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Jobst Paul: Unterhaltungswert Homophobie?

Dokumentation des Vortrags von Dr. Jobst Paul (Duisburger Institut für Sprach– und Sozialforschung) auf dem Kongress “Respekt statt Ressentiment”

Bei der Vorbereitung ist mir das Dilemma bewusst geworden, in dem vielleicht auch die Veranstalter stecken. Es ist die Frage, ob wir in der aktuellen Situation die üblichen guten Ratschläge, u.a. an die Medien geben sollen, ob wir noch eine Broschüre zu guter journalistischer Praxis schreiben sollen? Oder ob wir uns um eine nachhaltigere Antwort bemühen müssen. Aber wie könnte sie aussehen?Soweit ich sehe, schlagen sich beide Perspektiven im Konferenzprogramm nieder, und ich will kurz herausgreifen, was Grundlage unserer Diskussion sein kann.1) Einigkeit besteht darin, dass die Zuspitzung homophober und transphober Kampagnen Teilaspekt ist der Allianz zwischen rechtspopulistisch und christlich-fundamentalistisch orientierten Gruppierungen.Ich möchte ergänzen: Es handelt sich um eine Allianz, die mit dem Motto „Gott, Familie, Abendland“ bereits seit etwa 1830 über den NS-Staat hinaus unbeschadet bis in die 1970er Jahre das Bewusstsein der deutschen Eliten prägte. Seit Ronald Reagan betreibt sie ihre Rückkehr in die erste politische Liga der USA und Europas und kommt ihrem Ziel nun auch in Europa näher.2) Einigkeit besteht auch darin, dass der Ausgrenzungsdiskurs alle als Opfer treffen und jedem von uns – buchstäblich – angehängt werden kann. Und er kann Menschen über Mehrfach-Zuschreibungen bzw. Mehrfachdiskriminierungen treffen.Deshalb ist es einleuchtend, wenn 3) eine umfassende „gesamtgesellschaftliche“ Strategie „gegen die Politik mit dem Ressentiment“ gefordert wird — also gegen Stigmatisierung an sich, nicht nur bestimmter (sogenannter) Minderheiten. Den Wert von Vielfalt vermitteln, Hass und Ressentiment nachhaltig zurückdrängen heißt es in der LSVD-Perspektive 2020.Mit diesen Punkten möchte ich später gern weiterarbeiten. Doch wir sollten auch noch die Hinweise zu den Aktionsfeldern betrachten, darüber auch zu unserem Forum.Im Forum 1 soll es um den „Nationalen Aktionsplan“ der Großen Koalition gegen Diskriminierung gehen. Es ist dies also das Aktionsfeld der Politik. Nur – wir haben soeben gehört, dass diese Politik sich ihrerseits „gegen die Politik mit dem Ressentiment“ richten soll. Gibt es also offenbar zwei Politiken — die eine gegen die andere?

Im zweiten pädagogischen Forum geht es um die Auseinandersetzung um staatliche Bildungspläne. Der Begriff ‚Auseinandersetzung‘ zeigt allerdings, dass wir es auch hier mit zwei pädagogischen Strategien zu tun haben. Denn eine Pädagogik für „Gott, Familie, Abendland“ tritt gegen eine ‚Pädagogik der Vielfalt‘ an.

Und schließlich unser Forum zu „homo– und transphoben Kommunikationsstrategien in den Medien“. Ihnen sollen offenbar andere Medien oder Journalisten mit einer ethischen Verantwortung gegenüber treten. Auch hier zwei Medien, die einen, ethischen, gegen die anderen, und wie wir wissen, sind das quality papers wie die taz und die FAZ, oder hegemoniale Talkshows der ARD und des ZDF.

Aus diskursanalytischer Sicht schlägt sich in diesem dreifachen Befund der Doppelung die Perspektive der praktischen Politik nieder, das Bild eines politischen Kampfes, in dem vorbildliche Politiker, Pädagogen, Journalisten gegen ein nicht so vorbildliches Gegenüber in den Kampf ziehen. Es ist ein binäres Szenario mit klar verteilten Rollen und offenbar auch Werten. Was die ‚gute‘ Seite betrifft, so wird konkret an die Zivilcourage, sprich: Selbstausbeutung, vorbildlicher Menschen u.a. in den Medien appelliert.

