„Rasse“ und aktuelle Ersatzbegriffe in der deutschen Gegenwarts-Gesellschaft

Von Siegfried Jäger. Vortrag auf dem Workshop „Rasse“. Historische und diskursive Perspektiven im Zentrum für Literaturforschung der HU vom 4.-6.-11.2005. Das Wort „Rasse“ taucht in deutschen Diskursen zur Charakterisierung von Menschengruppen in der Gegenwart nicht mehr oder nur noch sehr selten auf. In einer Fülle von Projekten, die wir seit Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts durchgeführt haben, haben wir dieses Wort kaum einmal gefunden. Das gilt sowohl für den Politikerdiskurs wie für den Diskurs der Medien und des Alltags. Die französische Rassismusforscherin Collette Guillaumin konstatierte denn in ihrem Vortrag auf dem Hamburger Kongress „Rassismus und Migration in Europa“ im Jahre 1990 auch lakonisch: Rasse ist „ein Wort ..., mit dem es ganz offensichtlich zu Ende geht.“ (Guillaumin, S. 77) Dazu gibt es allerdings mindesten zwei hochinteressante Ausnahmen. Die erste ist der juristische Diskurs,…

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Kirche und Synagoge – Die Dresdner Frauenkirche sollte ein Mahnmal bleiben.

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Von Dr. Jobst Paul. Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung erinnert aus Anlass der Einweihung der Dresdner Frauenkirche mit einer Volltext-Präsentation im Internet an die Entstehung der jüdischen Gemeinde in Dresden und an die Jahre der Erbauung der Semper-Synagoge zwischen 1838 und 1840, eines Kleinods, das in der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 in Flammen aufging. Die Frage, warum es in Dresden nun wieder eine Frauenkirche geben kann, dagegen die Semper'sche Synagoge nie wieder, wird das wiedererstandene Bauwerk begleiten. Als 1938, genau hundert Jahre nach Baubeginn, die Dresdner Sempersynagoge in der Reichspogromnacht in Flammen aufging, verwendete man die Steine zum Straßenbau. Als im Februar 1945 die Frauenkirche zusammenstürzte, brachen die Deportationen Dresdner Juden in die Konzentrationslager ab – bis zum Beginn der Rekonstruktion vor 15 Jahren blieben die Steine unberührt.…

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Humoroffensive mit Heuschrecken

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Die „Straßenjagd auf asoziale Marktradikale“ findet nicht statt. Von Jobst Paul. Erschienen in DISS-Journal 14 (2005) „Nach Einschätzung des Göttinger Politikwissenschaftlers Franz Walter gehörte es zu Münteferings Konzept, den Kapitalismus frontal zu kritisieren, aber daraus keine konkrete Politik abzuleiten.“ (FAZ 1.5.2005, S. 1) Ich bekenne - mir selbst als todernster Experte für Tiere bekannt, die in der Ethik herumlaufen -, dass ich während der TV-Nachrichten zu Münteferings „Heuschrecken“-Attacke vom April 2005 herzlich gelacht habe. Ich muss mich danach allerdings sehr erschrocken haben, witterte einen black-out, der Konsequenzen haben müsse, dann die Chance zur Verfeinerung der institutseigenen Analyse-Instrumente – und ging dann doch beruhigt zu Bett. Ein ähnliches Wechselbad hat wohl auch der Unternehmensberater Roland Berger durchgemacht, der unter dem unmittelbaren Eindruck der Attacke an eine Terroristenbewegung dachte: „Wenn Unternehmenspersönlichkeiten öffentlich verurteilt werden, muß…

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Discourse and Knowledge

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Theoretical and methodological aspects of a critical discourse and dispositive analysis. Von Siegfried Jäger Central to a Critical Discourse Analysis (CDA) based on Michel Foucault's discourse theory are issues such as, what knowledge (valid at a certain place at a certain time)* is at all, how the valid knowledge evolves, how it is passed on, which function it has for the constitution of subjects and the shaping of society and which impact this knowledge has on the overall development of society.1 Here 'knowledge' means all kinds of contents which make up a consciousness* and/or all kinds of meanings used by respective historical persons to interpret and shape the surrounding reality. People derive this 'knowledge'* from the respective discursive contexts into which they are born and are entangled with for their entire existence. Discourse…

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Linkspartei und Große Koalition

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Die Stunde der wahrgewordenen Gespenster. Von Jürgen Link. Erschienen in DISS-Journal 14 (2005) Vor Tische las man´s anders: Da war die Große Koalition auf nationaler Ebene das, was sie seit 1969 kontinuierlich gewesen war, das aus der guten demokratischen Stube unbedingt fernzuhaltene Gespenst. Jedenfalls in normalen Zeiten, solange nicht Not am Mann ist. Ein 1968 hatte schließlich gereicht, und die Demokraten hatten ihre Lektion gelernt: Große Koalition stärkt die Extreme. Gerade die hegemonialen Medien hatten uns diese Lektion geradezu als „demokratisches Grundwissen“ eingebläut. Und nun behandeln die gleichen hegemonialen Medien das Gespenst als normalstes „Stück Normalität“. Dabei wäre doch die entscheidende Frage: Ist nun Not am Mann oder nicht? Um davon abzulenken, reden sie von Not an der Frau: Ob Angela ihren Mann stehen kann oder nicht. Und auch über das zweite Gespenst…

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Afrika und die deutsche Sprache

