Laufende und abgeschlossene Projekte des DISS

 

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Medien im Krieg,
Der Nato-Krieg in Jugoslawien und die Medien (1999/2000)

 

Der Nato-Krieg in Jugoslawien 1999 ist von der deutschen Bevölkerung mit „gemischten Gefühlen" aufgenommen worden. Es gab zwar relativ wenige Umfragen in dieser Zeit, die sich mit dem Zustimmungsgrad der Bevölkerung befaßten, doch die wenigen, die veröffentlicht wurden, machten deutlich, daß sich nur eine knappe Mehrheit für den militärischen Einsatz unter deutscher Beteiligung aussprach. Doch obwohl dies so war, hat sich während der Kriegszeit kein bzw. kaum massenhafter Protest artikulieren können. Dies wirft die Frage auf, ob dies auch an der Berichterstattung über diesen Krieg lag. Zu klären war deshalb, ob und inwiefern die bundesdeutsche Presse sich ins Geschäft der Politik und Militärs hat einspannen lassen, indem sie die notwendige Akzeptanz für den Krieg organisierte.

Diesen Fragen ging ein Projekt nach, das in Kooperation der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg, Fachbereich Germanistik durchgeführt wird.

Acht verschiedene Presseorgane wurden in die Untersuchung einbezogen. Die Berichterstattung und Kommentierung des Krieges in Bild, WAZ FAZ, FR, Focus, Spiegel und Zeit wurde unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert:

Folgende Teiluntersuchungen wurden vorgenommen:

  1. Die angebliche Unvermeidbarkeit des Krieges

Eine hervorstechende Argumentation im Verlaufe des Krieges beherrschte war, dieser Krieg sei unvermeidbar und alternativlos . Dabei standen verschiedene Begründungen im Vordergrund. Sowohl das Verhindern einer "humanitären Katastrophe" und eines zweiten Auschwitz wurden immer wieder und eindringlich beschworen. Damit sollte bzw. konnte deutlich gemacht werden, dass es sich um einen "gerechten Krieg" handelte, der es rechtfertigte, geltendes Völkerrecht nicht zu beachten.

  1. Die (unzulängliche) Kritik am Krieg

Trotz der Eindringlichkeit, mit der in den Medien der Krieg als unvermeidbar behandelt wurde, waren auch kritische Stimmen zu hören, die sich gegen den Krieg aussprachen. Sie konnten allerdings nicht die Wirkung entfalten, um die Öffentlichkeit gegen den Krieg zu mobilisieren, wodurch auf die politischen und militärischen Handlungsträger Druck hätte ausgeübt werden können.

  1. Der Umgang der Medien mit den militärstrategischen Vorgaben'

Dies wirft die Frage auf, ob die Kritik nicht vielleicht auch deshalb unzureichend ausfiel, weil sie sich auf die militärische Logik eingelassen hat oder einlassen musste. In ihren Stellungnahmen mussten sich die Medien mit den Vorgaben von Militär und Politik auseinandersetzen. Der mögliche Einsatz von Bodentruppen – mit oder ohne Beteiligung deutscher Soldaten – war z.B. eine solche Vorgabe. Dabei steht die Frage, ob sich die Medien auf kriegseskalierende Weise an der Debatte um derartige Vorgaben beteiligten oder ob sie zur Deeskalation beitrugen im Mittelpunkt.

  1. Interpretationsmuster des Krieges

Darunter sind solche Perspektiven zu verstehen, die bereits zuvor im mediopolitischen Diskurs in Bezug auf Jugoslawien virulent waren. Dazu gehören etwa rassistische bzw. ethnische Begründungen, mit denen der Konflikt auf dem Balkan aktuell wie historisch erklärt wird. Aber auch die Machtkonstellationen zwischen den USA und Europa werden immer wieder als destabilisierendes Moment für den Balkan angeführt. Inwiefern solche quasi selbstverständlichen Voraussetzungen des Kosovo-Konflikts sich in den Medien geltend gemacht haben oder ob sie infrage gestellt wurden, kann durch eine Analyse geklärt werden.

  1. Funktion der Medien

Schließlich stach während des Krieges die laufende Thematisierung und Problematisierung der Rolle der Medien durch diese hervor. Dabei standen Fragen im Vordergrund, die sich mit der Funktion der Kriegsberichterstattung im Unterschied zu der in Friedenszeiten beschäftigten. Dies kann durchaus als ein Indiz dafür gewertet werden, daß die Medien sich gegen eine Instrumentalisierung – von welcher Kriegspartei auch immer – zur Wehr setzen wollten. Inwieweit diese Debatte auch über die Kriegsberichterstattung hinaus Bestand haben und einer Instrumentalisierung entgegen wirken kann, lässt sich durch ihre Analyse beantworten.

Im Anschluss an die Analysen wurde die Frage danach zu beantworten versucht, auf welche Weise Medien zukünftig deeskalierend arbeiten können.

Die Ergebnisse des Projekts sind im Unrast-Verlag erhältlich:

Margarete Jäger / Siegfried Jäger (Hg): Medien im Krieg. Der Anteil der Printmedien an der Erzeugung von Ohnmachts- und Zerrissenheitsgefühlen, DISS (erhältlich beim Unrast-Verlag), 301 Seiten, 2002, 18 EUR

 

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Copyright © 2000 Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung
Stand: 30. September 2006