Eine solche Strategievorstellung steht natürlich nicht allein — auch in den weltweiten Deklarationen, u.a. gegen Rassismus und Antisemitismus, wird der Erfolg des Kampfes u.a. von vorbildlichen Lehrern und Journalisten abhängig gemacht, d.h. der Kampf wird ihnen stellvertretend für die Gesellschaft aufgebürdet.

Bitte, verstehen Sie mich nicht falsch. Ich möchte den ‚Kampf gegen Rechts‘, mit dem sich – wie nie zuvor – nun auch die Regierungen solidarisieren und dabei an bürgerschaftliches Engagement appellieren, nicht in Zweifel ziehen und das Positive und sozial Produktive dieses Kampfs nicht in Frage stellen.

Aber wir müssen uns doch fragen, warum sich trotz dieses Kampfes und trotz zunehmender rechtlicher Errungenschaften die Ausbildung eines populistischen, völkisch-nationalistischen Lagers, warum sich dessen Bewegung in die politische Mitte und warum sich seine ideologische Radikalisierung letztlich ungehindert seit Jahrzehnten vollzieht. Alle Indizien sprechen also – auch wenn Deutschland als ökonomischer Weltmeister (gefühlt) in höchster Sicherheit lebt – für eine zutiefst labile soziale Tektonik. Ich möchte daher einige Schwachstellen und weiße Flecken des Kampf-Szenarios nennen.

1) Es kann dem rechtspopulistischen Kalkül eines ‚Kulturkampfs‘ in die Hände arbeiten, über den das rechte Lager als politische Größe Anerkennung erreichen will. Vom Kampfgetümmel leben aber auch hegemoniale Medien, die ja nicht nur Homophobie mit Unterhaltungswert ausstatten, sondern eben auch den Kampf dagegen vermarkten.

2) Gewiss: Mit diesem Kampf können Machtverhältnisse verändert oder auch Rechte erkämpft werden. Nur: Die Gefahr besteht, dass sich der Kampf in einer Kultur der binären Selbst– und Gegen-Zuschreibungen bewegt. Dann bleibt das, was wir ja eigentlich bekämpfen wollen, die Spielregel und wird noch weiter tabuisiert.

3) Wie ich gerade schon andeutete: Auch die Interessenvertretung, etwa durch Verbände wie des LSVD, kann zum Strategiekonzept ‚Kampf‘ gehören. Man kann damit Rechte erkämpfen, wie eben jetzt, und das ist gut so. Aber damit hat man noch nicht automatisch am kulturellen homophoben Potential in der Gesellschaft etwas geändert. Ein Plebiszit könnte insbesondere in Deutschland mit seiner ‚volatilen‘ öffentlichen Meinung ganz anders als in Irland ausgehen.[1]

4) Und noch ein besonders schmerzhaftes Missverständnis. Es genügt noch nicht, selbst von Diskriminierung und Dehumanisierung betroffen zu sein, um selbst frei von denselben Routinen zu sein. Von Rassismus Betroffene können selbst homophob sein, von Bodyismus Betroffene können AntisemitInnen sein und umgekehrt und so weiter.

[Ein u.a. rechtlich abgesichertes Klima der Toleranz von ‚Minderheiten‘ nach innen genügt auch nicht, neo-imperialistische, neo-kolonialistische, neo-liberale Politiken, bzw. ökonomischen Nationalismus nach außen auszuschließen.]

Sicherlich habe ich bei den 4 Aspekten zugespitzt, um sichtbar zu machen, dass das Kampf-Modell kontraproduktiv sein kann und – dass es viele Leerstellen hat. Offenbar sind es sogar diese Leerstellen, die – weil sie unangetastet bleiben, d.h. tabuisiert sind – das System am Laufen halten.

Deshalb plädiere ich für ein strategisches Konzept, welches diese Leerstellen in den Blick nimmt. Ich kann ein solches Konzept natürlich in wenigen Minuten nur umreißen. Bausteine dazu liegen in unserem Konferenzprogramm aber bereit. Die Rede ist dort nämlich davon, dass der Ausgrenzungsdiskurs alle von uns als Opfer treffen kann. Er kann jedem von uns – buchstäblich, das heißt, wie ein Label – angehängt werden. Und er kann uns auch kumulativ über Mehrfachdiskriminierungen treffen.