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Ein kritisches Nachschlagewerk. Rezension von Siegfried Jäger. Erschienen in DISS-Journal 13 (2004) Ein Streit um Wörter und ihre Bedeutungen - auch wenn es in diesem Buch um viel mehr geht - ist immer gut, und ich will mich gerne darin einmischen. Das macht besonders Spaß, wenn er - auch graphisch - so schön eingebettet ist, wie in diesem Band, publiziert im Unrast-Verlag. Das fängt mit Begriffen wie „Rassismus“ an. Die Definition, die hier verwendet wird (vgl. S. 11ff), ist mir, offen gesagt, zu schmal. Sie orientiert sich zu sehr am alten Rassismus-Verständnis, indem sie sich insbesondere auf körperliche Merkmale konzentriert, kulturellen (Neo-)Rassismus, bei dem Ausgrenzung durch Zuschreibung negativer kultureller Werte stattfindet, zwar nicht restlos, aber weitestgehend außen vor lässt. ((Von Kulturellem Rassismus zu sprechen, sei „irreführend“, weil Rassismus von Anfang an eine Ideologie…

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Zeiten des Kampfes

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Das Student Nonviolent Coordination Committee (SNCC) und das Erwachsen des afro-amerikanischen Widerstands in den sechziger Jahren. Rezension von Alfred Schobert. Erschienen in DISS-Journal 13 (2004) Jedem renommierten Verlag mit anspruchsvollem historiographischem Problem hätte es gut angestanden, Clayborne Carsons Studie „Zeiten des Kampfes“ über die Geschichte des Student Nonviolent Coordination Committee (SNCC) in deutscher Übersetzung herauszubringen. Doch mit fast einem Jahrzehnt Verspätung erschien das mit dem Frederick Jackson Turner Award der Organization of American Historians ausgezeichnete Werk nun sorgfältig ediert im Verlag Graswurzelrevolution, dem Verlag der libertären Gewaltfreien um die Monatszeitung Graswurzelrevolution. Inhaltlich passt das Buch zu deren Programm, schildert es doch Entstehung, Kampagnen und die direkten gewaltfreien Massenaktionen des SNCC im Kampf der US-amerikanischen Schwarzen gegen die rassistische Diskriminierung. Mit Sit Ins, Freiheitsfahrten und Kampagnen zur Eintragung in Wahllisten kämpften die Aktivisten des…

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Asylrecht: Humanität und Rechtsstaatlichkeit

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Die Ereignisse um die Cap Anamur zeigen den Bankrott des europäischen Asylrechts an. Von Heiko Kauffmann. Erschienen in DISS-Journal 13 (2004) Der Versuch von Otto Schily, die Flüchtlingshelfer der Cap Anamur in die Nähe von „Schleppern“ und „Schleusern“ zu rücken und Schiffbrüchige als gesetzesbrecherische, gefährliche „Illegale“ zu kriminalisieren, kennzeichnet nicht nur den Geist und die „Moral“ des deutschen Innenministers, sondern auch die Entwicklung und Verkommenheit der Asylrechtspraxis auf europäischer Ebene. Die Opfer einer verfehlten, repressiven europäischen Asylpolitik, welche die Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben, auf Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in seeuntüchtige Boote treibt, und ihre Retter, die sich den Menschenrechten und den Werten von Menschenwürde und Humanität verpflichtet wissen, werden zu „Tätern“ hochstilisiert, welche die Sicherheit Europas gefährden – wahrlich eine skandalöse Umwertung aller Werte von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, ausgerechnet aus dem Munde des…

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Ein Lehrstück in Science-in-Fiction

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Einige verwunderte Anmerkungen zu einem Wissenschaftsskandal in Wien. Von Siegfried Jäger. Erschienen in DISS-Journal 13 (2004) „Offener Betrug ist in der wissenschaftlichen Forschung selten.“ (Djerassi) „Cantors Dilemma“ heißt der Roman des ‚Vaters’ der Anti-Baby-Pille, Carl Djerassi, und er bezeichnet es als ein Stück Science-in- Fiction. (Zürich 1991 (Haffmanns)) So sehr Fiction ist das aber nicht, was er zum US-amerikanischen Wissenschaftsbetrieb zu erzählen weiß. Es geht – unter anderem – darum, wie man an den Nobelpreis kommt. Da gibt es Seilschaften, Fälschungen oder doch Täuschungen, autoritäre Professoren, die Schüler und Kolleginnen zur Schnecke machen oder auf ihre Kosten zu Ruhm und Ehre gelangen. Doch das gibt´s beileibe nicht nur in Amerika. Bei einer Internet-Recherche zu meinem Arbeitsgebiet „Angewandte Diskurstheorie“ habe ich erstaunt und verwundert erfahren, dass die renommierte Österreichische Akademie der Wissenschaften einer bereits…

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Der umstrittene Begriff des Faschismus

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Interview mit Roger Griffin. Erschienen in DISS-Journal 13 (2004) Roger Griffin ist einer der international bekanntesten Faschismusforscher und Professor für Zeitgeschichte am Department of History an der Oxford Brookes University, England. Er ist Verfasser des Buches „The Nature of Fascism“ (1991) sowie Herausgeber der 5-bändigen Aufsatzsammlung „Fascism. Major Work“ (Routledge 2003) Er wurde von der Zeitschrift EWE (Erwägen – Wissen – Ethik), herausgegeben von Frank Benseler, Bettina Blanck, Reinhard Keil-Slawik und Werner Loh, zu einem „Hauptartikel“ zum Begriff des Faschismus eingeladen, der in diesem Herbst/Winter erscheinen wird und der unter den Autorinnen, die dazu vor seiner Veröffentlichung zu Stellungnahmen eingeladen wurden, eine ziemlich kontroverse Diskussion auslöste, auf die Griffin wiederum antwortete. Im Mittelpunkt der Kontroverse steht der Begriff eines „generischen Faschismus“, durch den in idealtypischer Weise (Max Weber) trotz aller realen Varianten das…

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