Jens Bünnig ist tot

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Nachruf auf einen Freund, Genossen und Kollegen. Von Walter Schulz.  Erschienen in DISS-Journal 19 (2010) Jens Bünnig gehörte zu einem politischen Freundeskreis, aus dem heraus 1987 das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung gegründet worden ist. Die Arbeit des DISS hat er immer kritisch und solidarisch begleitet. Lange hat er einer schweren Krankheit getrotzt, am Ende hat seine Kraft nicht gereicht. Am 25. April 2010 ist er in Duisburg gestorben. Jens war ein unermüdlicher Kämpfer für die Menschenwürde, geprägt von der Erfahrung des deutschen Desasters, der bleiernen Unfähigkeit zu trauern über die Verbrechen des Nationalsozialismus, die Leiden der Opfer, die seelischen, kulturellen und moralischen Verwüstungen, die der Faschismus hinterlassen hatte und in denen sich eine von neuem Wohlstand befriedete Gesellschaft einrichtete. Am Aufruhr der Jungen, der Schüler, Studenten und der politisch aktiven Teile…

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Einer der letzten NS-Verbrecher-Prozesse in Deutschland

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 Von Regina Wamper. Erschienen in DISS-Journal 19 (2010) Mit einem Schuldspruch ging Ende März 2010 einer der letzten NS-Verbrecherprozesse in Deutschland vor dem Landgericht Aachen zu Ende. Wegen Mordes in drei Fällen wurde der ehemalige Waffen-SSler Heinrich Boere, der Mitglied im Sonderkommando Feldmeijer war, zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Kommando Feldmeijer tötete unter dem Codenamen Silbertanne mehr als 50 vermeintliche Sympathisantinnen der Widerstandsbewegung in den Niederlanden. Für jeden getöteten Nazi wurden drei „antideutsch eingestellte oder aber als mit Widerstandskreisen zusammenarbeitend bekannte Niederländer“ ermordet, so auch Fritz Hubert, Ernst Bicknese, Frans Willem Kusters und Teunis de Groot. So sollte Widerstand unterbunden werden. Juristische Vorgeschichte In den Niederlanden verurteilte ein Sondergericht Heinrich Boere bereits 1949 zum Tode. Das Urteil wurde später in lebenslange Haft umgewandelt. Boere konnte jedoch noch vor der Urteilsverkündung fliehen und lebte…

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Die „Irrungen“ eines „Fehlgeleiteten“

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Der Historiker Theodor Schieder und der Nationalsozialismus. Von Michael Lausberg. Erschienen in DISS-Journal 19 (2010) Nachdem Quellen über seine Tätigkeit in der NS-Zeit veröffentlicht worden waren, fand in den 1990er Jahren eine intensive Auseinandersetzung innerhalb der Geschichtswissenschaften über das Wirken des Historikers Theodor Schieder statt. In den letzten Jahren mehren sich die Tendenzen, Schieders Tätigkeit im „Dritten Reich“ zu entdämonisieren und damit zu relativieren. So bemerkte Hans-Ulrich Wehler: „Ich gebe mich nicht damit zufrieden die Sache (Schieders Wirken in der NS-Zeit, M.L) so wie Aly und Schöttler zu betrachten und die Untersuchung 1945 abzubrechen. Das ist unbefriedigend. (…) Der Dreh- und Angelpunkt meines Argumentes ist, daß Conze und Schieder reflexiv gelernt, wobei dieses Urteil für viele strittig bleibt.“ (Wehler 2000a, 256) Michael Stürmer sagte: „Die Generation (…) also Conze, Schieder u.a. (…) kam…