Hinter diesen Feststellungen verbergen sich entscheidende Beobachtungen.[2] Ich nenne zwei:

Erstens: Es gibt keinen speziellen homophoben, sexistischen, rassistischen, antisemitischen oder autoritaristischen Code der Diskriminierung. Es gibt nur einen einzigen, der gegen die unterschiedlichsten, jeweils konstruierten ‚Minderheiten‘, d.h. mit den unterschiedlichsten Begründungen und auf den unterschiedlichsten Diskursebenen in Stellung gebracht werden kann. Der betreffende Code ist also die Basis, das Futter, für einen extrem breiten, extrem variablen und verwandlungsfähigen Diskurs.

Zweitens: Dieser Diskurs arbeitet umgekehrt mit einem begrenzten Bausatz von Erzähl-Motiven, die keinerlei inhaltliche Verbindung zu denen haben, die herabgesetzt und diskriminiert werden. Das Sex-Label z.B. kann allem und jedem angehängt werden, Frauen, Behinderten, Juden, Homosexuellen (und Heterosexuellen), Fremden, Muslimen, Franzosen, etc. – es tut nur so, als hätte es etwas mit der Sexualität der Betroffenen zu tun.

Angesichts der ungeheuerlichen Wirkungen, die dieser Diskurs angerichtet hat und immer noch anrichtet, klingt es eigentlich wie eine gute Nachricht, dass er nur von einem Code lebt. Denn den kann man dann ja knacken.

Die schlechte Nachricht verbirgt sich im Begriff Diskurs. Unsere kulturelle Praxis ist mit diesem Code – seit Jahrhunderten – in innigster Weise verwoben, er bestimmt Hierarchien, Justiz, Gehorsams– und Loyalitätsnetze, Ausbeutungs– und Abhängigkeitsstrukturen, Erziehungsstile und –ziele und vieles mehr. Susanne Kappeler hat einmal versucht, in eine Formel zu packen, wer und was alles vom erwähnten binären Code betroffen sein kann, welche Abmessungen mit den Begriffen Kultur und Diskurs gemeint sind.

Nach Kappeler geht es stets um “a hierarchy between the superior norm and the deviant ‘other’: man/woman, white/black, adult/child, First World/Third World, national/foreign, human/animal, (human) culture/nature, heterosexual/homosexual, Aryan/Jew, Christian/Jew, Christian/Muslim, healthy/sick, abled/disabled, civilized/primi­tive, and so forth.”[3]

Um hier überhaupt einen Fuß in die Tür zu bringen, wäre die erste entscheidende Frage natürlich, wie unsere Kultur die Binarität zwischen der erhöhenden Selbst– und der herabsetzenden Fremdzuschreibung codiert. Könnte man das sichtbar und bewusst machen, würde man diese Codierung zum Thema machen, statt sie als naturwüchsig hinzunehmen oder sie zu reproduzieren, könnte man ihr vielleicht ihre Macht nehmen.

Doch um dorthin zu kommen, müssten wir alle zu einem sehr intensiven, langanhaltenden Lernprozess bereit sein. Obwohl Vergleiche hinken, möchte ich den Prozess mit dem vergleichen, was sich während der vergangenen 50 Jahre im Bereich Klima und Umwelt vollzogen hat. Denn auch die immer enger werdenden Spiralen einer menschlichen Hasskultur sind mit menschlichem Leben auf diesem Planeten unvereinbar.

Und der wichtigste Ort des Lernprozesses, das Forum, auf dem er sich entfalten sollte – das sind in der Tat die Medien. Es ist der Ort, wo hate speech hauptsächlich reproduziert wird, und die Medien müssen der Ort sein, an dem dieser Lernprozess erkämpft und in demokratischer Breite ausbuchstabiert wird.

Auf welchem Weg dies geschehen kann, das muss ich in der Kürze der Zeit offen lassen. Ich beschränke mich auf das, was bewusst betrachtet werden muss, auf den Stoff, auf hate speech, welche die Redaktionen und wir alle täglich in den Blog-Seiten finden. Dort bekommen wir alle Komponenten des Ausgrenzungscodes, d.h. unser Studienobjekt, in Hülle und Fülle und meist in Reinform dargeboten, während auf vielen anderen gesellschaftlichen Feldern dezenter, aber freilich mit der gleichen Botschaft gearbeitet wird.

Ich kann an dieser Stelle die Haupt-Komponenten des Codes nur in extremster Kürze anreißen. So ist z.B. sehr auffällig, dass in sehr vielen Blog-Einträgen gegen die Opfergruppen oder Opferpersonen das Motiv der Dummheit, d.h. des fehlenden Verstandes aktiviert wird (vgl. nun den AfD-Politiker Björn Höcke, „Gender-Mainstreaming“ sei eine „Geisteskrankheit“[4]).

