Die Gesellschaft für Politische Bildung e.V.
veranstaltet in Kooperation mit dem
Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung e.V.
vom 16.11. – 18.11.2007
in der Akademie Frankenwarte
ein Seminar zum Thema
"Der zivilgesellschaftlich-politische Nutzen von
Diskurstheorie und Diskursanalyse"
„Muss das, was selbstverständlich ist, wirklich
selbstverständlich sein?“ So fragt Michel Foucault in einem Gespräch mit
Kollegen im Mai 1981. So fragt auch die Kritische Diskursanalyse, indem sie
„brisante Themen“, wie Einwanderung und politische Ideologien und deren
diskursive Inszenierungen hinterfragt.
Diskursanalyse erweist sich damit als spannendes politisches
Konzept. In unserem diesjährigen Seminar sollen zum einen die theoretischen
Grundlagen Kritischer Diskursanalyse aufgezeigt und diskutiert, zum anderen soll
anhand einer Reihe von praktisch-empirischen Untersuchungen exemplarisch
verdeutlicht werden, dass und wie sie diesen Anspruch einzulösen versucht.
Diskursanalyse als neues Paradigma in den Kulturwissenschaften boomt. Das hat
einmal mit der zunehmenden Rezeption Foucaults, Derridas und anderer
französischer Poststrukturalisten besonders auch in Deutschland zu tun,
andererseits aber auch mit dem Wunsch gerade vieler junger Wissenschaftlerinnen,
aber auch allgemein politisch Interessierter und Engagierter, nach dem Scheitern
oder zumindest doch (dem erzwungenen) Rückzug marxistisch fundierter
Ideologiekritik einen gesellschaftskritischen Ansatz zu finden, der nicht von
einer absoluten Dominanz der gesellschaftlichen „Basis“ gegenüber dem „Überbau“
ausgeht, also der Annahme, dass die Produktionsverhältnisse bzw. das
„gesellschaftliche Sein“ (wenn auch vielleicht nur in letzter Instanz), das
„Bewusstsein“ determinieren. Diese materialistische Theorie, zumal in der
Nachfolge der sozialistischen Klassiker und besonders in den „kommunistischen“
Parteien vielfach zur Unkenntlichkeit verhunzt, hat in den letzten beiden
Jahrzehnten in poststrukturalistischen Theorieansätzen erhebliche und unseres
Erachtens glücklicherweise Konkurrenz erhalten.
Diese ebenfalls materialistischen und antimetaphysischen
„Denkweisen“ gehen größtenteils davon aus, dass Diskurse, die sich aus
„Aussagen“ zusammensetzen, also gleichsam die „Atome des Diskurses“ darstellen,
keineswegs als rein geistige Phänomene aufzufassen sind, sondern selbst in
genuiner Weise Materialität besitzen. Da Diskurse immer in Machtbeziehungen
eingebettet sind, da sie Applikationsvorlagen für subjektive und kollektive
Wirklichkeitsgestaltung darstellen, da sie nur jeweils gültige „Wahrheiten“
reproduzieren, verfestigen oder auch zu erzeugen imstande sind, ist die
kritische Analyse von Diskursen aller Art in hohem Maße als politisch anzusehen.
Kritische Diskursanalyse begibt sich somit auf das Terrain
diskursiver Kämpfe und leistet einen Beitrag zur gegenwärtigen und zukünftigen
Gestaltung subjektiver und gesellschaftlicher Wirklichkeiten. Dieser Umstand ist
aber sowohl in der sozialwissenschaftlichen wie auch in Teilen der
kulturwissenschaftlichen Diskursanalyse bisher eher vernachlässigt worden. Damit
droht jedoch das kritische Potential, das Diskursanalyse und der Diskurstheorie
sowie im Dekonstruktivismus liegt, aufgegeben zu werden.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Siegfried Jäger
Duisburger Institut für Sprach und Sozialforschung e.V.
Georg Rosenthal
Gesellschaft für Politische Bildung e.V.