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Arenen der Identität

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Fußballkultur und Rassismus. Von Jens Zimmermann. Erschienen in DISS-Journal 19 (2010) Der 19-jährige Stürmer von Inter Mailand Mario Balotelli ist das größte Talent, das der italienische Fußball in den letzten Jahrzehnten hervorgebracht hat. Doch wenn er den Platz betritt, dann dauert es meist nicht lang, bis rassistische Gesänge und Rufe durch das Stadion hallen – auch von den eigenen Fans. Balotelli ist der Sohn ghanaischer Einwanderer und besitzt mittlerweile die italienische Staatsbürgerschaft. Was die Fans von Juventus Turin davon halten, konnte man beim Gastspiel der Interisti lautstark hören: „Es gibt keine schwarzen Italiener.“ In Italien ist man, was rassistische Fan-Ausfälle angeht, einiges gewohnt. Und auch auf dem Platz liegt die Hemmschwelle nicht gerade hoch. So entbot der Stürmer Paolo di Canio von Lazio Rom nach Toren regelmäßig den faschistischen Gruß und zeigte dabei…

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Das Wahrheitsregime prekärer Verhältnisse

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Von Niels Spilker. Erschienen in DISS-Journal 19 (2010) Ein viel diskutierter und aus meiner Sicht sinnvoller theoretischer Anknüpfungspunkt für die Analyse und die Kritik der gegenwärtigen Gesellschaft ist der Begriff der Gouvernementalität, wie ihn Foucault in seinen Arbeiten Ende der 1970er Jahre skizziert. (Vgl. Foucault 2004a+b) Foucault untersucht hier Machtbeziehungen unter dem Blickwinkel der Führung, als eine Art und Weise, das Handlungsfeld von Subjekten zu strukturieren und zu beeinflussen. Der Begriff der Regierung ist ein umfassender, er bezieht sich auf Institutionen und Praktiken, mittels derer Menschen ‚gelenkt‘ werden. Eine Regierungsweise umfasst als diskursives Feld, auf dem die Ausübung von Macht „rationalisiert wird“ (Thomas Lemke), Wissensformen, Machttechnologien und Subjektivierungsmodi gleichermaßen. Die Machtanalyse von Foucault in Überwachen und Strafen befasste sich mit Institutionen des Zwangs, mit Diskursen und Apparaten, die auf die Unterwerfung des Subjekts…

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Vielstimmige Konsensrhetorik, börsenreife Unis

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Zwei sehr lesenswerte Bücher zum Macht-Wissen-Komplex  und zur Rationalität im neoliberalen Bildungssystem. Eine Sammelrezension von Niels Spilker. Erschienen in DISS-Journal 20 (2010) Im Rahmen einer studentischen Aktionswoche am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin waren im Sommer die Professorin Tanja Börzel und der Emeriti Elmar Altvater zum Streitgespräch geladen: „Graduiertenschulen, Exzellenzinis und neue Wege in der Bildung. Cui bono?“ Ein Streit hätte dieser Veranstaltung sicher gut getan, wollte aber nicht entstehen. Tanja Börzel betonte vielmehr Gemeinsamkeiten, indem sie bspw. – für einige nicht unüberraschend – die marxistische Gesellschaftskritik lobte. Die strukturelle Abhängigkeit von WissenschaftlerInnen gegenüber ihren Geldgebern schien kurzzeitig eine Kontroverse zu eröffnen. Eine Brotgelehrte zu sein, deren geistiger Horizont kein Quäntchen weiter reiche als derjenige der Geldgeber, ((Vgl. die Abschiedsvorlesung von Elmar Altvater am Otto-Suhr-Institut auf http://www.osi-club.de.)) wies Tanja Börzel empört von sich. Schließlich…

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Die Erfindung des jüdischen Volkes.

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 Israels Gründungsmythos auf dem Prüfstand  Eine Rezension von Jens Zimmermann. Erschienen in DISS-Journal 20 (2010) Manchmal tut es gut, ein Buch, das hohe Wellen geschlagen hat, ein wenig ruhen zu lassen und erst später zur Hand zu nehmen. Shlomo Sands Buch Die Erfindung des jüdischen Volkes ist so ein Fall. Lange rangierte es in der israelischen Bestsellerliste weit vorne – in Frankreich löste es direkt eine Debatte unter Intellektuellen aus. Kurzum: an diesem Buch kann man sich reiben. Denn die Hauptthese des Autors mag provozieren. Sein Anliegen ist es, das Metanarrativ einer jüdischen Nationalmythologie zu dekonstruieren, welches das jüdische Volk als eine ethnisch-kohärente Gemeinschaft durch die Jahrhunderte definiert (51). In der historischen Nationalismusforschung ist die Dekonstruktion von „ethnischer Homogenität“ als Legitimation der Nation spätestens seit Benedict Andersons Die Erfindung der Nation und der…

