Kriegsdenkmäler als Lernorte friedenspädagogischer Arbeit

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Von Martin Dietzsch. Erschienen in DISS-Journal 23 (2012), 63

Heiner Geißler sorgte kürzlich für mediale Aufregung, als er die Siegessäule in Berlin, die die Siege Preußens über Dänemark, Österreich und Frankreich feiert, als „dümmstes Denkmal Deutschlands“ und als „ein Symbol für Nationalismus und Militarismus“ bezeichnete. Er sprach sich für eine Umgestaltung aus und forderte zugleich, endlich des von Rechten ermordeten ersten Finanzministers der Weimarer Republik, Matthias Erzberger, zu gedenken, nach dem in Berlin nicht einmal eine Straße benannt ist.

Man kann sicher darüber streiten, ob der Superlativ in Bezug auf die Siegessäule angebracht ist und ob nicht andere pejorative Attribute als „Dummheit“ angebracht wären. Geißler erklärte, er habe eine Diskussion über preußisch-militaristische Denkmäler in Deutschland anstoßen wollen. Die teilweise heftigen, ja sogar entsetzten Reaktionen auf Geißlers Anstoß sind Indiz dafür, dass es sich um ein brisantes Thema handelt.

Wer gezielt auf die Suche geht nach Kriegsdenkmälern im öffentlichen Raum, der wird nicht nur in Berlin fündig, sondern in fast jeder Gemeinde, in fast jedem Stadtteil. Obwohl sie im Alltag so gut wie gar nicht wahrgenommen werden, prägen sie vielerorts das Stadtbild mit und werden nach wie vor zu bestimmten Feiertagen, oder anläßlich von Schützenfesten etc. zu Kundgebungsorten mit mehr oder weniger starker Beteiligung aus der Bevölkerung und aus dem dörflichen Establishment. Dass sich auch die extreme Rechte positiv auf diesen Denkmäler bezieht und den von ihnen  repräsentierten Geist ganz ungebrochen als zentralen Bestandteil ihrer Tradition und ihres Selbstverständnisses zu eigen macht, versteht sich fast von selbst.

Friedensdenkmäler, in denen die Trauer über die Toten zum Ausdruck kommt, in denen auch der Opfer des Kriegsgegners gedacht wird, und in denen die Konsequenz nahegelegt wird, nie wieder in den Krieg zu ziehen, findet man nur sehr selten. Die überlieferten Kriegsdenkmäler sind dagegen omnipräsent: die Siegesdenkmäler mit Drohung gegen den „Erbfeind“ Frankreich aus der wilhelminischen Epoche, der antirepublikanische Heldenkult der Weimarer Zeit und die aggressive Zuspitzung auf die Propaganda für den nächsten Krieg durch die Nazis.

Die bis heute erhaltenen Denkmäler wurden oft nur geringfügig verändert: die Hakenkreuze wurden abgeschlagen und die Inschriften um den 2. Weltkrieg ergänzt. Trotzdem haben sie für uns heute nicht zwangsläufig dieselbe Bedeutung wie zum Zeitpunkt der Entstehung. Man kann diese Relikte der dunklen Seiten der deutschen Geschichte auch nutzen als Lernorte, an denen man die Widersprüchlichkeit und ideologische Instrumentalisierung des Umgangs mit dem Soldatentod herausarbeiten kann: Realität des Krieges versus Verklärung; echte Trauer um die Opfer versus Heldenkult mit Pflicht zur Nachahmung. Dies kann sowohl in der schulischen als auch außerschulischen Pädagogik in Form von Projekten mit lokalem Bezug genutzt werden.

Das DISS erstellt derzeit eine Handreichung für Pädagoginnen und Pädagogen, die eine Hilfestellung bei der Planung solcher Projektarbeit  bieten wird. Sie wird neben einer Einführung in das Thema einen historischen Abriss, visuell vermittelte Beispiele aus der Region, konkrete Hinweise und Tipps für die Recherche (z.B. im Stadtarchiv), Literaturhinweise und Anregungen enthalten, was man mit dem erlangten Wissen anfangen kann. Die Ergebnisse werden für alle Interessierten im Internet zugänglich gemacht werden.