„Die Corona – Gesellschaft“

Eine Rezension ausgewählter Beiträge Von Wolfgang Kastrup Die Schnelligkeit erstaunt, da dieses Buch Die Corona-Gesellschaft mit dem Untertitel Analysen zur Lage und Perspektiven für die Zukunft mit 39 verschiedenen Beiträgen bereits im Juli dieses Jahrs im Transkript Verlag erschienen ist. Für die Herausgeber Michael Volkmer und Karin Werner ist dieses Buch ein „Experiment“, was die Wissenschaft, konkret „die Sozial- und Kulturwissenschaften, in der Aktualität dieser Pandemie-Krise, quasi in Echtzeit, leisten kann.“ (12) Das Buch steht mittlerweile auf der Sachbuchbestenliste September 2020. Wenn auch die Beiträge in der Regel recht knapp abgefasst sind, einer solchen Fülle von Texten kann man kaum im Rahmen einer Rezension gerecht werden. Deshalb beschränke ich mich auf einige wenige Artikel, um diese etwas intensiver zu besprechen. Solidarität in Zeiten der Pandemie? Der Beitrag von Stephan Lessenich, Professor für soziale…

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Ein Gigant der Philosophie

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Georg Wilhelm Friedrich Hegel „Der Philosoph der Freiheit“ Rezension von Wolfgang Kastrup. Erschienen in DISS-Journal (39) 2020 Klaus Vieweg, Professor für klassische deutsche Philosophie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und einer der international führenden Hegel-Experten, hat zum 250 Geburtstag eine monumentale Biographie (824 Seiten mit Anhang) mit dem Titel: Hegel. Der Philosoph der Freiheit verfasst. Das Buch ist mittlerweile in der zweiten Auflage erschienen. Das Kernanliegen von Vieweg ist die These, dass Hegel (1770-1831), der berühmte Vertreter des deutschen Idealismus und der wirkmächtigste und bedeutendste Philosoph des 19. Jahrhunderts, ein Philosoph der Freiheit ist, einer Freiheit, die nicht mit Willkür, sondern mit Vernunft einhergeht. Kindheit und Jugend in Stuttgart (1770-1788) Hegel wird am 27. August 1770 in Stuttgart geboren, drei Jahre später seine Schwester Christiane Louise und sechs Jahre später sein Bruder Georg Ludwig.…

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Resilienz im Krisenkapitalismus

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Eine Rezension von Wolfgang Kastrup. Erschienen in DISS-Journal (39) 2020 Stefanie Graefe, Privatdozentin der Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, hat im letzten Jahr im Transcript Verlag ihr Buch Resilienz im Krisenkapitalismus mit dem Untertitel Wider das Lob der Anpassungsfähigkeit veröffentlicht. Beide Formulierungen verweisen auf eine kritische Analyse der ‚Resilienz‘, ein Begriff, mit dem in der wissenschaftlichen Literatur und in der Ratgeberliteratur das neue Leitbild für den anpassungsfähigen, flexiblen und krisenfesten Menschen Konjunktur gefeiert wird. Graefe interessiert sich für den Zusammenhang von „Erschöpfung als soziales Phänomen“ und „Resilienz als einigermaßen neues Leitbild“, wobei Resilienz als Begriff noch wissenschaftlich diffus sei. (11) Es wäre verkürzt, Resilienz nur als „psychologisches Modell“ allein für Subjekte zu verstehen, denn es bezieht sich auch auf „Familien, Städte, Unternehmen, Ökosysteme, Regierungen, Finanzmärkte und Technologien.“ (Ebd.) In Corona-Zeiten, als in einem…

