Laufende und abgeschlossene Projekte des DISS

 

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Nation statt Demokratie. Sein und Design der rechtsextremen "Jungen Freiheit" (2003 )

 

Wenn man in Vorträgen, Seminaren oder bei Rundfunk- und Fernsehgesprächen die Wochen-Zeitschrift JUNGE FREIHEIT als rechtsextrem bezeichnet, erntet man häufig Widerspruch und Erstaunen. Die JUNGE FREIHEIT sei doch eine interessante Zeitung, ein niveauvolles Blatt, wohl ein wenig konservativ, aber doch vielfältig und ausgewogen. Auch wird man darauf hingewiesen, dass es viele prominente Schriftsteller und Politiker gebe, die hier publizierten oder sich von ihr interviewen lasse. Selbst linke Wissenschaftler wie etwa der Amerikaner Immanuel Wallerstein zählten zu den Interviewten, ebenso wie der CDU-Politiker Jörg Schönbohm, der israelische Satiriker Ephraim Kishon oder FOCUS-Chefredakteur Helmut Markwort (und viele andere, die sich eher zur Mitte oder zur linken Seite des politischen Sektrums zählen: SPD- und Grünen- und sogar PDS-Politiker). Selbst der Hinweis, dass die Zeitschrift im Verfassungsschutzbericht des Landes NRW als rechtsextrem eingestuft werde, stößt auf Misstrauen und Zweifel, häufig mit Bemerkungen versehen, wie: Auch der Verfassungsschutzbericht könne sich irren.

Dass es sich bei dem immer wieder zu beobachtenden Verfahren der JF, Interviews mit und Artikeln von PolitikerIinnen und anderen Prominenten ohne rechtsextremes Etikett abzudrucken, um eine bewusste Strategie handelt, sich seriös zu geben, um dann umso leichter nahezu durchgängig, wenn auch schleichend, rechtsextreme und völkisch-nationalistische Ideologie an den Mann und die Frau zu bringen, wird dabei viel zu wenig bedacht. So bewertet das Landesamt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg die JF wie folgt: Sie müsse "als ein wichtiges publizistisches Bindeglied zwischen dem rechtskonservativen und dem rechtsextremen Spektrum angesehen werden." (Märkische Allgemeine vom 23.11.2002) Die Funktion dieses "Bindegliedes" besteht aber vornehmlich darin, rechtsextreme Ideologeme in die Mitte der Gesellschaft hineinzutransportieren.

Diese Strategie greift offensichtlich besonders bei jungen Menschen: Gymnasiasten und jungen Akademikern, also denjenigen im Lande, die jetzt schon oder zu einem späteren Zeitpunkt der "deutschen Elite" angehören werden und sich in mehr oder minder starkem Maße als Wissenschaftler, Lehrer, Politiker oder Journalisten als Multiplikatoren betätigen werden. Die Junge Freiheit hat in der Tat einen Stil entwickelt, der rechtsextreme und antisemitische Ideologeme und Ideen (meist) wohlverpackt an ihre Leserschaft heranzutragen versteht. Sich seriös zu geben, bekannte Autorinnen gleichsam als Schutzschild dafür zu nutzen, ihr völkisch-nationalistisches Gedankengut an junge Menschen zu verkaufen, ist ein bekannter Propagandatrick, ein immer wieder zu beobachtender Versuch, Wörter und Texte als Waffen gegen die demokratische Gesellschaft in Stellung zu bringen.

Aus diesem Grunde haben wir ein Projekt durchgeführt, das den Jahrgang 2002 (mit einigen Ausflügen nach 2003) einer genaueren Analyse unterzogen hat.

Die Ergebnisse des Projekts sind von Martin Dietzsch, Siegfried Jäger, Helmut Kellershohn und Alfred Schobert unter dem Titel "Nation statt Demokratie" im DISS veröffentlicht worden. (2. Auflage Unrast-Verlag Münster 2004)

 

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Copyright © 2000 Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung
Stand: 10. August 2006