Von „America First“ zu „America Second?“

Die USA, China und der Weltmarkt Rezension von Wolfgang Kastrup Scherrer, Christoph 2021: America Second? Die USA, China und der Weltmarkt, Berlin, 132 Seiten, Verlag Bertz + Fischer, 8,00 Euro, ISBN 978-3-86505-767-9 Christoph Scherrer, Professor für Globalisierung und Politik an der Universität Kassel, hat mit America Second? Die USA, China und der Weltmarkt ein „Büchlein“, so seine Formulierung, geschrieben, dass aktuell im Bertz + Fischer Verlag erschienen ist. Thema ist die Außenwirtschaftspolitik vor dem Hintergrund des Konflikts, der die Weltpolitik in den kommenden Jahren wie kein anderer prägen wird, nämlich „die ökonomische und strategische Rivalität zwischen den USA und der Volksrepublik China.“ (7) Von der verlängerten Werkbank insbesondere für US-Unternehmen hat sich China in den letzten zehn Jahren durch eine wirkungsvolle Industrie- und Technologiepolitik zu einem entscheidenden wirtschaftlichen und militärischen Konkurrenten der USA…

WeiterlesenVon „America First“ zu „America Second?“

Moria. System. Zeugen.

Ein Bildband über das Flüchtlingslager Moria Rezension von Benno Nothardt Martin Gerner: Moria. System. Zeugen. Flüchtlinge, Einheimische und Helfer in Zeitzeugenbegegnungen, Köln: Böhlau, 2021, 168 Seiten, 89 Fotos; 25 Euro. ISBN: 978-3-412-52389-3 Refugees The EU is a virus. It enters the life of a refugee. Scans his future. Transfers him to deportation, which is equal to death. Edits his mind and deletes his smile. So please stay away from the EU. Stay at your own home and accept death. Send me the address of the EU. I am a professional antivirus, full version registered 2016. Shamshaid Jutt, Moria 2016 (Moria. System. Zeugen. S. 57) Wenn Flüchtlinge im hegemonialen Fluchtdiskurs überhaupt zu Wort kommen, dann als Zeug*innen ihres Leids, nicht jedoch als vollwertige Subjekte, deren Kritik und Forderungen Platz eingeräumt wird.1 In seinem Bildband über…

WeiterlesenMoria. System. Zeugen.

Tragische Einzelfälle?

Wie Medien über Gewalt gegen Frauen berichten. Rezension von Louisa Brand Christine E. Meltzer: Tragische Einzelfälle? Wie Medien über Gewalt gegen Frauen berichten. Frankfurt a.M.: Otto Brenner Stiftung, 2021. Online verfügbar: https://www.otto-brenner-stiftung.de/fileadmin/user_data/stiftung/02_Wissenschaftsportal/03_Publikationen/AP47_Tragische_Einzelfaelle.pdf Die Kommunikationswissenschaftlerin Christine E. Meltzer hat sich für die Otto Brenner Stiftung systematisch damit beschäftigt, wie die Medien über Gewalt an Frauen berichten und dafür die Berichterstattung von Januar 2015 bis Juni 2019 ausgewertet. Mit einer quantitativen Inhaltsanalyse hat sie sich auf insgesamt 3.489 Artikel aus den Printmedien bezogen. Einen breiten Querschnitt boten drei Boulevardzeitschriften sowie zehn regionale und vier überregionale Zeitungen. Um Muster in der Berichterstattung aufzuzeigen, bezog sie sich bei der Analyse auf Kernelemente wie die Art des Verbrechens, Attribute von Opfern und Tätern, deren Nationalität und den Fokus der Berichterstattung. Ihr Hauptaugenmerk galt physischer Gewalt, deren Androhung und…

WeiterlesenTragische Einzelfälle?