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„Was ist Emanzipation?“

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Zur Geschichte und Aktualität eines politischen Begriffs Eine Rezension von Wolfgang Kastrup. Erschienen in DISS-Journal 38 (2019) Diese Frage stellen sich die drei Herausgeber*innen Alex Demirović, Susanne Lettow und Andrea Maihofer in der Einleitung ihres neu erschienenen Sammelbandes „Emanzipation. Zur Geschichte und Aktualität eines politischen Begriffs“ (der Band entstand im Auftrag der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung, Kassel). Neugierig habe sie gemacht, dass der Begriff Emanzipation kaum Gegenstand der Reflexion und einer vertiefenden Theoriebildung geworden sei. Eine kritische Diskussion über diesen Begriff könne sich deshalb lohnen. Der relativ kurze Beitrag von Isabell Lorey „Emanzipation und Schulden“ eignet sich als Einstieg in den Sammelband deshalb, weil die Autorin historisch-politische und etymologische Verbindungen zu dem Begriff herleitet. Sie bestimmt Emanzipation als Befreiung aus Macht- und Herrschaftsverhältnissen und als Befreiung von einem oder mehreren dominierenden Subjekten hin…

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Fukuyama über Identitätspolitik: Sehnsucht nach Anerkennung

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Eine Rezension von Wolfgang Kastrup. Erschienen in DISS-Journal 38 (2019) Francis Fukuyama, US-amerikanischer Politikwissenschaftler, ist durch sein umstrittenes Buch „Das Ende der Geschichte“ von 1992 international bekannt geworden. Die Kritik an seiner damaligen These, dass mit dem Ende des Kommunismus die liberale Demokratie unwiderruflich den Sieg davongetragen habe, diese Kritik, so schreibt er in dem Vorwort zu seinem aktuellem Buch „Identität“ von 2019, beruhe auf einem Missverständnis: Er habe das Wort ‚Geschichte‘ hegelianisch-marxistisch „als langfristige evolutionäre Beschreibung menschlicher Institutionen“ gesehen, und das Wort ‚Ende‘ als „Ziel“ oder „Bestimmungsort“ für einen „liberalen marktwirtschaftlichen Staat“ im Sinne von Hegel. (12f.) Unabhängig von der Plausibilität des angeblichen Missverständnisses muss er zugeben, den Inhalt seines damaligen Weltbestsellers unter heutigen Verhältnissen umgeschrieben zu haben. (13) Das neue Buch wäre aber von ihm nie geschrieben worden, so bekennt er…

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Geschlechterverhältnis und Kapitalismus

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Alex Demirović‘ Plädoyer für ein klassenpolitisches Verständnis des multiplen Herrschaftszusammenhangs Eine Rezension von Wolfgang Kastrup. Erschienen in DISS_Journal 37 (2019) Alex Demirović, apl. Prof. an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt/M. und Senior Fellow der Rosa-Luxemburg-Stiftung, vertritt in seinem Plädoyer die These, dass „die kapitalistische Produktionsweise und die von ihr formierte Gesellschaft sich als konstitutive Einheit verschiedenartiger Widersprüche bildet, sie also nicht auf eine Herrschaftslogik reduziert werden kann.“ (258) Dabei müsse dem Begriff der Klasse eine besondere Rolle im Emanzipationsprozess zukommen, da Ausbeutung und Klassenherrschaft „angemessen“ beachtet werden müssten. Seiner Ansicht nach werde der Ansatz der Intersektionaltät [die Gender- bzw. Intersektionalitätstheorie basiert auf den Kategorien race, class und gender, W.K.] der „Komplexität der Widersprüche“ nicht gerecht – gerade vor dem Hintergrund des selbst gesteckten Ziels „einer herrschaftskritisch-gesellschaftstheoretischen Zusammenführung der unterschiedlichen Formen von Herrschaft und ihrer…

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Wie funktioniert das Soziale?

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Eine Einführung in die Sozialphilosophie von Rahel Jaeggi und Robin Celikates Eine Rezension von Wolfgang Kastrup. Erschienen in DISS-Journal 36 (2018) „Was ist Sozialphilosophie?“ Dies ist die Einstiegsfrage der beiden Autor*innen Rahel Jaeggi, Professorin für Praktische Philosophie und Sozialphilosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin, und Robin Celikates, Associate Professor für Politische Philosophie an der Universität von Amsterdam. Gegenstand der Sozialphilosophie sei „das Soziale“ – es geht also um „soziale Praktiken, Institutionen und Beziehungen“ mit ihren spezifischen Problemlagen. Dieser Gegenstand sei „als konstitutive Bedingung von Individualität und Freiheit zu verstehen.“ (11) Die Sozialphilosophie erhebe einen Deutungsanspruch auf das gesellschaftliche Ganze. Die Herangehensweise sei „zugleich beschreibend und bewertend“. (12) Gründungsväter dieser Wissenschaftsdisziplin seien Jean-Jacques Rousseau, der „als Erster eine systematische Analyse der Fehlentwicklungen der modernen Gesellschaft vorgelegt“ habe, ferner Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Karl…