Die Tiefen-Analyse (die ich hier nicht referieren kann) zeigt, dass mit ‚Dummheit‘ zunächst die Unfähigkeit oder der Unwille zur ‚Triebkontrolle‘ codiert ist. Auf der nächst tieferen Bedeutungsebene ist damit aber das entscheidende moralische Urteil verknüpft: Den Herabgesetzten wird totaler Egoismus, ja ein Freiheitsideal, zugeschrieben, der/das sich kollektiven Zielen, dem sogenannten Gemeinwohl (der Zivilisation) entzieht und/oder entgegenstellt. Umgekehrt, so zeigt die Analyse weiter, inszenieren diejenigen, die zur Rhetorik der Herabsetzung greifen (oder sie im Kopf haben), sich selbst über die Herabsetzung anderer als nicht-egoistische Heroen, die ihre ‚Triebe‘ beherrschen, d.h. – sich für andere und das Gemeinwohl aufopfern.

Beim Ausmalen der Trieb-Struktur derer, die herabgesetzt werden sollen, spielen schließlich drei äußerst derbe Motive die Hauptrolle, das Sexmotiv, das Ausscheidungsmotiv und das Fressmotiv.[5]

Was das Ausscheidungsmotiv betrifft, genügt eigentlich der Hinweis auf den Begriff der Fäkalsprache, der auf diesen Motivbereich hinweist. Aber dieser Bereich muss nicht immer so offensichtlich sein. Ich deute nur die angeschlossenen ‚Erzählbereiche‘ Krankheit, Erreger, fehlende Hygiene etc. an. Denken Sie aber bitte auch daran, dass dieses Motivfeld auch bei Gegen-Zuschreibungen, z.B. gegen Rechte bzw. Nazis etc. beliebt ist – ‚braune Brühe‘ ist ein solcher Begriff. Aber auch der Begriff ‚shit storm‘ lebt davon.

Ein eklatanter Fall, in dem das Fressmotiv eine zentrale Rolle spielte, war der Begriff ‚Döner-Morde‘.[6] Die verantwortlichen Behörden handelten und die Medien berichteten entsprechend der Logik, die der Begriff, den sie ja selbst geprägt hatten, nahelegte. Kurz zusammen gefasst, erzählt der Begriff den gierigen, d.h. tödlichen Kampf einer Meute um Beute.

Die Meute stand – in den Köpfen der Behörden und vieler Medien – für den ‚Clan‘ aus dem Orient, der sich bei diesem Kampf untereinander umbringt. Das war die handlungsleitende Vorstellung der Behörden, mit der sie die Opfer und ihre Angehörigen zugleich herabsetzten. Wichtiger als die Aufklärung der Morde wurde so der Schutz (‚nach innen‘) gegen jene, die ‚die Selbstzerfleischung‘, d.h. ihre tödlichen Verteilungskämpfe, in ‚unsere‘ Zivilisation trugen.

Was für unser Thema besonders relevant ist: Nachdem der Begriff aufflog, waren jene Medien, die den Begriff gepusht hatten, die ersten, die ihn plötzlich verurteilten. Nur – sie konnten nicht erklären, warum er rassistisch war. Stattdessen erfanden sie aus dem Stand die abenteuerlichsten (und abstoßendsten) Erklärungen, die die Opfer und ihre Angehörigen teilweise noch einmal dehumanisierten.

Sie waren damit in bester Gesellschaft – auch die Wissenschaftler, die dann den Begriff zum Unwort des Jahres erklärten, konnten das weitgehend nicht: Sie griffen stattdessen auf Argumente in der Presse zurück, um die Entscheidung zu begründen. Kurz: An keiner dieser Stellen gab es Kompetenz, die Funktionsweise des Ausgrenzungsdiskurses zu analysieren. Das ist mein Punkt.

Schließlich zum Sex-Motiv. Es bewegt derzeit die homophobe Ausgrenzungsphantasie auf dem reaktionären, bis in die Mitte reichenden Spektrum besonders heftig. Es hebt ab auf das Schreckgespenst vom ‚totalen‘ Sex, der uns alle konsumieren will.