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Israel. Wissen, was stimmt

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Eine Rezension von Jens Zimmermann. Erschienen im DISS-Journal 20 (2010) Wohl kein anderer Staat der Welt wird so regelmäßig zum Projektionsfläche wie Israel, so dass zwischen Realität und Fiktion kaum noch zu unterscheiden ist. Medial präsent ist Israel nur als ein Staat, der Krieg führt oder ein Angriffsziel islamistischer Gruppen bildet. Dieser Komplexitätsreduktion will der Politologe und Israelkenner Stefen Hagemann in seiner Monographie ein differenziertes Bild entgegensetzen, welches vor allem die inneren Widersprüche aufnimmt und in einen politischen und gesellschaftlichen Kontext setzt. Dieses Anliegen wird schon in der Konzeption des Bandes deutlich. Die Themenfelder Geschichte des Zionismus, politisches System, Israels Wirtschaft, Nahost-Konflikt sowie die Außenpolitik des Staates werden durch – medial präsente – Aussagen problematisiert. So erörtert Hagemann ausgehend von der Frage „War die Gründung des israelischen Staates eine Reaktion auf den Holocaust?“…

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„Ich glaube, wir gehen Zeiten entgegen, in denen die Medien wieder politischer werden.“

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Tom Schimmeck im Gespräch mit Siegfried Jäger. Erschienen in DISS-Journal 20 (2010) In Ihrem neuen Buch „Am besten nichts Neues“ kritisieren Sie die Medien dahin gehend, dass diese eigentlich - im Kern - immer nur dasselbe sagen. Ich verstehe das so, dass an den unterschiedlichsten Beispielen immer wieder das gleiche Unwissen wiederholt wird, was dazu führt, dass sich Vorurteile und Ressentiments aller Art fortlaufend verfestigen. Wie könnte ein kritischer Journalismus aussehen, der seinem gesetzlichen Auftrag, einen Beitrag zur demokratischen Willensbildung zu leisten gerecht wird? Es ist ja nicht so, dass es keinen kritischen Journalismus gäbe. Tatsächlich mühen sich noch immer viele gute Journalisten in vielen klassischen Medien wie auch im Internet, dem schönen, alten Ideal der Aufklärung gerecht zu werden. Sie reisen offenen Auges durch die Welt, enthüllen, was offiziell keiner wissen soll,…

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Volk, Raum und Rasse

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Von Helmut Kellershohn. Erschienen in DISS-Journal 20 (2010) Es gibt zweifellos unterschiedliche Lesarten des Völkischen Nationalismus, mal moderate, mal weniger moderate. Die folgenden Ausführungen sollen zwei Knotenpunkte kenntlich machen, über die ein völkisches Verständnis von „Volk“ und „Nation“ sowohl implementiert als auch radikalisiert werden kann: zum einen über die Kopplung mit geopolitischen (Volk und Raum), zum anderen über die Verbindung mit eugenischen bzw. rassenhygienischen Ideen (Volk und Rasse). Öffentliche Debatten, die diese Knotenpunkte berühren, selbst wenn sie ursprünglich nicht einem explizit völkischen Denkhorizont entstammen sollte, sind daher für eine extreme Rechte, die sich als Gralshüterin in Sachen Ethnopolitik versteht, von besonderer Bedeutung. Gerade die Sarrazin-Debatte hat eindrucksvoll belegt, wie etwa eugenische Gedankengänge – Frank Schirrmacher (FAZ) hat sie schon zu Beginn der Debatte als Kernstück von Sarrazins Brandschrift bezeichnet – in den Medien…

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