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Biografie und Werkentwicklung

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Michael Heinrichs erster Band seiner Karl-Marx-Biografie Eine Rezension von Wolfgang Kastrup. Erschienen in DISS-Journal 36 (2018) Der erste Band dieser über drei Bände angelegten Biographie und Werkentwicklung über Karl Marx von Michael Heinrich ist im Frühjahr dieses Jahres erschienen. Heinrich, ein profunder Marx-Kenner, ist vor allem durch seine mittlerweile in 14. Auflage erschienene „Kritik der politischen Ökonomie“, durch seine beiden Bände „Wie das Marxsche ‚Kapital‘ lesen?“ und durch sein Werk „Die Wissenschaft vom Wert“ (7.Aufl.) bekannt geworden. Der vorliegende erste Band der Biografie behandelt den Zeitraum von 1818 bis 1841, also von der Geburt bis zu Marx‘ Promotion an der Universität in Jena - ein Zeitabschnitt der Kindheit und der Schulzeit in Trier und des Studiums in Bonn und Berlin. Diese ganz frühe Phase in seinem Leben ist bisher nur wenig beachtet worden,…

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Eliten gefährden Demokratie

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„Die Abgehobenen“ – ein neues Buch des Elitenforschers Michael Hartmann Eine Rezension von Wolfgang Kastrup. Erschienen in DISS-Journal 36 (2018) „Die Eliten sind in ihrer großen Mehrheit inzwischen so weit von der breiten Bevölkerung entfernt, dass sie zunehmend Schwierigkeiten haben, deren Probleme zu erkennen und die Folgen ihrer Entscheidungen für die Bevölkerung zu verstehen“: Dies ist keine Eliten­kritik, wie sie neuerdings besonders von rechten Parteien und Bewegungen erfolgt, um sich selbst als das wahre Volk darzustellen. Vielmehr analysiert hier Michael Hartmann, renommierter empirischer Soziologe und bis 2014 Professor an der Technischen Uni­versität Darmstadt, sehr genau und anhand vieler Beispiele aus Deutschland, den USA, Großbritannien und Frankreich, inwieweit die Eliten aus Wirtschaft, Politik, Justiz, Verwal­tung und Medien in ihrer großen Mehrheit immer mehr zu einer geschlossenen Gruppe werden und so die Demokratie gefährden. Der…

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Totgesagte leben länger

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Zum 200. Geburtstag von Karl Marx von Wolfgang Kastrup, erschienen in DISS-Journal 35 (2018) Der tote Hund beißt zurück – auch nach 200 Jahren: Die Wiederentdeckung Marx‘scher Kategorien der Kritik der politischen Ökonomie geht einerseits auf die Unfähigkeit bürgerlicher Wirtschaftswissenschaft zurück, kapitalistische Krisen zu erklären geschweige denn vorherzusagen, siehe die fundamentale Wirtschafts- und Finanzkrise 2007/2008. Andererseits ist sie eine Antwort auf die individuellen Leiderfahrungen vieler Menschen, verursacht durch geringe Einkommen, prekäre Jobs, unsichere Lebensplanung, zunehmende Arbeitshetze und Arbeitsverdichtung, durch den immer stärker werdenden Konkurrenzdruck. Mit der neoliberalen Regulation des Kapitalismus sind diese Leiderfahrungen vieler Menschen intensiver geworden. Die Marx‘sche Ökonomiekritik bietet Erklärungsansätze, die heute wieder von Interesse sind. Der rote Faden, der das Werk von Karl Marx insgesamt bestimmt, ist kritische Theorie, in dreierlei Hinsicht: Erstens richtet sie sich gegen die damaligen ökonomischen…

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