforschung. Umso erstaunlicher ist es daher, dass der Bezug auf das Foucaultsche Werk bei der Analyse sozialer Bewegungen und Proteste im Vergleich zu anderen Bereichen der Soziologie (u.a. Migrationsforschung etc.) eher lose stattfindet. Mit ihrem paper stellen Britta Baumgarten und Peter Ullrich nun Foucaults Diskurstheorie und gouvernementalitätstheoretische Überlegungen hinsichtlich der Bewegungsforschung auf den Prüfstand. Als äußerst ambitioniert erweist sich dabei…

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