Gleichstellung oder Ökonomie

Diversitätskonzepte internationaler Unternehmen im Vergleich Von Sarah Bungard Um das Sagbarkeitsfeld über Gleichstellung in Unternehmen zu untersuchen, wurden die Diversitätskonzepte und Verhaltensgrundsätze der Unternehmen Thyssenkrupp, RWE, Daimler AG, WMF, EON, Volkswagen AG, Coca-Cola Company und Henkel AG & Co einer Strukturanalyse unterzogen. Im Vergleich zeigt sich, dass vorwiegend Lösungen dargestellt werden, Probleme jedoch nicht behandelt werden. Dies kann man unter anderem daran erkennen, dass Diskriminierung abgelehnt wird, ohne den Kontext oder die Art der Diskriminierung zu erläutern. Die Definition von Diversität ist in ihren Kernpunkten gleich: Alter, Geschlecht, Herkunft und sexuelle Orientierung sind in jedem Konzept zu finden. Besonders hervorgehoben wird die Dimension Geschlecht, indem auf die Förderung von Frauen und Frauen in Führungspositionen sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf spezifisch eingegangen wird. Dahingehend werden Statistiken aufgeführt, wie zum Beispiel der erfolgreich…

WeiterlesenGleichstellung oder Ökonomie

Stolpersteine für schwule Männer

Auch in Duisburg nicht länger verschwiegen Von Jürgen Wenke Das Kunst- und NS-Erinnerungsprojekt „Stolpersteine“ stellt die Erinnerung und Würdigung konkreter Personen in den Mittelpunkt – und weist doch nach inzwischen mehr als 80000 Stolpersteinen in Europa über diese Einzelpersonen hinaus. Oftmals werden in der Aufzählung, welche Personengruppen mit Stolpersteinen gewürdigt werden können, homosexuelle Männer zwar genannt – aber vor Ort, d.h. in vielen Gemeinden und Städten ist dann festzustellen: Es gibt keine Stolpersteine für verfolgte Homosexuelle, weil es keine Initiative dazu gibt. Auch andere Gruppen sind oftmals „vergessen“, z.B. Euthanasie-Opfer. Die staatliche Verfolgung homosexueller Männer in Deutschland ist Teil deutscher Geschichte. Von 1871 (Reichsgründung) bis zur Beendigung der staatlichen Repression im Jahr 1994 durch Streichung des §175 aus dem Strafgesetzbuch vergingen fast 124 Jahre. Sprachlich zugespitzt könnte man sagen: Deutschland ist Weltmeister in…

WeiterlesenStolpersteine für schwule Männer

Etwas mehr Diversität im Bundestag

Aber der Flüchtling Tareq Alaows muss seine Kandidatur zurückziehen Von Marvin Mosters Im Frühjahr 2021, genauer am 02.02., verkündete das Bündnis 90/die Grünen Oberhausen und Dinslaken die Bundestagsdirektkandidatur von Tareq Alaows. Exakt neun Wochen später ließ diese Parteistelle per Pressemitteilung verlauten, dass er seine Kandidatur zurückzieht. Der Grund dafür war eine Bedrohungslage für ihn, seine Familie in Syrien und sein unmittelbares Umfeld, die sich auch durch rassistische Anfeindungen in nur neun Wochen Kandidatur entwickelt hat. Daraufhin erfolgte eine große Welle der Solidarität auf Twitter unter dem Hashtag #SolidaritaetMitTareq, der zeitweise auf Platz eins der deutschen Twittertrends lag. Doch auch vor dem Rückzug war das Interesse an seiner Person und Kandidatur groß. Nicht selten wurde getitelt, dass Alaows der erste syrische Flüchtling im deutschen Bundestag werden könnte. Sechs Monate später fand die Bundestagswahl 2021…

WeiterlesenEtwas mehr Diversität im Bundestag

Ein- und Ausschließungsmuster in der Bevölkerung

Von Peter Höhmann 0. Vorbemerkung Der Beitrag stellt unterschiedliche Einstellungen in der Gesellschaft dar, die gegenüber der nicht deutschen Bevölkerung eingenommen werden. Ablehnende Haltungen werden hierbei als ein Zuweisungsvorgang verstanden. Dieser ist darauf ausgerichtet, Personen symbolisch und real als Andere auszugrenzen und damit zugleich die Grenzen der eigenen Gruppe bestimmen zu wollen. Dieser Schließungsprozess nimmt verschiedene Formen an und ist regelmäßig und nicht nur in Beziehung zur nationalen Zugehörigkeit umstritten.1 Das Thema steht in vielfältigen Zusammenhängen. Ich konzentriere mich auf drei Schwerpunkte, die für die aktuelle Situation in der Bundesrepublik beschrieben werden: Der erste befasst sich mit der Verbindung zwischen den ungleichen Lebenslagen in der Gesellschaft und entsprechenden Distanzierungsformen. Ein zweiter Gesichtspunkt nimmt die äußere Erkennbarkeit der nationalen Zugehörigkeit in den Blick und stellt damit eine ablehnende Haltung in einen Zusammenhang, in dem…