Übrigens geht das Sex-Motiv unter rassistischer Begründung mit dem Argument ‚explosionsartiger Vermehrung‘ (und daher Bedrohung) einher, unter homophober Begründung mit der Verweigerung ‚ordnungsmäßiger‘ Vermehrung. Die vereinten rechtspopulistischen Kampagnen bestätigen derzeit, dass sie uns aufs loyale, kontrollierte, dem Gemeinwohl verpflichtete Kinderkriegen einschwören wollen.

All das, und nicht mehr, ist im Kern der Erzählstoff des westlichen Ausgrenzungscodes, bzw. der Kern der bürgerlichen Moral unter dem Motto „Gott, Familie, Abendland“. Noch einmal: Es ist eine Geschichte, ein Münze, die lediglich weitergegeben wird, nicht aber – wie jene behaupten, die sie weitergeben – eine sogenannte ‚persönliche Überzeugung‘, die man sich hart erkämpft habe. Es ist – kurz gesagt – heiße Luft mit politischem Anspruch. Doch umgekehrt muss die ungeheuer massive, rhetorische und damit politische Energie der Geschichte in sich zusammen fallen, sobald die Bloßstellung gelingt.

Als jemand, der sich seit Jahren fast tagtäglich mit diesem Stoff beschäftigt, weiß ich natürlich, wie leicht man angesichts der Abmessungen des Ausgrenzungsdiskurses in die Knie gehen kann, und wie groß die Widerstände gegen die erwähnte Bloßstellung sind. Vom betreffenden Code leben nicht nur die ‚Shit-Storms‘ oder Sprüche wie ‚Kinder statt Inder‘[7]. Als kultureller Code wirkt die Geschichte subkutan in der ganzen Breite der Medien und der medialen Unterhaltung, aber weit darüber hinaus in allen relevanten Segmenten unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit.

Und dennoch muss man den Lernprozess an irgendeiner Stelle beginnen, egal an welcher, und dafür insbesondere die Medien als Partner gewinnen.

[1] Nach der rechtlichen Gleichstellung der deutschen Juden im Jahr 1869 fing der militante Antisemitismus mit der Bildung von Antisemiten-Parteien erst an — wir wissen, mit welchem Ausgang.

[2] Zum folgenden vgl. Jobst Paul: Das ‘Tier’-Konstrukt und die Geburt des Rassismus: Zur kulturellen Gegenwart eines vernichtenden Arguments. Münster : Unrast Verlag 2004 (Edition DISS, 2). Vgl. auch Jobst Paul: Reading the Code of Dehumanization — the Animal Construct deconstructed. Forthcoming (2016).

[3] Kappeler, Susanne: Speciesism, Racism, Nationalism … or the Power of Scientific Subjectivity. In: Carol J. Adams und Josephine Donovan (ed.): Animals and women. Feminist theoretical explorations. Durham: Duke University Press 1995, p. 323.

[4] http://www.rp-online.de/panorama/fernsehen/menschen-bei-maischberger-keine-geisteskranken-weit-und-breit-aid-1.5016585.

[5] In der Regel werden die drei Motive untereinander verknüpft, um die rhetorische Wirkung zu steigern.

[6] Jobst Paul: Das Entwürdigende in Worte fassen. Zur kulturellen Dimension des Institutionellen Rassismus – am Beispiel des Unworts des Jahres 2011. In: DISS-Journal 23 (2012) S. 54–56. Kurzfassung des Beitrags mit gleichem Titel in: Skandal und doch normal. Impulse für eine antirassistische Praxis, hrg. v. Margarete Jäger und Heiko Kauffmann (Edition DISS Bd. 31), S. 68–78.

[7] Eine Tiefen-Analyse zeigt (unter anderem und nur kurz zusammengefasst), dass dieser one-liner ‚die Deutschen‘ zu mehr ‚gemeinnützigem‘ Kinderkriegen aufruft und vor der unkontrollierten Vermehrung der ‚ins Land geholten‘ Ausländern warnt. Der Spruch arbeitet daher einerseits mit einem genetisch-rassistisch tradierten ‚Dekadenz‘-Argument (‚die Deutschen sterben aus‘), aber auch mit dem populistischen Zeigefinger auf ‚Kräfte‘ in Deutschland, die an der Dekadenz des eigenen ‚Volkes‘ arbeiten, d.h. es ‚zersetzen‘ wollen. Das Sex-Motiv wird mit dem Fress-Motiv verknüpft.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Website des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD), der den Kongress: Respekt statt Ressentiment. Strategien gegen die neue Welle von Homo– und Transphobie am 11. Juni 2015 in Berlin durchführte.