WeiterlesenEin- und Ausschließungsmuster in der Bevölkerung

Der Reset der Großen Transformation

Von Andrea Becker „Das Ziel der Bundesregierung, die CO2 -Emissionen faktisch auf null zu senken, führt zu einem radikalen Umbau von Industrie und Gesellschaft („Die Große Transformation“/ „The Great Reset“) und bedroht unsere Freiheit in einem immer beängstigenderen Ausmaß“ (AfD-Alternative für Deutschland 2021, S. 172). Große Transformation und Reset, die beiden Wendungen in der eingeschobenen Klammer des obigen Zitates sind nicht zufällig im AfD-Wahlprogramm gelandet, sie markieren jeweils für sich die Rezeption einer Verschwörungserzählung und deren zeitgeistige Aktualisierung. Bei der AfD taucht sie 2016 im Grundsatzprogramm zum ersten Mal auf, die „Große Transformation“ als feststehender Ausdruck mit großem „G“: die deutsche Regierung „missbraucht die steigende CO2-Konzentration zur ‚Großen Transformation‘ der Gesellschaft“ ist dort zu lesen (GP, 79). Damit wolle man Schluss machen. Die Wendung nimmt einen Diskurs auf, der sich in Deutschland auf…

WeiterlesenDer Reset der Großen Transformation

Ökotechnokratie

›Smarte Ökologie‹ Von Guido Arnold So wie es (geplant) ist, kann es nicht bleiben. Die weltweit ergriffenen und angestrebten Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels reichen schlicht nicht aus. Die Energiewende verläuft nach Einschätzung der Internationalen Energieagentur (IEA) weltweit viel zu langsam. Mit den derzeitigen Plänen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen gelänge der Weltgemeinschaft bis zum Jahr 2050 gerade einmal eine Verringerung von 40 Prozent (statt der im Pariser Abkommen von 2015 geplanten 100%). Dies würde den globalen Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhunderts im günstigen Szenario auf 2,1 Grad begrenzen. Im ungünstigen Fall berechnen die Wissenschaftler*innen eine Erwärmung um 2,6 Grad im Vergleich zu vorindustrieller Zeit, mit womöglich katastrophalen Folgen.1 Um das eigentlich angestrebte 1,5-Grad-Ziel noch halten zu können, müsste die Welt die jährlichen Treibhausgas-Emissionen in den nächsten acht Jahren halbieren. Noch nie seit Beginn…

WeiterlesenÖkotechnokratie

Vorwort zum DISS-Journal 42

Der 9. November ist sicherlich ein schwieriger Tag der Erinnerung an die deutsche Geschichte. Anton Maegerle schreibt in einem aktuellen Beitrag für den DISSkursiv-Blog http://www.disskursiv.de, der 9. November markiere „den Beginn der ersten deutschen Republik [1918], den Versuch eines rechtsextremen Umsturzes [1923], das Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung [1938] und den Fall der Berliner Mauer [1989]“. Und: „Weitgehend in Vergessenheit ist geraten, dass – auch an einem 9. November – ein Vorkämpfer der Demokratie ermordet wurde: Robert Blum.“ Es wäre absolut unangemessen, diese Erinnerungsdaten miteinander zu verrechnen, eine Art Plus-Minus-Rechnung aufzumachen. Etwas anderes gilt: Die Verhinderung (1848) bzw. die Zerstörung der Weimarer Demokratie waren die Voraussetzung für die Etablierung einer halbabsolutistischen Monarchie in der zweiten Hälfte des 19. und das Vernichtungswerk des Faschismus in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1918 und 1989…

WeiterlesenVorwort zum DISS-Journal 42

Inhalts-Ende

Es existieren keine weiteren Seiten